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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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männliche Designer, ich gebe es bereitwillig zu. Aber gibt es in den Tropen denn keine Schuhe, Tommy?
    Nicht die Modelle, die du gewöhnt bist, fürchte ich.
    Ihre Albernheiten, die ihn zum Lächeln brachten, diese Helen-Essenz, die einen in den Wahnsinn treiben konnte.
    Ich kann weder kochen noch nähen, putzen oder ein Haus einrichten. Wirklich, Tommy, warum willst du mich eigentlich?
    Aber warum wollte ein Mensch je einen anderen? Weil ich mit dir lächeln kann, weil ich über deine Scherze lache, die, wie wir beide wissen, nur dem Zweck dienen, mich zum Lachen zu bringen. Und der Grund dafür ist, dass du verstehst und von Anfang an verstanden hast, wer ich bin, was ich bin, was mich am meisten quält und wie es sich bannen lässt. Darum, Helen.
    Und da war sie in Cornwall, stand vor einem Porträt in der Galerie, seine Mutter an ihrer Seite. Sie betrachteten einen Großvater, mit zu vielen »Ur« davor, um genau sagen zu können, in welch grauer Vorzeit er gelebt hatte. Doch das spielte keine Rolle, denn es waren die Gene, die ihr Sorgen machten, und sie sagte zu seiner Mutter: Hältst du es für möglich, dass diese grässliche Nase sich irgendwie an zukünftige Generationen weitervererben könnte?
    Sie ist wirklich ziemlich scheußlich, nicht wahr, hatte seine Mutter gemurmelt.
    Zumindest dient sie seiner Brust als Sonnensegel. Tommy, wieso hast du mir dieses Gemälde nicht gezeigt, bevor du mich gefragt hast, ob ich dich heiraten will? Ich habe es noch nie zu sehen bekommen.
    Wir haben es auf dem Dachboden versteckt.
    Das war sehr klug.
    Die Helen-Essenz. Helen.
    Man kann jemanden nicht siebzehn Jahre lang kennen, ohne Erinnerungen anzusammeln, sagte er sich. Und es waren die Erinnerungen, die ihn möglicherweise umbringen würden, dachte er. Nicht die Tatsache als solche, sondern dass von diesem Moment an keine neuen hinzukommen würden und dass es welche gab, die er schon vergessen hatte.
    Irgendwo hinter ihm öffnete sich die Tür. Eine weiche Hand ergriff die seine und legte seine Finger um eine heiße Tasse. Der Geruch von Suppe stieg ihm in die Nase. Er hob den Kopf und sah in das gütige Gesicht seiner Mutter.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, flüsterte er. »Sag mir, was ich tun soll.«
    »Das kann ich nicht, Tommy.«
    »Wenn ich sie sterben lasse ... Mum, wie kann ich sie ... sie beide ... Und wenn ich es tue, ist es dann egoistisch? Oder ist es egoistisch, wenn ich es nicht tue? Was würde sie wollen? Woher soll ich das wissen?«
    Sie trat näher zu ihm. Er wandte sich wieder seiner Frau zu. Seine Mutter legte die Hand an seine Wange. »Liebster Tommy«, murmelte sie. »Ich würde dir diese Bürde abnehmen, wenn ich könnte.«
    »Ich sterbe. Mit ihr. Mit ihnen. Und das ist es eigentlich auch, was ich will.«
    »Glaub mir, ich weiß das. Niemand kann fühlen, was du fühlst, aber wir alle können ahnen, was du fühlst. Und du musst es fühlen, Tommy. Du kannst nicht davor weglaufen. Das funktioniert einfach nicht. Aber ich will, dass du auch versuchst, unsere Liebe zu fühlen. Versprich mir das.«
    Sie beugte sich über ihn und küsste ihn auf den Kopf, und er spürte, obwohl er es kaum aushalten konnte, dass in dieser Berührung auch Heilung lag. Aber das war noch schlimmer als das, was ihn in der nächsten Zukunft erwartete. Ob er eines Tages vielleicht aufhören würde, diesen Schmerz zu fühlen? Er wusste nicht, wie er damit leben sollte.
    Seine Mutter sagte: »Simon ist zurückgekommen. Willst du mit ihm sprechen? Ich glaube, er hat Neuigkeiten.«
    »Ich kann sie nicht allein lassen.«
    »Ich bleibe bei ihr. Oder ich schicke Simon hierher. Oder ich kann ihn fragen, was er herausgefunden hat, wenn du möchtest.«
    Er nickte dumpf, und sie wartete schweigend auf seine Entscheidung. Schließlich gab er ihr die unberührte Suppentasse zurück. »Ich gehe zu ihm«, sagte er.
    Seine Mutter nahm seinen Platz neben dem Bett ein.
    An der Tür drehte er sich noch einmal um und sah, wie sie sich über Helens Kopf beugte und das dunkle Haar an den Schläfen berührte.
    Er ging und überließ es seiner Mutter, bei seiner Frau Wache zu halten.
    St. James stand draußen auf dem Flur. Er sah nicht so abgespannt aus wie bei ihrer letzten Begegnung, was Lynley sagte, dass sein Freund ein paar Stunden geschlafen hatte. Er war froh darüber, denn alle anderen reagierten nur noch durch Nervenimpulse und Koffein.
    St. James schlug vor, in die Cafeteria zu gehen, und als sie dort ankamen, verriet der

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