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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Betten nahm sich der Erziehung seines Enkels an und geriet durch einen Zufall, falls es ihn gab, er hielt erfahrungsgemäß mehr von Gottes weiser Fügung, mit seinem nach ihm benannten fünfjährigen Enkel in ein denkwürdiges Ereignis, das ihn an seine Fahrensjahre erinnern sollte.
    Mit dem Enkel an der Hand spazierte er im Spätsommer über die Badestraße der Insel Norderney. Er blieb vor der Auslage des Trödlers Heye Fisser stehen,
     studierte die angebotenen Antiquitäten, die neben viel Tand und Kram, Uniformstücken und kaiserlichen Ehren- und Tapferkeitsorden, Marineraritäten und
     Schiffsmodellenauch Taschenuhren in vielen Preislagen feilbot. Der Enkel zerrte an seinem Arm, als eine Musikkapelle in Galauniformen
     mit Pickelhauben der kaiserlichen Marine mit dem »Marsch der langen Kerle« exakt formiert in Richtung Kurhaus marschierte, gefolgt von begeisterten Herren
     in Gehröcken und Damen in engen Miedern und langen, ausgestellten, den Boden berührenden Röcken.
    Der sechzigjährige, bärtige Kapitän stierte unentwegt auf eine goldene Taschenuhr. Er beruhigte seinen Enkel Folkmar und versprach ihm, gleich mit ihm zum Kurkonzert zu gehen. Er betrat den Laden, hielt den Enkel an der Hand, der belustigt auf das Klingeln der Metallröhren reagierte.
    »Kapitän, was verschafft mir die Ehre?«, fragte der schnauzbärtige, agile Heye Fisser.
    »Eine Taschenuhr in der Auslage«, antwortete Betten.
    Heye Fisser schob die Halteklammern hoch, öffnete die Schaufenstertür und blickte den Alten fragend an.
    Betten zeigte auf das besagte Stück. Fisser nahm die Uhr aus der Dekoration und reichte sie dem Kapitän.
    »Opi, die ist schön«, sagte Folkmar.
    »Dem stimme ich zu«, antwortete der Alte und betrachtete nachdenklich die Taschenuhr.
    »Echt Gold«, sagte Fisser. Den Dreh- und Aufziehknopf zierte eine stilisierte Ranke. Vorder- und Rückseite rundeten angedeutete Girlandenkränze ab. Die beiden Deckel trugen feinlinige, parallel verlaufende Rillen, ähnlich einer Wandvertäfelung, die in der Mitte ein fingerbreites Schachbrettmuster umfassten, das auf der Vorderseite in einem glatten Spatenblatt die Gravur »P.L.« trug. Kapitän Betten betätigte den mit dem Knopf versehenen Mechanismus. Die Klappe sprang auf. Erblickte auf das Zifferblatt und nickte. Zwischen den Zahlen 7 und 6 befand sich ein Sekundenzeiger.
    »Handarbeit«, bemerkte Fisser.
    »Der Preis?«, fragte Betten.
    »Ein Sammlerstück, Odermatt, Helvetia, ich überlasse sie Ihnen für sechzig Mark«, antwortete der Trödler. »Eine einmalige Gelegenheit«, fügte er hinzu.
    »Da stimme ich Ihnen zu. Ich kaufe sie. Können Sie mir noch verraten, wie Sie in den Besitz der kleinen Kostbarkeit gekommen sind?«, fragte der Kapitän, während Enkel Folkmar an seinem aus englischem Tuch gefertigten Gehrock zerrte.
    »Ich habe sie von einen Seemann mittleren Alters. Er gehörte zur Brigg ?Jenny?, die auf dem Wege von Sunderland mit Steinkohle beladen nach Hamburg in der Nähe des Tonnengatts mit zerrissenen Segeln auflief, sich nach abflauenden Winden aber selbst frei machen konnte. Das Schiff wurde auf Reede repariert. Der Seemann war klamm und verkaufte mir die Uhr. Unsere verwöhnten betuchten Gäste suchen oft nach exquisiten Raritäten, die sie bei ihren Konversationen zur Teestunde mit einer ausgefallenen Geschichte verbinden können«, trug Fisser vor, legte die Taschenuhr in einen mit gelber Watte versehenen Schmuckkarton und reichte sie dem Kapitän.
    »Folkmar, du darfst sie für Opa tragen«, sagte Betten und reichte dem Enkel die Kostbarkeit.
    Betten bezahlte.
    »Und die Geschichte zur Uhr?«, fragte er interessiert und lächelte abfällig.
    »Sie hat in der Tasche des Seemannes, ohne Schaden zu nehmen, einen Aufenthalt in der brodelnden See überstanden und ihm die Stunde angezeigt, die erschwimmend in der Nähe des Wracks seines Schiffes verbracht hatte, bevor er in ein Rettungsboot gestiegen war«, trug Fisser stolz vor.
    »Hervorragend, dann soll sie auch mir Glück bringen«, sagte Kapitän Betten, verließ mit dem Enkel den Laden, begab sich zum Kurplatz und flanierte mit ihm durch die gepflegte Anlage, in der hoch angesehene Herrschaften unter den Klängen der kaiserlichen Marinekapelle Kurzweil fanden.
     
    Kapitän Folkmar Betten erfreute sich einer ausgezeichneten Gesundheit. Er bewohnte im Haus der Tochter ein kleines gemütliches Zimmer mit Blick auf eine leicht ansteigende, mit Gras bewachsene Düne.
    Er frühstückte

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