Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Nedschir-Beys. Er hat sich nicht an mich gewagt; drum sendet er seine Meute, damit ihm ja die Haut nicht geritzt wird!“
    „Schweig! Weshalb wir dich gefangennehmen, das wirst du bald erfahren. Doch verhalte dich still und schweigsam, sonst bekommst du einen Knebel in den Mund!“
    Die Männer setzten sich langsam in Bewegung. Wir kamen an den Fluß, ritten – natürlich außer mir, da ich gehen mußte – eine Strecke an demselben hinab und hatten dann wohl eine Furt erreicht, denn wir gingen in das Wasser.
    Am jenseitigen Ufer stand eine Schar Bewaffneter, die sich aber bei unserem Anblick sofort unsichtbar machte. Jedenfalls war es Nedschir-Bey, welcher das Gelingen seines Streiches dort abgewartet hatte und sich nun befriedigt zurückzog.
    Das Bett des Flusses war hier scharfkantig und mit schlüpfrigen Steinen besät; das Wasser reichte mir stellenweise bis an die Brust, und da ich zu eng an das Pferd gefesselt war, so hatte ich mehr als genug auszustehen, ehe wir das andere Ufer erreichten. Dort blieben sechs von den Reitern zurück, während mich die übrigen zwei weiter schleppten.
    Es ging am Fluß abwärts bis an ein wildes Bergwasser, welches sich hier von der linken Seite her in den Zab ergießt. Nun ritten die beiden längs dieses Wassers aufwärts. Es war für mich ein beschwerlicher Weg, zumal die Eskorte nicht die mindeste Rücksicht auf mich nahm. Kein Mensch begegnete uns. Nachher ging es seitwärts hin über wildes Geröll, durch wirres Dorngestrüpp, und ich merkte, daß man auf diese Weise das Dorf Schohrd vermeiden wollte, dessen ärmliche Hütten und Häusertrümmer ich bald unter uns erblickte.
    Später bogen wir wieder nach rechts und gelangten in eine wilde Schlucht, welche in das Tal von Raola hinabzuführen schien. Hier kletterten wir eine Strecke weiter, bogen um einige Felsen und gelangten endlich an ein Bauwerk, daß einem vier bis fünf Ellen hohen, kubischen Steinhaufen glich und nur eine einzige niedrige Öffnung zeigte, welche zugleich als Tür und Fenster zu dienen schien.
    Vor diesem Steinwürfel stiegen sie ab.
    „Madana!“ rief der eine.
    Sogleich ließ sich in der Hütte ein heiseres Grunzen vernehmen, und einige Augenbücke später trat ein altes Weib aus dem Loch hervor. Madana heißt auf deutsch ‚Petersilie‘. Wie die Alte zu diesem merkwürdigen Namen gekommen war, weiß ich nicht; aber als sie jetzt ganz nahe vor mir stand, duftete sie nicht nur nach Petersilie, sondern es entströmte ihr eine Atmosphäre, welche aus den Gerüchen von Knoblauch, faulen Fischen, toten Ratten, Seifenwasser und verbranntem Hering zusammengesetzt zu sein schien. Hätte mich die Fessel nicht an dem Pferd festgehalten, so wäre ich einige Schritte zurückgewichen. Gekleidet war diese schöne Bewohnerin des Zabtales in einen kurzen Rock, den man bei uns wohl kaum als Scheuerlappen hätte benutzen mögen; der Rand desselben reichte nur wenig bis über die Knie herab und ließ ein Paar gespenstischer Gehwerkzeuge sehen, deren Aussehen vermuten ließ, daß sie bereits seit langem nicht mehr gewaschen worden seien.
    „Ist alles bereit?“ erkundigte sich der Mann und stellte eine lange Reihe von kurzen Fragen, die alle mit „Ja“ beantwortet wurden.
    Jetzt wurde ich losgebunden und mit weit niedergebogenem Haupt in die Hütte geschoben. Es gab doch einige Ritzen in der Mauer, durch welche ein Lichtstrahl einzudringen vermochte, und so konnte ich das Innere des Bauwerkes ziemlich genau erkennen. Dasselbe bildete einen kahlen, viereckigen, roh aufgemauerten Raum, in dessen hinterster Ecke man einen starken Pfahl tief und fest in die Erde gerammt hatte. Neben demselben lag ein mäßiger Haufen von Streu und Blätterwerk, und in der Nähe erblickte ich neben einem gefüllten Wassernapf einen großen Scherben, der früher wohl einmal zu einem Krug gehört hatte, jetzt aber als Schüssel benutzt wurde und eine Masse enthielt, welche halb aus Tischlerleim und halb aus Regenwürmern oder Blutegeln zu bestehen schien.
    Zwar hätte ich mich trotz meiner Fesseln doch immerhin einigermaßen zu sträuben vermocht, aber ich ließ es ruhig geschehen, daß ich mit einem starken Strick an den Pfahl gebunden wurde. Dies geschah in einer Weise, daß ich auf die Streu zu liegen kam. Meine Arme blieben nach wie vor auf den Achseln befestigt.
    Das Weib war draußen vor dem Eingang stehengeblieben. Der eine meiner Begleiter verließ schweigsam die Hütte, der andere jedoch hielt es für notwendig, mir einige

Weitere Kostenlose Bücher