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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Differenzen hatten. Aber das ist nur natürlich. Überall sind die Menschen ständig unterschiedlicher Auffassungen.«
    »Stimmt«, sagte Barbara. »Wir haben alle mal Meinungsverschiedenheiten. Haben Sie die hier auch? Gegensätzliche Auffassungen, die zu Konflikten führen, die wiederum zu wer weiß was führen? Vielleicht die geteilten Lager, die Sie erwähnt haben?«
    »Ich wiederhole noch einmal, was ich eben schon klar zu machen versucht habe: Wir ziehen alle an einem Strang. Bei Colossus geht es um die Jugendlichen. Je mehr Sie mit den Leuten hier reden, desto besser werden Sie das begreifen. Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich sehe, dass Yusuf meine Hilfe braucht.« Er ließ sie stehen und ging zurück in seine Klasse, wo der asiatische Junge über den Scanner gebeugt saß und aussah, als würde er ihn am liebsten mit einem Hammer zertrümmern. Barbara kannte das Gefühl.
    Sie überließ Greenham seinen Schülern. Ihre weitere Erkundung von Colossus - immer noch unbegleitet - führte sie in den rückwärtigen Teil des Gebäudes. Dort fand sie den Geräteraum, wo eine Gruppe Jugendlicher gerade mit der passenden Kleidung für Kajakrudern auf der Themse bei winterlichen Temperaturen ausgerüstet wurde. Robbie Kilfoyle, der Mann mit der EuroDisney-Kappe, den sie zuvor schon beim Kartenspiel gesehen hatte, hatte die Jugendlichen vor sich in einer Reihe antreten lassen und vermaß sie, um die richtige Größe der benötigten Neoprenanzüge zu ermitteln, die an einer Wand aufgereiht hingen. Er hatte auch schon Schwimmwesten von einem Regal geholt, und die Jungen, die bereits vermessen waren, suchten nach passenden Exemplaren. Ihre Unterhaltungen waren gedämpft. Es sah so aus, als seien die Neuigkeiten nun doch bei ihnen angekommen - entweder über Kimmo Thorne oder weil die Polizei Fragen stellte.
    Nachdem alle mit Anzug und Weste ausgerüstet waren, entließ Kilfoyle sie in den Sportraum. »Wartet dort auf Griffin Strong«, sagte er zu ihnen. Er werde ihrem Einstufungsleiter bei dem Bootstrip assistieren, und der würde meckern, wenn er sie bei seinem Eintreffen nicht alle fix und fertig vorbereitet antraf. Während die Jungen hinausgingen, sortierte Kilfoyle einen Haufen Gummistiefel, der am Boden lag. Er ordnete sie zu Paaren und stellte sie in Regalfächer, die mit Schuhgrößen beschriftet waren. Er grüßte Barbara mit einem Nicken. »Sie sind noch hier?«, fragte er.
    »Wie Sie sehen. Sieht so aus, als warteten wir hier alle auf Griffin Strong.«
    »Da ist was dran.« Sein lässiger Tonfall schien auf eine Doppeldeutigkeit dieser Bemerkung hinzuweisen. Das entging Barbara nicht.
    »Arbeiten Sie hier schon lange als Ehrenamtler?«, fragte sie.
    Kilfoyle ließ sich die Frage durch den Kopf gehen. »Zwei Jahre?«, schätzte er. »Bisschen länger. Vielleicht neunundzwanzig Monate.«
    »Und davor?«
    Er warf ihr einen Blick zu, der besagte, er wisse ganz genau, dass ihre Fragen keine harmlose Plauderei waren. »Das hier ist mein erster ehrenamtlicher Job«, antwortete er.
    »Warum?«
    »Warum was? Warum zum ersten Mal oder warum überhaupt ein Ehrenamt?«
    »Warum überhaupt.«
    Er hielt in seiner Arbeit inne, ein Paar Gummistiefel in der Hand. »Ich liefere hier die Sandwiches, wie ich Ihnen vorhin im Empfang schon gesagt hab. So hab ich die Leute hier kennen gelernt. Man konnte sehen, dass sie Hilfe brauchten, denn, ganz unter uns gesagt, sie bezahlen ihre Angestellten beschissen, sodass sie nie genug Leute finden können oder die, die sie finden, nicht lange bleiben. Ich fing an, hier rumzuhängen, wenn ich meine Mittagsrunde fertig hatte. Ich hab mal dies oder das getan, und siehe da, auf einmal war ich ein ehrenamtlicher Mitarbeiter.«
    »Nett von Ihnen.«
    Er zuckte die Schultern. »Gute Sache. Außerdem hoffe ich, dass irgendwann eine Festanstellung daraus wird.«
    »Obwohl sie ihre Angestellten beschissen bezahlen?«.
    »Ich mag die Kids. Und außerdem bezahlt Colossus mehr, als ich im Moment verdiene, das können Sie mir glauben.«
    »Und womit machen Sie die?«
    »Was?«
    »Ihre Auslieferungen.«
    »Per Fahrrad«, antwortete er, »mit einem Anhänger hinten dran.«
    »Und wohin liefern Sie?«
    »Hauptsächlich Südlondon. Ein paar Kunden hab ich auch in der City. Warum? Was suchen Sie?«
    Einen Van, dachte Barbara. Auslieferungen mit einem Van. Ihr fiel auf, dass Kilfoyle rot geworden war, aber sie wollte dem nicht mehr Bedeutung beimessen als Greenhams feuchter Oberlippe oder seinem weichen

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