130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen
aufhalten. Seit der Begegnung zwischen ihr und dem Chief-Inspector waren keine zwei Minuten vergangen. In dieser Zeit kam niemand weit.
Aber so aufmerksam und intensiv Iwan Kunaritschew auch suchte, er entdeckte nichts.
»Er hat phantasiert«, wisperte Edgar Mail, der seine Fassung noch immer nicht zurückgefunden hatte, als X-RAY-7 am Ort des Geschehens wieder eintraf. »Er wußte nicht, was er sagte . ..«
»Möglich. Vielleicht aber auch nicht, Towarischtsch.«
»Bette ist tot !«
»Vielleicht hat der Inspektor ihren Geist gesehen, Mister Mail. So etwas gibt es manchmal .«
Für Holler konnten sie nichts mehr tun. Er war tot! Der Anblick der Monsteraugen hatte ihn umgebracht, und das, was er gesehen hatte, war gleichzeitig in seinen eigenen Augen zurückgeblieben.
Der tote Chief-Inspector hatte rechts ein gelbes Raubtierauge und links das grüne, von einem blutroten Ring umgebene, übergroße Monsterauge, das Iwan Kunaritschew furchterregend und bedrohlich anglotzte.
X-RAY-7 legte seine Hand auf das Gesicht und wollte dem Toten die Augen schließen. Die Lider schnappten immer wieder zurück, als wären sie an unsichtbaren Gummis befestigt...
»Holler schien ziemlich sicher zu sein mit dem, was er sagte, Mister Mail... Ich kann’s auch kaum glauben. Aber wir werden es nachprüfen .«
Iwan Kunaritschew verlor keine unnötige Sekunde. Der schnellste Weg, die Sache einzukreisen, war jetzt, umgehend mit Larry Kontakt aufzunehmen. X-RAY-3 mußte sich noch in der Leichenhalle von Louth befinden.
Kunaritschew aktivierte seinen PSA-Ring und sagte ein Codewort in den winzigen Lautsprecher. Er wurde zwar wie immer automatisch mit der Zentrale verbunden, und die Computer zeichneten auch das Gespräch auf, das geführt wurde, aber das Codewort sorgte dafür, daß der Anruf über den PSA-eigenen Satelliten an die Person umgeleitet wurde, die er zu sprechen wünschte. Das war in diesem Fall sein Freund und Kollege Larry Brent.
»Hallo, Towarischtsch, kannst du mich hören ?«
Der Ruf kam einwandfrei in Louth an, und Larry meldete sich.
»Sehr gut, Brüderchen. Habe das Gefühl, du sitzt mir im Ohr, so klar ist deine Stimme. Irgendwelche Probleme? Ist dir das Benzin ausgegangen ?«
»Wenn’s nur das wäre, Towarischtsch, wäre mir wohler... Es ist etwas größer .« Knapp berichtete er, was sich ereignet hatte. »Wir haben noch ’nen Toten, Towarischtsch: Holler! Und umgebracht haben soll ihn - wenn ich seine letzten Worte richtig interpretiert habe - Bette Mail. Und jetzt bist du an der Reihe. Ihre Leiche liegt im gleichen Haus wie die Piet deJongs. Hast du sie in der Zwischenzeit gesehen ?«
»Ehe wir uns deJong ansahen, haben wir einen Blick auf die Leiche von Bette Mail geworfen .«
»Wie lange ist das her, Towarischtsch ?«
»Ungefähr eine halbe Stunde.«
»Choroschow ... dann seh’ nach, ob sie immer noch da ist und melde dich dann wieder !«
Larry Brent und Vanessa Merlin, die bereits dabei waren, die Leichenhalle zu verlassen und noch mal das Haus deJong aufsuchen wollten, um nachzusehen, ob es dort vielleicht eine Spur gab, die ihnen möglicherweise weiterhalf, eilten in die Kühlhalle zurück.
Die Leiche Bette Mails war noch beschlagnahmt.
Larry klappte das Laken zurück und blickte in das fahle Gesicht. Die Augen der Toten waren geschlossen. Das Blut an ihrem Hals war abgewaschen, und der rasiermesserscharfe Schnitt stach hart und unerbittlich von der makellos hellen Haut ab.
»Sie liegt hier, Brüderchen. Und es gibt auch keine Anzeichen, die darauf schließen lassen, daß sie während der letzten Minuten einen Ausflug unternommen hat .«
»Dann war’s ihr Geist, Towarischtsch, ein Doppelgänger oder eine Zwillingsschwester Bette Mails!
Die Sache wird immer mysteriöser .«
*
Das war sie in der Tat, und die PSA-Agenten stimmten ihre weiteren Aktivitäten daraufhin ab.
Es war eine Situation eingetreten, die in dieser Form niemand erwarten konnte. Schnellstmögliche Nachprüfungen waren angeraten.
Vanessa und Larry einigten sich darauf, daß die Agentin sich nicht nach Whisinggale begab, sondern in der Leichenhalle von Louth blieb, und zwar in unmittelbarer Nähe von Bette Mail. Die Tote mußte beobachtet werden.
Wer mit dem Ungewöhnlichen und Rätselhaften in dieser Welt auf Du und Du stand, mußte auch berücksichtigen, daß es Leichen gab, die als mordende Geister an einem anderen Ort erschienen.
Vanessa versprach, Augen und Ohren offen zu halten, und Larry fuhr zum Haus
Weitere Kostenlose Bücher