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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begraben liegt, welcher verfolgt und getötet wurde. Er ist nie geflohen. Steht nicht auch in deinem Kitab, daß man sich nicht fürchten soll vor jenen, die nur den Leib töten können? Ich bleibe hier, da ich weiß, daß die Osmanly mir nicht zu schaden vermögen. Und wenn sie mich töteten, was wäre es? Muß nicht der Tropfen emporsteigen zur Sonne? Stirbt nicht el Schems, die Glänzende, täglich, um auch täglich wieder aufzuerstehen? Ist nicht Tod der Eingang in eine lichtere, in eine reinere Welt? Hast du jemals gehört, daß ein Dschesidi von einem andern sagt, daß er gestorben sei? Er sagt nur, daß er verwandelt sei; denn es gibt weder Tod noch Grab, sondern Leben, nichts als Leben. Darum weiß ich auch, daß ich dich einst wiedersehen werde!“
    Nach diesen Worten schritt er schnell davon und kam hinter der Außenmauer des Grabmales außer Sicht.
    Ich trat in das Gebäude und ging nach der Plattform. Droben vernahm ich Stimmen. Halef und Ifra redeten miteinander.
    „Ganz allein?“ hörte ich den letzteren fragen.
    „Ja.“
    „Wohin sind die andern, die vielen, die Tausende?“
    „Wer weiß es!“
    „Aber warum sind sie fort?“
    „Sie sind geflohen.“
    „Vor wem?“
    „Vor euch.“
    „Vor uns? Hadschi Halef Omar, ich verstehe nicht, was du sagst!“
    „So will ich dir es deutlicher sagen: Sie sind geflohen vor deinem Mutessarif und vor deinem Miralai Omar Amed.“
    „Aber warum denn?“
    „Weil der Miralai kommt, um Scheik Adi zu überfallen.“
    „Allah akbar, Gott ist groß, und die Hand des Mutessarif ist mächtig! Sage mir, ob ich bei unserem Emir bleiben darf, oder ob ich unter dem Miralai kämpfen muß!“
    „Du mußt bei uns bleiben.“
    „Hamdullillah, Preis und Dank sei Allah, denn es ist gut sein bei unserm Emir, den ich zu beschützen habe!“
    „Du? Wann hast du ihn denn beschützt?“
    „Stets, so lange er unter meinem Schirm wandelt!“
    Halef lachte und erwiderte:
    „Ja, du bist der Mann dazu! Weißt du, wer der Beschützer des Emir ist?“
    „Ich!“
    „Nein, ich!“
    „Hat ihn nicht der Mutessarif selbst in meine Obhut gegeben?“
    „Hat er sich nicht selbst unter meinen Schutz begeben? Und wer gilt da mehr, der Sihdi oder dein Nichtsnutz von Mutessarif?“
    „Halef Omar, hüte deine Zunge! Wenn ich dieses Wort dem Mutessarif sage!“
    „Glaubst du, ich werde mich dann vor ihm fürchten? Ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah!“
    „Und ich heiße Ifra, gehöre zu den tapfern Baschi-Bozuk des Großherrn und wurde für meine Heldentaten zum Buluk Emini ernannt! Für dich sorgt nur eine Person, für mich aber sorgt der Padischah und der ganze Staat, den man den osmanischen nennt!“
    „Ich möchte wirklich wissen, welchen Vorteil du von dieser Fürsorge hast!“
    „Welchen Vorteil? – Ich will es dir auseinandersetzen! Ich erhalte einen Monatssold von fünfunddreißig Piastern und täglich zwei Pfund Brot, siebzehn Lot Fleisch, drei Lot Butter, fünf Lot Reis, ein Lot Salz, anderthalb Lot Zutaten nebst Seife, Öl und Stiefelschmiere!“
    „Und dafür verrichtest du Heldentaten?“
    „Ja, sehr viele und sehr große!“
    „Die möchte ich sehen!“
    „Was? Du glaubst das nicht? Wie bin ich da zum Beispiel um meine Nase gekommen, welche ich nicht mehr habe! Das war nämlich bei einem Streit zwischen den Drusen und Maroniten des Dschebel Libanon. Wir wurden hingeschickt, um Ruhe und Achtung der Gesetze zu erkämpfen. In einer dieser Schlachten schlug ich wie wütend um mich herum. Da holte ein Feind nach meinem Kopf aus. Ich wollte ausweichen und trat zurück und nun traf der Hieb statt meinen Kopf meine Na – – – oooh – aaah – was war das?“
    „Ja, was war das? Ein Kanonenschuß!“
    Halef hatte recht; es war ein Kanonenschuß, der den kleinen Buluk Emini um den Schluß seiner interessanten Erzählung gebracht hatte. Das war jedenfalls der Signalschuß, den unsere Artilleristen abgegeben hatten, um uns anzuzeigen, daß der Adjutant des Miralai von ihnen gefangen genommen worden sei. Die beiden Diener kamen sofort von oben herunter geeilt.
    „Sihdi, man schießt!“ rief Halef, nach den Hähnen seiner Pistolen sehend.
    „Mit Kanonen!“ fügte Ifra hinzu.
    „Schön! Holt die Tiere herein und schafft sie nach dem innern Hof!“
    „Auch meinen Esel?“
    „Ja. Dann schließt ihr die Tür!“
    Ich selbst holte den weißen Schal und breitete ihn oben auf der Plattform aus. Dann ließ ich mir einige

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