13 - Wo kein Zeuge ist
Schwierigkeiten.« Es war eine Feststellung, und als sie zu Val hinüberschaute, nickte diese zustimmend.
»Er liefert Ihre Sandwiches aus, oder?«
»Ja. Das macht er ... seit wann, Val? Drei Jahre? Vier?«
Val nickte wieder. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, als mache ihr etwas Sorgen. Sie wandte sich ab und ging an einen Schrank, aus dem sie Besen und Kehrblech holte. Dann begann sie, den Boden hinter der Theke zu fegen.
»Es müssen schon ungefähr vier Jahre sein«, sagte Clara. »Ein reizender junger Mann. Er bringt unseren Kunden die Sandwiches - wir haben auch Chips, eingelegte Gurken und Pastasalate -, und er kommt mit dem Geld zurück. Es haben noch nie auch nur zehn Pence gefehlt.«
Val schaute plötzlich auf.
Ihre Mutter sagte: »Ach ja, das hatte ich vergessen. Danke, Val. Einmal war doch etwas, nicht wahr?«
»Und zwar?«
»Kurz bevor seine Mutter gestorben ist. Das muss im Dezember gewesen sein, vorletztes Jahr. Da fehlten eines Tages zehn Pfund. Es stellte sich heraus, dass er sie geborgt hatte, um für seine Mutter Blumen zu kaufen. Sie war in einem Heim, wissen Sie.« Clara tippte sich an den Kopf. »Alzheimer, armes Wesen. Er hat ihr ... ich weiß nicht mehr ... Tulpen gekauft? Gibt es Tulpen zu der Jahreszeit? Vielleicht war's auch was anderes? Egal. Val hat Recht, ich hatte es vergessen. Aber er hat's sofort zugegeben, als ich ihn darauf angesprochen hab, nicht wahr, und ich bekam das Geld am nächsten Tag zurück. Danach war nie mehr was. Er ist grundanständig. Ohne ihn würde der Laden nicht laufen, denn der Lieferservice ist unser Hauptgeschäft, und wir haben dafür niemanden außer Rob.«
Val sah wieder auf und strich sich eine schlaffe Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Komm schon, du weißt genau, dass das stimmt«, schalt Clara nachsichtig. »Du könntest die Lieferungen nicht erledigen, ganz gleich, was du meinst, Liebes.«
»Macht er auch Ihre Einkäufe?«, fragte Nkata.
»Was für Einkäufe? Papiertüten und so weiter? Senf? Einwickelpapier für die Sandwiches? Nein, das meiste bekommen wir geliefert.«
»Ich dachte eher an ... Zutaten?«, sagte Nkata. »Hat er zum Beispiel schon mal Petersilienöl für Sie gekauft?«
» Petersilie?« Clara sah zu Val hinüber, als wolle sie das Maß ihrer Ungläubigkeit abschätzen. »Petersilienöl, sagen Sie? Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Sicher, wenn man drüber nachdenkt, muss es so etwas geben. Es gibt ja auch Walnussöl, Sesamöl, Olivenöl und Erdnussöl. Warum also nicht auch Petersilienöl? Aber für Mr. Sandwich hat er das nie gekauft. Ich wüsste überhaupt nicht, was ich damit anfangen sollte.«
Val gab ein Geräusch von sich, das Ähnlichkeit mit einem Gurgeln hatte. Als ihre Mutter das hörte, lehnte sie sich über die Theke und sagte direkt zu ihr: »Weißt du irgendwas über Petersilienöl und Robbie? Wenn ja, Liebes, musst du es dem Polizeibeamten sofort sagen.«
Vals Blick glitt zu Nkata hinüber. Sie sagte: »Nix«, was ihr gesamter Beitrag an verständlichen Lauten zu diesem Gespräch war.
»Ich schätze, er könnte es zum Kochen verwenden«, sagte Nkata. »Oder als Atemerfrischer. Wie ist sein Atem?«
Clara lachte. »Mir ist er nie aufgefallen, aber ich könnte mir vorstellen, dass unsere Val dem jungen Mann hin und wieder nahe genug gekommen ist, um das besser zu beurteilen. Wie ist sein Atem, Liebes? Gut? Mundgeruch? Oder was?«
Val bedachte ihre Mutter mit einem finsteren Blick und schlich durch eine Tür, die anscheinend zur Vorratskammer führte. Clara erklärte Nkata, ihre Tochter sei »ein bisschen verknallt«. Natürlich konnte daraus niemals etwas werden. Dem Sergeant war ja bestimmt aufgefallen, dass Val ein Problem im Umgang mit anderen Menschen hatte.
»Ich hab geglaubt, Robbie Kilfoyle könnte genau der Richtige sein, um sie aus ihrem Schneckenhaus zu locken«, vertraute Clara ihm mit gesenkter Stimme an. »Das war einer der Gründe, warum ich ihn eingestellt habe. Seine Jobs waren nicht gerade beeindruckend - das hängt wohl damit zusammen, dass die Mutter so lange krank war -, aber ich hab das eher als Vorteil in der Abteilung Romanze betrachtet. Ich hab mir gedacht, der hat nicht so hohe Ansprüche. Nicht wie andere junge Kerle, für die Val, sind wir mal ehrlich, das arme Herzchen, nicht gerade ein Hauptgewinn wäre. Aber es ist nichts daraus geworden. Es hat nicht gefunkt zwischen den beiden, verstehen Sie? Dann, als seine Mutter starb, hab ich gedacht, er würde ein bisschen
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