13 - Wo kein Zeuge ist
Wie sollte ich mit diesen anderen Jungen denn in Kontakt gekommen sein?«
»Sagen Sie es uns.«
»Das habe ich. In dem Profil habe ich Ihnen alles gesagt.«
Sie schwiegen.
Robson begriff, was dieses Schweigen implizierte. »Mein Gott, das Profil ist authentisch. Warum hätte ich mir da etwas zusammenfantasieren sollen?«
»Aus dem offensichtlichsten Grund«, erwiderte Nkata. »Um eine schöne Fährte zu legen, die von Ihnen wegführt.«
»Aber ich kannte diese Jungen nicht einmal. Die toten Jungen. Ich kannte sie nicht. Sie müssen mir glauben ...«
»Was ist mit Muwaffaq Masoud?«, fragte Nkata. »Kennen Sie den?«
»Muwaf ...? Ich hab nie von ihm ... Wer ist das?«
»Jemand, der Sie bei einer Gegenüberstellung möglicherweise wiedererkennen wird«, antwortete Nkata. »Es ist ein Weilchen her, dass er den Mann gesehen hat, der seinen Van gekauft hat, aber ich nehme an, wenn er ihn vor sich sieht, wird das sein Gedächtnis auffrischen.«
Robson wandte sich an seine Anwältin. »Sie können doch nicht ... Ist das zulässig? Ich habe kooperiert. Ich habe alles gestanden.«
»Das behaupten Sie, Dr. Robson«, warf Barbara ein. »Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass Lügner und Mörder aus demselben Holz geschnitzt sind, also nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir Ihnen nicht so ohne weiteres jedes Wort glauben.«
»Sie müssen mich anhören«, sagte Robson. »Den einen Jungen, ja. Aber das war ein Versehen. Ich wollte nicht, dass es passiert. Aber die anderen ... Ich bin kein Mörder. Sie suchen jemanden ... Lesen Sie das Profil. Lesen Sie das Profil. Ich bin nicht der Mann, den Sie suchen. Ich weiß, dass Sie unter enormem Druck stehen, diesen Fall abzuschließen, und jetzt, da die Frau des Superintendent angegriffen worden ist ...«
»Die Frau des Superintendent ist tot«, erinnerte Nkata ihn. »Ist Ihnen das aus irgendeinem Grund entfallen?«
»Sie wollen doch nicht etwa andeuten ...« Er wandte sich wieder an Amy Stranne. »Bringen Sie mich hier raus«, sagte er. »Ich mache keine weitere Aussage. Sie versuchen, mir etwas anzuhängen.«
»Das sagen sie alle, Dr. Robson«, eröffnete Barbara ihm. »Unter Druck singen Typen wie Sie immer das gleiche Lied.«
Zwei Mitglieder des Stiftungsvorstands kamen sie besuchen, was Ulrike klar machte, dass die Krise nicht bevorstand, sondern bereits akut war. Der Vorsitzende hatte sich regelrecht herausgeputzt, es fehlte nur noch eine goldene Amtskette, um seine Autorität zu unterstreichen. Er hatte die Sekretärin der Stiftung im Schlepptau. Patrick Bensley übernahm das Reden, während seine Begleiterin sich bemühte, mit ihrem frisch gelifteten Gesicht nach ein wenig mehr auszusehen als nach der steinreichen Gattin eines Wirtschaftsbosses.
Es dauerte nicht lange, bis Ulrike klar wurde, dass Neil Greenham seine Drohungen wahr gemacht hatte, die er bei ihrer letzten Unterredung geäußert hatte. Sie kam zu diesem Schluss, als Jack Veness ihr mitteilte, Mr. Bensley und Mrs. Richie seien eingetroffen und wünschten, die Colossus-Leiterin zu sprechen. Sie brauchte allerdings ein wenig länger, um zu ergründen, welche seiner Drohungen Neil in die Tat umgesetzt hatte. Sollte sie für ihre Affäre mit Griffin Strong oder für irgendetwas anderes zur Verantwortung gezogen werden?
Sie hatte Griff während der letzten Tage nur kurz gesehen. Er war schwer beschäftigt mit seiner neuen Einstufungsgruppe, und wenn diese ihn nicht in Anspruch nahm, verschwand er und stürzte sich auf seine Textildruckerei oder machte die Art von Sozialarbeit, die zu tun man ihn tausend Mal aufgefordert hatte, seit er zu Colossus gekommen war. Bislang war er immer zu beschäftigt gewesen, um sich um letzteren Aspekt seiner Arbeit zu kümmern. Es war erstaunlich, wie Tragödien den Menschen vor Augen führen konnten, wie viel Zeit sie tatsächlich hatten, um genau solche Tragödien zu verhindern. In Griffs Fall hieß das, dass er plötzlich Zeit fand, sich mit den Jugendlichen seiner Gruppe und ihren Familien auch außerhalb der regulären Arbeitszeit zu befassen. Er tat dies mit großem Engagement, oder zumindest behauptete er das. Die Wahrheit war, dass nach allem, was Ulrike wusste, es ebenso gut sein konnte, dass er jedes, Mal Emma, die bengalische Kellnerin aus der Brick Lane, vögelte, wenn er Colossus verließ. Aber Ulrike war dies gleichgültig. Sie hatte jetzt größere Sorgen. Und war das nicht eine weitere faszinierende Wendung des Lebens? Sie wäre bereit gewesen, fast
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