13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
sagen! Frage ihn, ob ich dich belüge!“
„Was sollte ich tun?“ entschuldigte sich Selim.
„Ihm das Geld in den Bart werfen! Ich hätte es ganz sicherlich getan. Glaubst du das, Effendi?“
„Ich glaube es!“
Mit dieser Versicherung sagte ich die Wahrheit. Sie beehrte mich mit einem Blick der Dankbarkeit und fragte mich dann:
„Soll er es ihm wiedergeben?“
„Nein.“
„Nicht?“
Ich wandte mich an den Agha:
„Hast du das Verzeichnis, welches der Kommandant nach Mossul schicken muß, unterschrieben?“
„Ja.“
„Wieviel hat er angegeben?“
„Vierhundert Piaster in Gold und einundachtzig Piaster in Silber.“
„Weiter nichts?“
„Nein.“
„Die Uhr und die Ringe?“
„Auch nicht.“
„Er ist dein Vorgesetzter, und du darfst ihn dir nicht zum Feind machen; darum ist es gut, daß du das Geld ruhig genommen hast. Weißt du noch, was ich dir versprochen habe?“
„Ich weiß es!“
„Ich werde mein Wort halten und mit dem Kommandanten sprechen. Tausend Piaster wenigstens sollst du erhalten.“
„Ist das wahr, Effendi?“ frag Mersinah.
„Ja. Das Geld gehört weder dem Mutesselim noch dem Agha, aber es kommt auf alle Fälle in Hände, welche kein Recht daran haben, und so mag es bleiben, wo es ist. Aber der Agha soll nicht so schmählich betrogen werden!“
„Er sollte doch wohl siebentausend erhalten?“
„Die bekommt er nicht. Das wurde nur als Vorwand gesagt. Selim, ist der Basch Tschausch schon fort?“
„Nein, Effendi.“
„Er sollte doch am Vormittag fortgehen.“
„Der Mutesselim hat ja einen neuen Bericht zu schreiben, weil er in dem alten sagte, daß er den Araber schicken werde. Vielleicht soll der Basch Tschausch warten, bis wir den Entflohenen wiederhaben.“
„Dazu ist wohl keine Hoffnung vorhanden.“
„Warum?“
„Weil er sich an den Felsen zu Tode gestürzt hat.“
„Und wenn wir uns getäuscht hätten?“
„Wieso?“
„Der Mutesselim scheint jetzt zu glauben, daß er noch lebt!“
„Hat er dir nähere Mitteilung darüber gemacht?“
„Nein; aber ich hörte es aus verschiedenen Worten, welche er sprach.“
„So wünsche ich ihm, daß er sich nicht irren möge!“
Ich begab mich nach meinem Zimmer. Sollte ein von mir oder von uns unbeachteter Umstand den Verdacht des Kommandanten erregt haben? Möglich war es. Aber dann war es auch geraten, sich auf alles gefaßt zu machen. Doch ehe ich meinen Gefährten eine Mitteilung machte, ging ich im Geist noch einmal alles Geschehene durch. Ich konnte nichts finden, was mir hätte auffallen können, und noch war ich mit mir nicht im klaren, als der Agha die Treppen emporkam und bei mir eintrat.
„Effendi, es ist ein Bote des Mutesselim da. Er läßt uns sagen, daß wir nochmals in das Gefängnis kommen sollen.“
„Er ist bereits dort?“
„Ja.“
„Erwarte mich unten. Ich komme sogleich!“
War es in Frieden oder war es Feindseligkeit, daß er mich kommen ließ? Ich beschloß mich auch auf letztere vorzubereiten. Die beiden Revolver waren geladen. Ich steckte auch die Pistolen zu mir und ging dann zu Halef. Dieser war allein in seiner Stube.
„Wo ist der Buluk Emini?“
„Der Basch Tschausch hat ihn geholt.“
Das war nichts Besonderes, fiel mir aber doch auf, weil ich einmal Verdacht gefaßt hatte.
„Wie lange ist es her?“
„Gleich als du fortgingst, um das Pferd zu kaufen.“
„Komm mit herüber zum Haddedihn!“
Dieser lag rauchend am Boden.
„Emir“, empfing er mich, „Allah hat mir nicht die Geduld verliehen, lange auf ein Ding zu warten, nach dem ich mich sehne. Was tun wir noch in dieser Stadt?“
„Vielleicht verlassen wir sie in kurzer Zeit. Es hat fast den Anschein, als ob wir verraten seien.“
Jetzt erhob er sich langsam und in der Art und Weise eines Mannes, der zwar überrascht wird, sich aber stark genug fühlt, diese Überraschung zu verbergen und ihren Folgen zu begegnen.
„Woraus schließt du das, Effendi?“
„Ich ahne es einstweilen nur. Der Kommandant hat zu mir geschickt, daß ich in das Gefängnis kommen soll, wo er mich erwartet. Ich werde gehen, aber die Vorsicht nicht vergessen. Komme ich in einer Stunde nicht zurück, so ist mir ein Übel widerfahren.“
„Dann suche ich dich!“ rief Halef.
„Du wirst nicht zu mir können, denn ich werde mich vielleicht in dem Gefängnis befinden, und zwar als Gefangener. Ihr könnt dann wählen: – entweder ihr flieht, oder ihr sucht, mich frei zu machen.“
„Wir werden dich nicht
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