13 - Wo kein Zeuge ist
blieb an der Pforte zu dem winzigen Vorgarten stehen, der geradezu zwanghaft gepflegt war. Griff sprach nie viel über Arabella, aber nach dem Wenigen, was Ulrike wusste, waren die ordentlich beschnittenen Kübelpflanzen und die sauber gefegten Pflastersteine genau das, was sie erwartet hatte.
Arabella selbst jedoch entsprach nicht ihren Erwartungen. Sie kam aus dem Haus, als Ulrike gerade auf die Tür zugehen wollte. Sie schob einen Kinderwagen über die Schwelle, dessen winziger Fahrgast so dick gegen die Kälte eingewickelt war, dass nur die Nase herausschaute.
Ulrike hatte mit einer Frau gerechnet, die sich gehen ließ. Aber mit dem schwarzen Barett und den Stiefeln sah Arabella eher chic aus. Sie trug einen dicken Rollkragenpulli unter einer schwarzen Lederjacke. Ihre Oberschenkel waren zu dick, aber offenbar arbeitete sie daran. Sie würde in Nullkommanichts wieder in Form sein.
Schöne Haut, dachte Ulrike, als Arabella aufschaute. Die hat ihr ganzes Leben in England mit seiner hohen Luftfeuchtigkeit verbracht. In Kapstadt sah man eine solche Haut nicht. Arabella war eine echte englische Rose.
Griffs Frau sagte: »Tja, alles hat ein erstes Mal. Griff ist nicht hier, falls Sie auf der Suche nach ihm sind, Ulrike. Und wenn er nicht zur Arbeit gegangen ist, ist er vermutlich in der T-Shirt-Druckerei, obwohl ich das bezweifle, so wie die Dinge in letzter Zeit stehen.« Sie blinzelte, als wolle sie sichergehen, dass sie auch die richtige Frau vor sich hatte, und dann fügte sie sarkastisch hinzu: »Sie sind doch Ulrike, oder?«
Ulrike fragte sie nicht, woher sie das wusste. »Ich bin nicht gekommen, um mit Griff zu sprechen«, antwortete sie. »Sondern mit Ihnen.«
»Das ist noch eine Premiere.« Arabella schob den Kinderwagen behutsam über die einzelne Stufe am Eingang, dann wandte sie sich um und sperrte die Tür ab, zupfte die Decken des Babys zurecht und sagte schließlich: »Ich wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten. Griff hat Ihnen bestimmt keine Versprechungen gemacht, also wenn Sie hier sind, weil Sie ein vernünftiges Gespräch über Scheidung oder Rollentausch oder was auch immer mit mir führen wollen, verschwenden Sie nur Ihre Zeit. Und nicht nur, was mich betrifft, sondern auch, soweit es ihn angeht.«
Ulrike fühlte ihr Gesicht heiß werden. Es war kindisch, aber sie hätte Arabella Strong gern ein paar Fakten dargelegt, beginnend mit: Ich verschwende meine Zeit? Er hat mich erst gestern in meinem Büro gefickt, Herzchen. Doch sie nahm sich zusammen und sagte lediglich: »Das ist nicht der Grund, warum ich gekommen bin.«
»Oh, wirklich nicht?«, fragte Arabella.
»Nein. Ich hab seinen niedlichen kleinen Arsch kürzlich mit einem Tritt aus meinem Leben befördert. Endlich gehört er Ihnen ganz allein«, antwortete Ulrike.
»Da haben Sie ja noch mal Glück gehabt. Sie wären nicht glücklich geworden, wenn er sich dauerhaft für Sie entschieden hätte. Es ist nicht gerade einfach, mit ihm zusammenzuleben. Seine ... seine außerehelichen Interessen gehen einem doch schnell auf die Nerven. Man muss lernen, damit klarzukommen.« Arabella ging durch den Vorgarten auf das Tor zu. Ulrike trat beiseite, hielt es ihr aber nicht auf. Arabella öffnete das Tor, und Ulrike folgte ihr hinaus auf die Straße. Aus der Nähe bekam Ulrike einen besseren Eindruck davon, wer Griffs Frau eigentlich war: eine Frau, die dafür lebte, umsorgt zu werden, die mit sechzehn Jahren die Schule verließ und sich dann einen Übergangsjob suchte, bis der geeignete Heiratskandidat aufkreuzte. Doch dieser Job brachte mit Sicherheit nicht genug Geld, sie zu ernähren, sollte die Ehe zerbrechen und die Frau auf sich allein gestellt sein.
Arabella wandte sich zu ihr um und sagte: »Ich bin auf dem Weg zum Bäcker oben an der Brick Lane. Sie können mitkommen, wenn Sie wollen. Ich habe nichts gegen Gesellschaft. Ein freundlicher Plausch mit einer anderen Frau ist doch immer nett. Und außerdem gibt es etwas, das Sie vielleicht gern sehen würden.«
Sie ging los, ohne sich darum zu kümmern, ob Ulrike folgte oder nicht. Ulrike holte sie ein, entschlossen, nicht wie ein unwillkommenes Anhängsel auszusehen. »Woher wussten Sie, wer ich bin?«, fragte sie.
Arabella warf ihr einen Blick zu. »Charakterstärke«, sagte sie. »Die Art, wie Sie sich kleiden, und Ihr Gesichtsausdruck. Ihr Gang. Ich hab Sie zum Tor kommen sehen. Griff hat es gern, wenn seine Frauen stark sind, jedenfalls zu Anfang. Eine starke Frau zu
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