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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stieß ein lautes schmerzliches Brummen aus, suchte den Spieß von sich abzuschütteln, und da ihm dies nicht gelang, so rannte er dem Bey nach. Sofort brachen die beiden nächsten Nachbarn von uns hinter ihm her und warfen bereits von weitem ihre Spieße, von denen nur einer traf, aber ohne stecken zu bleiben. Sofort wandte sich der Bär nach ihnen. Der Bey merkte dies, kehrte um, ritt wieder auf ihn zu und warf den zweiten Spieß, welcher noch tiefer eindrang, als der erste. Daß jetzt wütende Tier erhob sich und versuchte, den Schaft abzubrechen, während die beiden anderen Reiter von neuem auf dasselbe eindrangen.
    „Soll ich jetzt, Sir?“ rief mir Lindsay zu.
    „Ja, macht der Qual ein Ende!“
    „So haltet mein Pferd.“
    Er ritt, da wir dem Bären ausgewichen und dabei auseinander gekommen waren, wieder auf mich zu, stieg ab und übergab mir das Pferd. Schon wollte er sich abwenden, da prasselten die Zweige nieder und es erschien ein zweiter Bär. Es war die Bärin, welche nur langsam zwischen den Büschen hervortrat, weil ein schutzbedürftiges Junges bei ihr war. Sie war größer als das Männchen, und ihr zorniges Brummen konnte schon mehr ein Brüllen genannt werden. Es war ein nicht ungefährlicher Augenblick: dort der Bär, hier die Bärin, und wir zwischen ihnen. Aber die Kaltblütigkeit meines Master Fowling-bull kam nicht aus der Fassung.
    „Die Bärin, Sir?“ fragte er mich.
    „Gewiß!“
    „Well! Werde galant sein. Die Dame hat den Vorzug!“
    Er nickte vergnügt, schob sich den Turban aus der Stirn und schritt mit angelegter Büchse auf die Bärin zu. Diese sah den Feind kommen, zog das Junge zwischen ihre Hinterbeine und erhob sich, um den Nahenden mit ihren Vorderpranken zu empfangen. Dieser trat bis auf drei Schritte zu ihr heran, hielt ihr die Mündung des Gewehres so ruhig, als ob er auf ein Bild schieße, vor den Kopf und drückte ab.
    „Zurück!“ warnte ich ihn.
    Es war unnötig, denn er war sofort auf die Seite gesprungen und hielt das Gewehr für den zweiten Schuß bereit. Dieser war nicht nötig. Die Bärin schlug die Tatzen in die Luft, drehte sich langsam und zitternd herum und stürzte zu Boden.
    „Ist sie tot?“ fragte Lindsay.
    „Ja, aber wartet noch, ehe Ihr sie berührt.“
    „Well! Wo ist der andere?“
    „Da drüben!“
    „Bleibt hier. Werde ihm die zweite Kugel geben.“
    „Gebt die Büchse her! Ich will zuvor den leeren Lauf laden.“
    „Dauert mir zu lange!“
    Er schritt dem Platz zu, wo sich der verwundete Bär noch immer mit seinen Verfolgern abmühte. Eben wollte der Bey dem Tier einen neuen Spieß geben, als er den Engländer sah und erschrocken innehielt. Er hielt ihn für verloren. Lindsay aber blieb ruhig stehen, als er sah, daß der Bär auf ihn losrannte. Er ließ ihn herankommen, wartete, bis er sich zur tödlichen Umarmung erhob, und drückte los. Der zweite Schuß hatte denselben Erfolg wie der erste: – das Tier war tot.
    Es erhob sich ein lauter Jubel, der nur von dem Geheul der Hunde übertönt wurde, die mit Mühe von den toten Bären abzuhalten waren. Der Engländer aber kehrte sehr gleichmütig zu seinem Pferd zurück und übergab mir die Büchse.
    „Jetzt könnt Ihr wieder laden, Sir! Yes!“
    „Da, nehmt Euer Pferd!“
    „Wie habe ich die Sache gemacht?“
    „Sehr gut!“
    „Well! Freut mich! Ist schön in Kurdistan, wunderschön!“
    Die Kurden kamen aus dem Erstaunen nicht heraus; es war ihnen unerhört, daß ein Fußgänger mit nur einem Gewehr mit zwei Bären fertig zu werden vermochte. Allerdings hatte sich Master Lindsay mehr als musterhaft benommen. Ein größeres Rätsel noch war es mir, die Bärenfamilie beisammen zu finden, da das Junge bereits ziemlich erwachsen war. Die Kurden hatten sehr große Mühe, es zu überwältigen und zu binden, da der Bey es lebendig in Gumri zu haben wünschte.
    Nun wurde das Lager der Tiere aufgesucht. Es befand sich im dichtesten Gestrüpp, und die vorhandenen Spuren zeigten, daß die Familie nur aus den Alten mit diesem einen Jungen bestanden hatte. Einer der Hunde war tot, und zwei waren verwundet. Wir konnten mit dieser Jagd zufrieden sein.
    „Herr“, sagte der Bey zu mir, „dieser Emir aus dem Abendland ist ein sehr tapferer Mann!“
    „Das ist er.“
    „Ich wundere mich nicht mehr, daß euch die Berwari gestern nicht überwältigen konnten, bis sie euch zu schnell überraschten.“
    „Auch da hätten sie uns nicht überwältigt; aber ich gebot den Gefährten, sich nicht zu

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