13 kleine Friesenmorde
Kajüte erreichte, öffnete die Tür.
»Telefon für mich!«, rief er und langte nach dem Hörer. »Herr Staatsanwalt, wir sind dabei. Wir haben das Reisegepäck der Toten aufgelistet. Das Mädchen reiste ohne Auto. Sie war mit einem Rucksack unterwegs!«
Der Staatsanwalt erkundigte sich nach Namen und Adresse.
»Einen Moment, Herr van Felde, wir müssen noch nachsehen«, sprach Petersen in das Telefon und sagte zu Dr. Mann: »Ihre Adresse!«
Der Arzt nahm die Brieftasche, die er noch ungeöffnet in den Händen hielt. Hastig durchwühlten seine Finger Belege und Papier, dann fand er den Reisepass. Er schlug ihn auf und legte ihn geöffnet vor Petersen auf den Tisch.
Der Kapitän sagte: »Hören Sie? Ich habe ihren Reisepass. Iris Melchior. Geboren am 23.1.59 in Wilhelmshaven. Wohnhaft in Leer, Molkereilohne 73. Passnummer CB 7639 246.«
Petersen legte auf. Dann blätterte er den Pass durch. Laut las er: »Augen schwarz-braun, Figur schlank, Größe 173 cm, Gesichtsform oval.« Sein Blick fiel auf das Farbfoto. »Da bleibt von der großzügigen Mitgift der Natur und hoffnungsvollem Start nur noch ein Aktenrückstand!«, sagte er bitter.
Dr. Mann sagte: »Kapitän, jetzt wollen wir ihre Papiere hübsch langsam durchforsten!«
Der Arzt legte den Inhalt der Brieftasche auf dem Schreibtisch aus.
»Eine Hotelrechnung. Panorama-Hotel Oslo«, sagte er. Dann nahm er eine Bankquittung für einen Umtausch von Mark in Kronen. »Und hier noch weitere Rechnungen: Hotel Norveg, Ålesund, Geiranger Roomen, Dombas Touristhotel!«
Er leerte die Brieftasche, die aus weichem Leder gefertigt war und ein Kleeblattmuster trug.
Kapitän Petersen bündelte die Belege.
Dr. Mann sagte: »Hier ist ein Foto! Toller Schlitten!«
Petersen erblickte Iris Melchior posierend vor einem Strandhintergrund. In Badekleidung saß sie auf dem Kotflügel eines Porsche.
Eine Amateuraufnahme. Aber die schlanken Beine, die jungen Brüste, die von einem Mini-Bikini bedeckt wurden, das kess seitlich gelegte lange schwarze Haar rundeten das Bild ab.
»Das Foto hat einer geschossen, der sich auskannte, wenn es galt, Weibliches zu servieren«, sagte er.
Aber noch war die Brieftasche nicht leer. Ein kleiner Papierzettel, nicht breiter als ein Zeitungsrand, lag verdeckt in einer Brieftaschenecke. Dr. Mann reichte ihn dem Kapitän.
Petersen zitierte nur Zahlen mit Querstrichen, dann las er: »Schweizer Kanton-Bank, Genf.«
»Seltsam«, sagte Dr. Mann. »Das Fräulein war doch wohl keine verkappte Kapitalistin?«
»Das muss die Kripo feststellen«, antwortete Petersen.
Dr. Mann nahm die Geldbörse und öffnete sie. Sein Kopf fuhr überrascht hoch, als er die braunen Tausend-Markscheine hervorholte, unter denen nur wenig Wechselgeld lag.
»Donnerwetter, diese Währungseinheit kenne ich ja kaum!«, entfuhr es ihm. Er zog sieben Tausend-Mark-Scheine aus dem gelben Lederportmonee.
Der Kapitän blickte irritiert auf den Reichtum. »Damit hätte sie sich eine bessere Kabine leisten können«, sagte er.
Dr. Mann hielt die geleerte Geldbörse über den Tisch und schlug mit der flachen Hand auf die Nähte, um zu verhindern, dass nicht noch irgendwo etwas zwischen den Lederwänden sitzen blieb. Zu seinerÜberraschung fiel ein mehrmals gefaltetes Stück Papier auf den Tisch.
»Nanu!«, sagte Petersen überrascht und sah zu, wie Dr. Mann das Papierblatt entfaltete. Die angefransten Seiten ließen darauf schließen, dass es in Eile aus einem Kalenderblock gerissen worden war. In sauberen Druckbuchstaben stand dort: »Treffen uns um 22 Uhr auf dem A-Deck. P!«
Vor dem großen Betonbau, der hinter seiner nüchternen Architektur im rechten Flügel die Büroetagen der Reederei beherbergte und die beleuchtete Wildgans mit bläulichem Neon in die feuchte Abendluft setzte, parkten die Pkws in Parallelen. Die schweren Lastzüge bildeten eine sich weit in das Vorfeld hineinziehende Warteschlange. Um die Platzleuchten trieb der Seewind Nieselregen.
Im Terminal führte der schmale Gang, vom Café und Wartesaal abgetrennt, beidseitig mit Glasfenstern, auf Betonpfeilern zum Kai. Über eine den Tiden angepasste verstellbare Gangway erreichten die Passagiere das Schiff, während unterhalb der Brückenkonstruktion die Autos abgefertigt werden konnten.
Im Terminal stauten sich die Reisenden vor der Absperrung. Überall lagen die Gepäckstücke herum. Der Lärm der vielen Menschen schallte in der Halle. Die große Wanduhr zeigte an, dass die »Polar-Road Star« bereits
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