13 kleine Friesenmorde
dampfendem Kaffee zur Begrüßung Blumen auf dem Tisch standen.
Dr. Mann legte den Schreibblock auf den kleinen Tisch, der neben den Etagenbetten stand.
»Fangen wir planmäßig an«, sagte er mit seiner Bundeswehrerfahrung.»Wir nehmen jedes Stück unter die Lupe, und ich trage es in die Liste ein.«
Der Kapitän fühlte sich nicht wohl dabei, so einfach in die Sachen eines Mädchens zu langen. Scheu hielt ihn zurück, in die Intimsphäre der Iris Melchior mit Griffen in den Rucksack einzudringen. Er zog zu Hause zwei Söhne groß und war nicht vertraut mit Lippenstift, bunten Wattebällchen und Puderdose.
»Wo fangen wir an?«, fragte er unsicher.
»Bei dem, was hier herumliegt«, antwortet Dr. Mann.
Kapitän Petersen hob ein Handtuch hoch. »Das ist unser Eigentum«, sagte er, als sein Blick auf die eingewebte Wildgans fiel.
»Ja, weiter!«, brummte Dr. Mann.
Petersen langte zum orangefarbenen Rucksack.
»Ein Bundeswimpel. Und eine Unterhose – oder wie sagt man, ein Schlüpfer. Er ist feucht, vielleicht durchgewaschen«, sagte der Kapitän, während er mit gespreizten Fingern das Kleidungsstück weit von sich hielt.
»Sie können auch Slip sagen«, sagte Dr. Mann und grinste. »Ich habe notiert.«
Aus dem prall gefüllten Rucksack hob der Kapitän Berge von Wäsche und Kleidungsstücken. Auf dem Bett türmten sich die Sachen.
»Was alles in einen Rucksack geht!«, wunderte er sich und griff in die aufgesetzten Taschen. Er zog eine Brieftasche hervor. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir ihren Inhalt hinterher untersuchen.« Er legte die Brieftasche auf das Bett. »Hier steckt eine Geldbörse!« Auch diese legte er ungeöffnet dazu. »Ein Nähetui, eine Packung – o Gott!«, stöhnte er.
»Das muss sein!«, sagte Dr. Mann, und Petersen fuhrfort: »Präservative, Erfrischungstücher, Kugelschreiber und Medikamente.«
Dr. Mann hatte alles aufgelistet.
»Packen wir die Sachen wieder ein. Die Kripo kann sie von Bord holen«, sagte der Kapitän und lehnte den orangefarbenen Rucksack an die Wand der Kabine.
»Brieftasche und Portmonee nehmen wir mit nach oben«, sagte Dr. Mann.
Nordmann musste auf seine Mittagspause verzichten, denn Staatsanwalt van Felde, ein junger Jurist, der oft ungezwungen in Jeans hinter seinem Schreibtisch saß, hatte sich in den Mordfall Melchior eingeschaltet und zu einer Besprechung um 15 Uhr eingeladen. Das Arbeitsgespräch in dem kleinen Büro verlief locker. Die Sekretärin hatte den Tee vorbereitet und serviert. Ihnen blieben noch 6 Stunden, um den Einstieg in den rätselhaften Mord an Iris Melchior zu finden.
Van Felde hatte eine große Seekarte auf dem Schreibtisch ausgebreitet.
»Wissen Sie, meine Herren, ich bin Jurist. Meine Aufgabe besteht darin, das Strafmaß zu finden für einen Mörder, der mit dem Verbrechen an Bord unsere gesetzlichen Spielregeln verletzt hat. Dazu ist es zuerst einmal förderlich, dass wir den Mörder aufspüren und Beweise für seine Tat einbringen. Ihre Arbeit ist nicht einfach. Was schlagen Sie vor?«
Knutsen, der noch kein voll entwickeltes Konzept hatte, aber auch nicht ganz untätig in die Besprechung gekommen war, sagte: »Ich meine, bevor wir den Kreis der eventuell verdächtigen Personen zusammenstellen, müssen wir uns das Opfer vornehmen. Eltern, Freundschaften,Liebschaften, Beruf usw. gilt es zu erfahren. Dann scheint es mir wichtig, dass die Liste aller Passagiere, die an Bord waren, inklusive eines Verzeichnisses der Schiffsbesatzung, mit vollen Angaben hieb- und stichfest ist. Der Grenzschutz muss heute Abend eine strenge Kontrolle durchführen, damit wir Buchungen aufdecken, die unter falschem Namen vorgenommen wurden.«
Staatsanwalt van Felde schwieg. Er dachte nach. Dann sagte er: »Herr Nordmann, haben Sie noch Vorschläge?«
Nordmann, der schlaksig vor dem Schreibtisch saß, sagte: »Ich bin der Meinung, dass wir das richtige Konzept haben. Nur denke ich, dass wir direkt mit der Vorarbeit beginnen sollten. Wir können über Norddeich Radio Daten der Toten hereinholen. Die Kollegen ihres Heimatortes wären dann bereits in der Lage, die betroffenen Verwandten zu benachrichtigen.«
Van Felde sagte: »Fein, das ist ein Weg!«
Er griff zum Telefonhörer und verlangte eine Verbindung über Radio Norddeich mit der »Polar-Road Star«, auf See zwischen Stavanger und Emsham.
Der Funker steckte das von Radio Norddeich übermittelte Gespräch in das Kapitänsbüro durch.
Petersen, der mit Dr. Mann gerade seine
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