13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
werden?“
„Sofort, mit seinen Begleitern.“
„Wohin soll er kommen?“
„Hierher.“
„Ihr werdet nicht weiter vorwärts dringen?“
„Für jetzt nicht.“
„Aber dann wohl, wenn der Bey ausgeliefert worden ist?“
„Es wird dann geschehen, was der Bey bestimmt.“
„Und wenn der Melek ihn erst dann ausliefern will, wenn ihr friedlich nach Gumri zurückgekehrt seid?“
„Herr, darauf gehen wir nicht ein. Wir ziehen nicht eher von hier fort, als bis wir den Herrscher von Gumri bei uns sehen.“
„Was begehrt ihr noch?“
„Nichts weiter.“
„Dann hört was ich euch noch zu sagen habe. Ehrlich habe ich gegen euch gehandelt und werde dies auch gegen den Melek tun. Ich werde ihn zu keinem Zugeständnis bereden, welches ihm Schaden bringt. Und vor allem merkt euch dies, daß der Bey sofort getötet wird, wenn ihr diesen Ort verlaßt, ehe der Frieden vollständig beschlossen ist.“
„Willst du etwa dem Melek zu diesem Mord raten?“
„Allah behüte mich davor! Aber ich werde auch nicht zugeben, daß ihr den Bey nur zu diesem Zweck zurückerhaltet, daß er euch gegen Lizan führt.“
„Herr, du redest sehr kühn und aufrichtig!“
„So merkt ihr wenigstens, daß ich es mit meinen Freunden ehrlich meine. Schickt euch in Geduld, bis ich wiederkehre!“
Ich stieg aufs Pferd, Mohammed Emin ebenso. Wir verließen den Platz, und kein Kurde begleitete uns.
„Welche Botschaft hast du auszurichten?“ fragte der Haddedihn.
Ich erklärte ihm meinen Auftrag und auch meine Bedenken. Während dieser Auseinandersetzung gingen unsere Pferde einen schnellen Schritt, und wir hatten beinahe den Fluß erreicht, als ich zur Seite von uns ein verdächtiges Rascheln zu vernehmen glaubte. Ich wandte mein Gesicht der Gegend zu und sah in demselben Augenblick das Aufleuchten zweier Schüsse, welche auf mich und Mohammed gerichtet waren. Sofort nach dem Doppelknall rannte das Pferd des Haddedihn mit seinem Reiter durch die Büsche; auf das meinige aber hatte man besser gezielt; es brach augenblicklich zusammen, und da der Vorfall ganz unerwartet und blitzschnell über uns kam, so fand ich nicht einmal Zeit, meine Füße aus den Steigbügeln zu befreien. Ich stürzte mit und kam halb unter das Pferd zu liegen. Im nächsten Augenblick sah ich acht Männer beschäftigt, sich meiner Waffen zu bemächtigen und mich zu binden. Einer von ihnen war derjenige, welcher vorhin als ein Bote des Melek bei mir gewesen war. So hatte mich mein Mißtrauen also doch nicht betrogen!
Ich vermutete eine Schurkerei des Raïs von Schohrd, des Nedschir-Bey, und wehrte mich aus Leibeskräften. Ich lag an der Erde, und mein rechtes Bein steckte unter dem Pferd; aber ich hatte doch die Arme zur Verfügung, und wenn man sie mir auch festzuhalten und zu fesseln suchte, so gelangen mir doch noch einige gute Stöße, ehe ich wehrlos gemacht wurde. Mit acht kräftigen Männern aber fertig zu werden, davon war natürlich keine Rede, zumal sie mir beinahe noch während des Sturzes die Waffen entrissen hatten.
Nun zogen sie mich unter dem Pferd hervor, so daß ich mich auf die Füße erheben konnte. Es war nicht das erste Mal, daß ich mich in Fesseln befand, aber auf eine so niederträchtige Weise war ich doch noch nicht gebunden worden. Man hatte mir nämlich Riemen an die Handgelenke geschlungen und mittels derselben den rechten Arm über die Brust hinweg auf die linke Achsel, den linken Arm aber auf die rechte Achsel gezogen und dann im Nacken die Riemen so fest geknotet, daß mir die Brust fast bis zur Atmungsunfähigkeit zusammengepreßt ward. Außerdem wurden die Knie so miteinander verbunden, daß ich keine weiten Schritte zu gehen vermochte; und um das Maß voll zu machen, wurde ich mit dem einen Ellbogen an den Steigbügel eines der Buschklepper geschnallt – sie waren zu Pferde, hatten aber ihre Tiere vor dem Überfall hinter die Büsche versteckt.
Von dem Aufblitzen der Schüsse an bis zu dem Augenblick, wo ich an dem Pferd befestigt war, waren kaum drei Minuten vergangen. Ich hoffte, Mohammed Emin werde zurückkehren, wollte aber nicht um Hilfe rufen, um mir diesen Menschen gegenüber keine Blöße zu geben. Reden mußte ich nun doch einmal:
„Was wollt ihr von mir?“ fragte ich.
„Nur dich wollen wir“, antwortete der mutmaßliche Anführer. „Auch dein Pferd wollten wir, aber du hattest es nicht bei dir.“
„Wer seid ihr?“
„Bist du ein Weib, daß du so neugierig bist?“
„Pah! Ihr seid Hunde im Dienst des
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