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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Arbeitsplatzes.
    Der Wind griff nach seinen strähnigen blonden Haaren,und mit offenem Mund suchte er stiernackig an den Ankerwinden und Stahlketten vorbei den Weg nach oben. Sein sportlicher Körper tauchte unter die Absperrung. Er nahm die Treppen, die abgeschrägt, im steilen Winkel der Decks, nach oben führten.
    Auf dem Deck ging er wie ein gefühlloser Roboter an Passagieren vorbei, die sich munter dem Seewind, in Parkas und Trenchcoats verpackt, entgegenstemmten.
    Fredo stierte geradeaus. Er spürte nicht die fragenden Blicke, die sein starres Auge trafen. Abgestumpft, seinem Auftrag nachgehend, schleppte er den Farbeimer. Sein muskulöser Oberkörper steckte in einem rötlichen Overall, auf dem die ihm nachblickenden Passagiere die Wildgans mit dem vorgestreckten Hals ausmachten.
    Der aus Stahl gebildete kleine Vorbau brach den Wind, und Fredo knotete das Tau und ließ mit strammer Leine das entstehen, was seine junge Seele so sehr belastete, nämlich eine Isolation, zu der keiner einen Zutritt hatte.
    Mit seiner starken rechten Hand, um deren Gelenk er eine Ledermanschette trug, griff er zum Pinsel. Er machte keine Pausen. Bahn für Bahn strich er die Farbe auf den Stahl. Seine Muskeln spannten sich im Takte der Arbeit.
     
    Dr. Brittö hatte sich friedlich mit eingespritztem Sedativum in die Wetterbesserung hineingeträumt.
    Frau Seebeck legte ihren Krimi beiseite, als sie bemerkte, dass Leben in das blasse Frauengesicht kam. Dr. Brittös Augenlider zuckten und der suchende und fragende Blick fuhr huschend durch die Kabine.
    Frau Seebeck reichte dem Fräulein Doktor die Brille.
    »Der Rucksack?«, fragte Dr. Brittö und suchte den Boden ab. Dann ordnete ihr geschulter Verstand die Fakten ein. »Sie ist tot!«, rief sie entsetzt.
    Frau Seebeck sagte mit ruhiger Stimme: »Dr. Brittö, ich bin die Zahlmeisterin und zu Ihrem Schutze anwesend.«
    Dr. Brittö durchlebte mit Tränenausbrüchen noch einmal kurz die Schrecken und Aufregungen der frühen Morgenstunden, dann fragte sie mit bebender Stimme: »Warum musste das so kommen?«
    Frau Seebeck reichte der jungen Frau ein Handtuch und ließ sie still in sich hineinweinen.
    Schließlich warf Dr. Brittö das Handtuch aufs Bett. Sie straffte sich und sagte: »Ich danke Ihnen, dass Sie so mitfühlend waren und mich hier nicht allein in der Kabine gelassen haben.« Dabei ruhte ihr Blick auf dem Rucksack, der mitten in der Unordnung lag, zu der Iris Melchior nicht zurückgefunden hatte.
    Frau Seebeck stützte sie und war ihr behilflich, als sie nach dem Koffer griff und sich in Gedanken an ihren Vortrag über Per Gynt für das Kostüm entschied.
    »Ich muss morgen einen Vortrag vor Spezialisten halten«, sagte Dr. Brittö. Das Selbstbewusstsein war zu ihr zurückgekehrt.
    Frau Seebeck dachte über ihre weitere Betreuung nach, als das Klopfen an der Kabinentür nach innen drang. Sie vernahm die befehlsgewohnte Stimme des Kapitäns, drehte den Riegel und öffnete die Tür.
    Dr. Mann und der Kapitän begehrten Einlass.
    Dr. Brittö fühlte sich weder überrumpelt noch irgendwie in den Mittelpunkt gedrängt. Das Kostüm gab ihr Würde, und mit angewinkelten Armen hatte sie die Hände ineinander geschoben.
    Der Kapitän legte Mitgefühl in seine Stimme. »Frau Dr. Brittö, es tut mir Leid, dass Sie in dieses tragische Geschehen hineingeraten sind. Sie haben sich tapfer gehalten. Ich möchte Sie aus Sicherheitsgründen jetzt umquartieren. Frau Seebeck bleibt bei Ihnen. Sie werden für die restlichen Stunden der Überfahrt eine Suite des A-Decks beziehen, während wir uns um die Habseligkeiten der Toten kümmern müssen.«
    Dr. Brittö nickte Zustimmung und sagte: »Ich muss auch an meine Arbeit denken.«
    Ein Steward erschien.
    »Schaffen Sie das Gepäck der Dame in die Suite 9 A«, sagte Petersen. »Frau Seebeck, Sie sind von Ihrem üblichen Dienst befreit, um Dr. Brittö Gesellschaft zu leisten.«
    »Kapitän, ich bedanke mich, aber ich heiße Dr. Britt Kirkenö«, sagte die junge Frau. »Und Frau Seebeck soll mich sicherlich beschützen? Stimmt es?«
    »Wenn Sie es so sehen wollen«, sagte der Kapitän.
    »Es tut mir Leid. Dann habe ich in der Aufregung der Ereignisse Ihren Vornamen aufgeschnappt, Dr. Kirkenö«, sagte Dr. Mann.
    Dr. Britt Kirkenö nickte und verließ die Kabine wie einen gefüllten Hörsaal. Sie war froh darüber, die schicksalsträchtige Kabine 382 E hinter sich zu lassen, und genoss den Luxus der Suite, in der neben einer Frühstücksplatte mit

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