13 - Wo kein Zeuge ist
krabbeln würde, aber Stephen-Spielberg-Ambitionen hatte dieses Team nicht. Dies war eine Low-Budget-Produktion, vielen Dank auch. Also wer sagt was zu wem und in welcher Reihenfolge, bitte?
Hillier war nicht glücklich gewesen, aber es gab nichts, das er tun konnte. Er sorgte jedoch dafür, dass DS Winston Nkata namentlich vorgestellt und dieser Name im Laufe der Sendung wiederholt wurde. Davon abgesehen schilderte er die Art der Verbrechen, nannte die relevanten Daten, zeigte die Fundorte der Leichen und beschrieb einige Details der laufenden Ermittlungen in einer Weise, die suggerierte, dass er und Nkata in dieser Sache Hand in Hand arbeiteten. Dies und das Phantombild des mysteriösen Mannes im Sportstudio, die Nachstellung von Kimmo Thornes Entführung und Nkatas Aufzählung der Namen der Opfer machte die gesamte Sendung aus.
Ihre Bemühungen trugen Früchte, und das gab dem ganzen Unterfangen wenigstens einen Sinn. Es machte sogar den Gedanken daran, wie seine Kollegen ihn aufziehen würden, erträglich, denn Nkata beabsichtigte, die Einsatzzentrale an diesem Morgen mit konkreten Informationen zu betreten.
Er beendete sein Frühstück, während die BBC schon wieder ihre Verkehrsnachrichten aktualisierte. »Pass auf dich auf, Liebling«, sagte seine Mutter zum Abschied, als er die Wohnungstür öffnete, und sein Vater nickte ihm zu und sagte leise: »Bin stolz auf dich, Sohn.« Nkata ging den Außenflur zur Treppe entlang und knöpfte zum Schutz gegen die Kälte seinen Mantel zu. Auf dem Gelände der Wohnanlage Loughborough Estate begegnete er einer Mutter, die drei kleine Kinder zur Grundschule eskortierte. Er kam zu seinem Auto und war schon halb eingestiegen, als er sah, dass der rechte Vorderreifen aufgeschlitzt war.
Er seufzte. Es war natürlich keine normale Reifenpanne, die er jeder nur denkbaren Ursache hätte zuschreiben können, einem allmählichen Druckverlust durch ein kleines Loch oder einem Nagel, den er sich in den Reifen gefahren und wieder verloren hatte, nachdem der Schaden angerichtet war. Ein so unerfreulicher Start in den Tag wäre ein Ärgernis gewesen, aber es hätte keinen solchen Stellenwert gehabt wie eine Messerattacke. Ein Messer warnte den Besitzer des Wagens, gelegentlich über die Schulter zu schauen, nicht nur jetzt im Moment, während er Wagenheber und Ersatzrad aus dem Kofferraum holte, sondern wann immer er sich hier in der Siedlung aufhielt.
Automatisch blickte Nkata sich um, während er sich daranmachte, den Reifen zu wechseln. Natürlich war niemand in der Nähe. Dieser Schaden war irgendwann gestern Abend angerichtet worden, nachdem er aus dem Fernsehstudio heimgekommen war. Wer immer das hier getan hatte, war nicht Manns genug, ihn persönlich anzugreifen. Letztendlich war er für die Menschen hier nicht nur ein Bulle und damit der Feind, sondern gleichzeitig ein Ehemaliger der Brixton Warriors, für die er sein Blut und das anderer vergossen hatte.
Eine Viertelstunde später war er auf dem Weg. Er kam an der Polizeiwache von Brixton vorbei, deren Verhörräume er aus seiner Jugendzeit nur zu gut kannte, bog in die Acre Lane ein und stellte fest, dass in seiner Fahrtrichtung wenig Verkehr herrschte.
Er war unterwegs nach Clapham, denn von dort war der Anruf gegen Ende der Crimewatch-Sendung gekommen. Der Anrufer hieß Ronald X. Ritucci - »Das X steht für Xavier«, hatte er erklärt -, und er glaubte, er habe Informationen, die der Polizei bei der Aufklärung des Mordes an »dem Jungen mit dem Fahrrad im Garten« helfen könnten. Er und seine Frau hatten sich die Sendung angeschaut, ohne zu ahnen, dass sie etwas mit ihnen zu tun haben könnte, als Gail - »So heißt meine Frau« - bemerkte, dass der Abend, als bei ihnen eingebrochen worden war, mit dem Todesdatum des Jungen übereinstimmte. Und er - Ronald X. - hatte einen Blick auf den kleinen Gauner erhascht, bevor der aus dem Schlafzimmerfenster im ersten Stock gesprungen war. Er hatte definitiv Make-up getragen. Also falls die Polizei interessiert war ...
Das war sie. Ein Beamter werde am Morgen vorbeikommen.
Der Beamte war Nkata, und er fand das Haus der Rituccis ein kurzes Stück südlich des Clapham Common. Es lag in einer Straße mit postedwardianischen Häusern, die sich von denjenigen nördlich des Flusses dadurch unterschieden, dass sie frei standen - und das in einer Stadt, wo Baugrund teure Mangelware war.
Als er klingelte, hörte er drinnen ein Kind zur Tür laufen. Jemand versuchte erfolglos, den
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