13 kleine Friesenmorde
bevor Sie handgreiflich werden!«, sagte Kommissar Groener aufgeregt.
Er öffnete seine leichte Sommerjacke und legte die Hand auf seine Dienstwaffe.
»Hören Sie sich gefälligst an, was der Staatsanwalt gegen Sie vorzubringen hat!«, schimpfte er und erhob sich.
»Sie haben keine Beweise für Ihre verrückten Verdächtigungen!«, antwortete Tomco wütend. Sein Atem ging schwer. Auch er hatte sich erhoben und stand herausfordernd vor dem Tisch.
Staatsanwalt Akkermann öffnete gelassen seine Collegemappeund entnahm ihr eine Kopie des Untersuchungsberichtes des Labors des LKA.
»Herr Bolerius, in der Bluse und im Unterhemd Ihrer Frau Claudia befanden sich Blutspuren, die von Ihnen stammen«, sagte er im festen Ton.
»Schwachsinn! Nein, ich war es nicht«, antwortete Tomco Bolerius, ging zur Mutter und strich ihr mit der Hand über das weiße Haar.
Groener bemerkte, wie die alte Dame zusammenzuckte und nur ein wenig den Kopf hob.
»Um letzte Zweifel zu beseitigen, benötigen wir von Ihnen einen Speicheltest«, sagte Kommissar Loose, entnahm seiner Tasche eine Plastikschachtel und öffnete sie. Er hielt das Stäbchen, das einem Ohrenreiniger ähnlich sah, Tomco Bolerius entgegen.
»Führen Sie es in Ihren Mund und nässen Sie es mit Spucke« fordert er.
Tomco Bolerius lachte auf. »Was soll der Scheiß?«, sagte er, tat wie ihm befohlen und reichte dem Kommissar das Stäbchen mit ironischen Bemerkungen, unwissend um die Folgen.
Die Mama hob den Kopf vom Tisch. »Sie können nicht beweisen, dass mein Sohn es war«, sagte sie müde und geschafft.
»Frau Bolerius, Sie machen sich strafbar, wenn Sie uns mit Ihren Falschaussagen an der Aufklärung des Verbrechens hindern«, sagte Kommissar Loose.
»Lassen Sie Mutter in Ruhe! Es hat keinen Sinn, sie einzuschüchtern!«, sagte er herausfordernd.
»Herr Bolerius, wir werden Ihre Speichelprobe zur Durchführung des genetischen Testes an das Labor des LKA in Hannover weiterleiten. Ich bitte Sie, bis dahin die Insel nicht zuverlassen. Ich werde mich mit demAmtsrichter in Aurich beraten. Ihrer Mutter wäre zu raten, die Wahrheit zu sagen«, antwortete Akkermann.
Annchen Bolerius schluchzte und verließ das Zimmer.
»Warum quälen Sie sie? Sie sagte die Wahrheit«, antwortete Tomco Bolerius, entnahm seiner Hosentasche ein Tempotuch und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Wir werden Ihnen das Gegenteil beweisen«, bemerkte Kommissar Loose.
»Sie machen mich neugierig. Suchen Sie am Graben des Hager Tiefs nach meiner Spucke? Sieben Jahre nach dem Verbrechen eines Sittenstrolches, der meine geliebte Claudia ermordet hat?«, fragte er ironisch und grinste abfällig.
»Herr Bolerius, der Sittenstrolch waren Sie. Die Zeit ist nicht stehen geblieben. Da gibt es Neuerungen, die Sie nicht in Ihrem veralteten Brockhaus finden«, sagte Kommissar Groener und blickte Bolerius verächtlich an.
»Ihre Spucke und die von Ihren vor sieben Jahren in der Wäsche und Bluse Ihrer Frau Claudia hinterlassenen Blutspuren enthalten Ihren genetischen Fingerabdruck. Das zur Information«, trug der Staatsanwalt vor.
Tomco Bolerius schaute nicht durch. Schließlich gehörte er zu der Hand voll Verbrecher, bei denen im Jahre 1997 das neue Laborverfahren in Niedersachsen Anwendung fand und, wie sich später herausstellte, mit Erfolg. Tomco Bolerius nickte gelassen, gab sich weiterhin selbstsicher und wies den Beamten die Tür.
»Danke, wir fertigen über unser Gespräch ein Protokoll an. Ich erteile Ihnen den gut gemeinten Rat, Ihre Familie auf eine lange Abwesenheit vorzubereiten. Undbitte, keine Dummheiten! Für weitere telefonische Auskünfte halten wir uns bereit«, sagte der Staatsanwalt und griff zur Collegemappe.
»Danke für die Märchenstunde. Ihre Rechnung geht nicht auf«, antwortete Bolerius unbeeindruckt. Er hielt es nicht für angebracht, die aufdringlichen Beamten zum Hausflur zu begleiten.
Über das neue, sensationelle Verfahren der DNS-Analyse berichteten im August die in Ostfriesland erscheinenden Tageszeitungen, doch zu dieser Zeit befand sich Tomco Bolerius bereits im Auricher Untersuchungsgefängnis.
Seine Mama sagte im Verhör endlich die Wahrheit. Ihre Aussage endete in Anwesenheit ihres Anwaltes mit der Bemerkung: »Ich weiß bis heute nicht, wo sich mein Sohn zur Tatzeit aufgehalten hat.«
Zweimal lebenslänglich
A n einem tristen Novembernachmittag 1998 hielt die 56-jährige Hannelore Nasshofen im Einbettzimmer der Städtischen Krankenanstalten in
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