13 - Wo kein Zeuge ist
Anwältin engagiert hatte. Ihr Name war Amy Stranne, und sie schien einen Hochschulabschluss in Ungerührtheit erworben zu haben. Sie kombinierte die vollkommene Ausdruckslosigkeit ihres Gesichts mit einem strengen Kurzhaarschnitt, einem gleichermaßen strengen, schwarzen Anzug und einer Krawatte auf einer weißen Seidenbluse. Sie holte einen jungfräulichen Schreibblock aus ihrem Aktenkoffer, dann einen Schnellhefter, dessen Inhalt sie konsultierte, ehe sie sprach.
»Ich habe meinen Mandanten hinsichtlich seiner Rechte beraten«, erklärte sie. »Er hat beschlossen, bei dieser Unterhaltung mit Ihnen zu kooperieren, da er den Eindruck hat, dass es signifikante Aspekte bei dieser Ermittlung gibt, die Sie nicht verstehen.«
Da hast du verdammt Recht, dachte Barbara. Der Psychologe wusste genau, dass er jahrelang hinter Gittern verschwinden würde. Genau wie Minshall versuchte dieser schleimige Scheißkerl schon jetzt, eine mildere Strafe auszuhandeln.
Nkata sagte: »Kriminaltechniker sind dabei, Ihr Fahrzeug zu untersuchen, Dr. Robson. Das Gleiche gilt für die Wohnung Ihrer Mutter. Ein Team von Scotland Yard sucht nach dem Stellplatz, den Sie irgendwo in der Stadt haben müssen, denn wir gehen davon aus, dass sie dort den Van versteckt halten, und ein halbes Dutzend Beamter ist damit beschäftigt, Ihre Vergangenheit zu durchforsten, um alles zu finden, was bisher vielleicht übersehen worden ist.«
Robsons abgespanntes Gesicht deutete darauf hin, dass Kost und Logis am Shepherdess Walk nicht nach seinem Geschmack waren. »Ich habe niemals ...«, begann er.
»Ach, bitte«, unterbrach Barbara. »Wenn Sie Davey Benton nicht umgebracht haben, wüssten wir zu gern, was mit ihm in dem Zeitraum passiert ist, nachdem Sie ihn vergewaltigt haben und bevor er tot im Wald landete.«
Robson zuckte bei dieser Unverblümtheit zusammen. Barbara hätte ihm gerne erklärt, dass es einfach keine schonende Art gab, zu beschreiben, was dem Dreizehnjährigen passiert war. »Ich wollte ihm nicht wehtun«, sagte Robson.
»Ihm?«
»Dem Jungen. Davey. Schnee hatte mir versichert, dass sie immer freiwillig mitgehen. Er hat gesagt, sie seien gut vorbereitet.«
»Wie ein Stück Fleisch?«, fragte Barbara. »Fertig gesalzen und gepfeffert?«
»Er hat gesagt, sie seien bereit und sie wollten es.«
»Es?«, hakte Nkata nach.
»Die Begegnung.«
»Die Vergewaltigung«, stellte Barbara klar.
»Das war keine ...« Robson schaute zu seiner Anwältin.
Amy Stranne machte sich Notizen, aber sie schien seinen Blick zu spüren, denn sie hob den Kopf und sagte: »Es liegt ganz bei Ihnen, Hamish.«
»Sie haben frisch verheilte Kratzer an Händen und Armen«, fuhr Barbara fort. »Und wir haben Haut unter Daveys Fingernägeln. Und wir haben den Beweis für gewaltsame anale Penetration. Also was an diesem Szenario soll uns glauben machen, dass es eine freiwillige sexuelle Handlung war? Nicht dass Sex mit Dreizehnjährigen legal wäre, nebenbei bemerkt. Aber wir wären gewillt, das für den Moment außer Acht zu lassen, wenn Sie uns beschreiben, wie die romantische Verführung von ...«
»Ich hatte nicht die Absicht, ihn zu verletzen«, sagte Robson. »Ich bin in Panik geraten, das ist alles. Anfangs hat er kooperiert. Ihm hat es gefallen ... Er war vielleicht zögerlich, aber er hat nicht gesagt, ich solle aufhören. Das hat er nicht gesagt. Ich schwöre, es hat ihm gefallen. Aber als ich ihn umgedreht habe ...« Robsons Gesichtsfarbe war grau. Das dünne Haar hing ihm in die Stirn. Speichel trocknete in seinen Mundwinkeln, im säuberlich gestutzten Bart versteckt. »Ich wollte nur, dass er still ist. Ich hab ihm gesagt, das erste Mal sei immer ein bisschen beängstigend, sogar ein bisschen schmerzhaft, aber er solle sich keine Sorgen machen.«
»Wie reizend von Ihnen«, warf Barbara ein. Sie hätte diesem erbärmlichen Mistkerl am liebsten die Augen ausgekratzt. Nkata bewegte sich neben ihr. Sie schärfte sich ein, sich zurückzuhalten, und sie wusste, das Gleiche sagte ihr Kollege ihr mit seiner Körpersprache. Aber sie wollte einfach nicht, dass dieser Kinderschänder glaubte, ihr Schweigen impliziere Billigung, selbst wenn sie wusste, dass ihr Schweigen notwendig war, damit er weiterredete. Sie presste die Lippen zusammen und biss darauf, damit sie ruhig blieb.
»An dem Punkt hätte ich aufhören müssen«, räumte Robson ein. »Ich weiß das. Aber in dem Moment ... Ich dachte, wenn er einfach nur still wäre, wäre es schnell vorüber. Und
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