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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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uns. Du und Madana, ihr beide sollt auch mit zulangen.“
    „Herr, wir sind Frauen!“
    „In meinem Vaterland werden die Frauen nicht verachtet. Bei uns sind sie die Zierde und der Stolz des Hauses und nehmen beim Mahl den Ehrenplatz ein.“
    „O Emir, wie glücklich sind eure Frauen!“
    „Aber sie müssen mit Schaufeln essen!“ fiel die ‚Petersilie‘ in sehr mitleidigem Ton ein.
    „Das sind keine Schaufeln, sondern kleine, zierliche Werkzeuge von schönem Metall, mit denen es sich ganz vortrefflich und noch viel appetitlicher essen läßt als mit den nackten Fingern. Wer bei uns sich während des Essens die Hände mit Speise besudelt, der gilt für einen unreinlichen und ungeschickten Menschen. Ich will euch einmal zeigen, wie ein solcher Kaschyk (Löffel) aussieht.“
    Während Ingdscha ein mitgebrachtes Tuch auf den Boden breitete, um die Speisen darauf zu legen, nahm ich Halefs Dolchmesser und schnitt mit demselben einen tüchtigen Span aus dem Pfahl, um daraus einen Löffel zu schnitzen. Er war bald fertig und erregte, als ich ihnen den Gebrauch desselben an dem Wassernapf zeigte, die Bewunderung der beiden einfachen Frauen.
    „Nun sage selbst, o Madana, kann man dieses kleine Ding ein Kürek (Schaufel) nennen?“
    „Nein Herr“, antwortete sie. „Ihr braucht doch keine so großen Mäuler zu haben, als ich erst dachte.“
    „Herr was wirst du mit diesem Kaschyk tun?“ fragte Ingdscha.
    „Wegwerfen.“
    „O nein, Emir! Magst du ihn mir nicht schenken?“
    „Für dich ist er nicht schön genug. Für die Perle von Schohrd müßte er von Silber sein.“
    „Herr“, meinte sie errötend, „er ist schön genug! Er ist schöner, als wenn er von Altyn und Gümisch (Gold und Silber) gemacht worden wäre; denn du hast ihn gefertigt. Ich bitte dich, schenke ihn mir, damit ich eine Erinnerung habe, wenn du uns verlassen hast!“
    „So behalte ihn! Aber du sollst mich morgen mit Madana in Lizan besuchen, und da werde ich euch noch etwas Besseres geben.“
    „Wann willst du fort von hier?“
    „Das wird der Ruh 'i kulyan bestimmen. Jetzt aber setzt euch herzu. Wir wollen unser Mahl beginnen.“
    Ich mußte diese Bitte noch einige Male wiederholen, ehe sie erfüllt wurde. Halef hatte bisher gar nicht gesprochen, sondern nur immer das schöne Mädchen beobachtet.
    Jetzt stieß mein kleiner Diener einen Seufzer aus und meinte in arabischer Sprache:
    „Sihdi, du hast recht!“
    „Womit?“
    „Selbst wenn ich ein Pascha wäre, ich paßte nicht zu ihr. Nimm du sie, Sihdi; Sie ist schöner als alle, die ich gesehen habe.“
    „Es wird hier schon ein Jüngling sein, den sie lieb hat.“
    „Frage sie einmal!“
    „Das geht nicht, mein kleiner Hadschi Halef; das würde sehr unhöflich und zudringlich sein.“
    Ingdscha hatte wohl bemerkt, daß von ihr die Rede war; darum sagte ich zu ihr:
    „Dieser Mann ist bereits ein guter Bekannter von dir.“
    „Wie meinst du das, Emir?“
    „Er ist der Diener, von dem die Marah Durimeh erzählt hat. Die andern haben alle geglaubt, daß ich ermordet worden sei, und nur er allein hat es gewagt, mir nachzufolgen.“
    „Er ist ein kleiner, aber ein treuer und mutiger Mann“, meinte sie mit einem Blick der Anerkennung auf ihn.
    „Was sagte sie von mir?“ sagte er, da er diesen Blick ganz wohl bemerkt hatte.
    „Sie sagte, du seist ein sehr treuer und mutiger Mann.“
    „Sage ihr, sie sei ein sehr schönes und gutes Mädchen, und es sei sehr schade, daß ich so klein und kein Pascha bin.“
    Während ich seine Worte verdolmetschte, reichte er ihr die Hand entgegen, und sie schlug lachend ein. Dabei strahlte ihr Angesicht so lieb und gut, daß mich ein aufrichtiges und warmes Bedauern überkam, indem ich an das einförmige, freudenlose Leben dachte, das ihrer in diesem Lande wartete.
    „Hast du nicht einen Wunsch, den ich dir erfüllen könnte?“ fragte ich sie infolge dieser freundschaftlichen Aufwallung.
    Sie blickte mir einige Sekunden lang nachdenklich in das Gesicht und antwortete dann:
    „Ja, Herr, ich habe einen Wunsch.“
    „Sage ihn!“
    „Emir, ich werde sehr viel an dich denken. Wirst du dich auch zuweilen an uns erinnern?“
    „Oft, sehr oft!“
    „Scheint der Mond bei euch auch so wie bei uns?“
    „Ganz so.“
    „Herr, blicke am Abend eines jeden Vollmondes zu ihm empor; dann werden sich da oben unsere Augen treffen!“
    Jetzt war ich es, der ihr die Hand hinüberreichte.
    „Ich werde es tun – und ich werde auch an anderen Abenden deiner

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