13 - Wo kein Zeuge ist
Pflanze das Böse außer Kraft. Ihre Kräfte lagen in der Wurzel und dem Samen.
Aber das war noch nicht alles.
»Aromaöl«, las Nkata, »fettendes Öl, Balsam, Heilöl, Küchenkraut, Räucherwerk, Parfüm.« Nkata strich sich versonnen übers Kinn. So interessant sie auch waren, er wusste nicht, was sie mit diesen Informationen anfangen sollten.
»Und?«, fragte Gigi mit unterdrückter Erregung. »Was denken Sie? War es richtig, dass ich Sie angerufen habe? Er war Ewigkeiten nicht hier gewesen, wissen Sie, und als er plötzlich in den Laden spaziert kam, habe ich ... Na ja, um ehrlich zu sein, ich hätte es beinah vermasselt. Ich wusste ja nicht, was er vorhatte, darum hab ich versucht, ganz normal zu sein, aber ich hab ihn beobachtet und die ganze Zeit drauf gewartet, dass er zum Ambra-Öl geht, und vermutlich wär ich glatt in Ohnmacht gefallen, wenn er das getan hätte. Aber als er dann das Petersilienöl genommen hat, hab ich mir, wie gesagt, weiter keine Gedanken darüber gemacht, bis ich dieses Zeug über Triumph und Dämonen und das Böse gelesen habe.« Sie schauderte. »Ich wusste einfach, dass ich's Ihnen sagen musste. Denn wenn ich's nicht gemacht hätte, und irgendwem wär irgendwo irgendwas passiert, und es hätte sich rausgestellt, dass es Robbie war ... nicht dass ich das auch nur für eine Sekunde glaube, und, Gott, Sie dürfen es ihm niemals verraten, denn wir sind ja sogar mal zusammen was trinken gewesen, wie ich schon sagte.«
»Haben Sie eine Kopie des Kassenzettels und all das?«, fragte Nkata.
»Ja, klar«, antwortete Gigi. »Er hat bar bezahlt, und das Öl war das Einzige, was er gekauft hat. Ich hab die Belegkopie hier.« Sie tippte etwas in die Kasse ein, um die Lade zu öffnen, hob dann den Einsatz für die Geldscheine an und holte darunter einen Zettel hervor, den sie Nkata reichte. Sie hatte »Rob Kilfoyles Kauf von Petersilienöl« darauf gekritzelt. »Petersilienöl« war doppelt unterstrichen.
Nkata fragte sich, was, in aller Welt, es ihnen bringen sollte, dass einer ihrer Verdächtigen Petersilienöl gekauft hatte, doch er nahm den Zettel und steckte ihn in sein Ledernotizbuch. Er dankte Gigi für ihre Wachsamkeit und bat sie, ihn zu kontaktieren, wenn Robbie Kilfoyle oder sonst irgendwer auftauchte, um Ambra-Öl zu kaufen.
Er wollte schon gehen, als ihm ein Gedanke kam, und so blieb er an der Tür stehen und stellte ihr eine letzte Frage: »Könnte er das Ambra-Öl geklaut haben, als er hier war?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie habe ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen, versicherte sie Nkata. Keine Chance, dass er irgendetwas mitgenommen hatte, das er nicht zuvor vorgezeigt und bezahlt hatte. Absolut unmöglich.
Nkata nickte nachdenklich, aber seine Zweifel blieben. Er trat auf die Straße hinaus und sah zu Mr. Sandwich hinüber, wo die beiden Frauen immer noch am Werk waren. Ein »Geschlossen«-Schild hing jetzt im Fenster. Er holte seinen Dienstausweis hervor und ging an die Tür. Es gab noch eine Sache wegen des Petersilienöls, die er überprüfen musste.
Sie schauten auf, als er klopfte. Die dickere der beiden Frauen öffnete ihm. Er fragte, ob er sie kurz sprechen könne, und sie sagte: »Ja, natürlich, kommen Sie rein, Officer.« Sie seien im Begriff gewesen, nach Hause zu gehen, und er habe Glück, sie noch erwischt zu haben.
Er betrat den Laden. Sofort entdeckte er den großen gelben Karren, der in einer Ecke geparkt war. »Mr. Sandwich« war säuberlich darauf gepinselt neben einer Comicfigur eines gefüllten Baguettes mit Knuspergesicht, Zylinder, dürren Ärmchen und Beinchen. Das musste Robbie Kilfoyles Auslieferungswagen sein. Kilfoyle selbst und sein Fahrrad waren natürlich schon lange weg.
Nkata nannte den beiden Frauen seinen Namen, die sich ihrerseits als Clara Maxwell und ihre Tochter Val vorstellten. Das kam ein wenig überraschend, sahen die beiden doch eher wie Schwestern als Mutter und Tochter aus, was nicht so sehr an Claras jugendlichem Aussehen lag - denn davon konnte keine Rede sein -, sondern eher an Vals unmodischer Kleidung und ihrer gebeugten Haltung. Nkata nickte verbindlich. Val blieb hinter der Theke auf Distanz, wo sie in gleichem Maße lauerte wie putzte. Ihr Blick glitt zwischen Nkata und ihrer Mutter hin und her, während Clara die Rolle der Sprecherin übernahm.
»Kann ich Ihnen ein paar Fragen über Robbie Kilfoyle stellen?«, bat Nkata. »Er arbeitet doch für Sie, richtig?«
Clara antwortete: »Er steckt nicht in
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