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130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen

130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen

Titel: 130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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fühlte sich an wie ein pelziger Fremdkörper.
    Suchend hielt Vivian Mail nach allen Richtungen Ausschau und lief so, daß sie die Berge, die sie der Form nach für die »Darling Ranges« hielt, immer im Rücken hatte.
    So stapfte sie in die Dämmerung hinein und wirkte in der öden, weiten und menschenleeren Landschaft Wie ¡eine Traumfigur, die die Richtung verloren hatte.
    Die eigenwilligsten Gedanken kämen ihr.
    Vielleicht war Bette gar nicht tot... vielleicht war das auch nur wieder eines ihrer »makabren« Spiele, um sie endgültig aus dem Haus zu treiben. Bette war wahnsinnig. Nie hatte es ihr jemand geglaubt oder angesehen. Nun war möglicherweise auch noch Edgar an der Reihe, ohne dem Schicksal entgehen zu können. Die wahnsinnige Bette machte reinen Tisch und rottete die Familie aus.
    Plötzlich bereute Vivian Mail ihren spontanen Entschluß zur Flucht.
    Sie hätte sich der Herausforderung stellen sollen, dachte sie. Bette war seit jeher eine gute Schauspielerin. Diesmal hatte sie sich selbst übertroffen. Und durch die überstürzte Flucht ihrer Mutter lag für die Polizei alles klar auf der Hand.
    Seltsam, daß' der Gedanke, Edgar könne nicht mehr am Leben sein, sich so in ihr festsetzte. Um so lebhafter und dringender wurde dadurch der Wunsch, wieder nach Hause zurückzukehren und den Fehler der Nacht gutzumachen.
    Aber da kam soviel zusammen.
    In ihr klaffte eine Gedächtnislücke. Wie war das wirklich alles abgelaufen zwischen ihrem Einschlafen im Auto und ihrem Erwachen unter dem Strauch? Wer hatte eingegriffen?
    Wie ein Roboter ohne Ziel taumelte
    Vivian Mail in den beginnenden Abend.
    Staub wirbelte zwischen ihren Füßen auf, und sie atmete diesen roten Flugsand ein.
    Der Himmel wurde dunkler, über den Hügeln der Darling Ranges ballten sich dunkle Wolken zusammen. Dort hinten schien sich ein Gewitter zusammenzuballen. Doch die Luft war nach wie vor windstill.
    Und - die Landschaft war menschenleer.
    Mehr als einmal verharrte die durstende, erschöpfte Frau im Schritt und hielt lauschend den Atem an.
    Das einzige, was sie sah, waren in der Ferne mal eine Känguruh-Familie, die mit weiten Sätzen in den Dunkelheit untertauchten, und einige Kaninchen, die ihren Weg kreuzten.
    Vivian Mail merkte, wir ihr die Knie weich wurden. Mit übermenschlicher Kraft zwang sie sich jedoch, auf den Beinen zu bleiben. Sie wußte, wenn sie erst mal zu Boden ging, würde sie kaum die Kraft aufbringen, sich wieder aufzuraffen.
    Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, und es kam ihr vor, als bewege sie sich auch selbst im Kreis. Sie kam an Erdhügel und Buschgruppen, deren Formation und Aussehen ihr bekannt erschienen. Sie lief wie in Trance immer weiter und setzte einen Schritt vor den ändern. Ihr brummte der Schädel. Ihr ganzer Körper war wie taub, und der Durst wurde zur unaussprechlichen Qual.
    Vivian Mail atmete schwer. Wie ein waidwundes Tier schleppte sie sich weiter, den Blick starr geradeaus gerichtet, kaum noch etwas wahrnehmend. Ihre Sinne waren wie abgestorben.
    Aber - was war das?
    Sie hörte Klänge einer Gitarre, eine leise Stimme, die dazu sang ...
    Scharf sog Vivian Mail die Luft ein, und in ihren matten Augen schien plötzlich neuer Glanz. Sie wirkte lebhaft, erschrocken wie ein aufgeschrecktes Tier.
    Diese Musik ... diese Stimmen ... waren das Wunschträume, Gaukeleien ihres kranken und strapazierten Bewußtseins? Gingen die Einflüsse zurück auf das betäubende Gift, das man ihr gegeben hatte, oder erlebte sie eine Sinnestäuschung, ein gnädiges Spiel ihres Bewußtseins, ehe sie nun endgültig zusammenbrach?
    Sie wandte den Kopf und sah in der Dunkelheit jenseits eines Erdwalles hinter Büschen flackernden Feuerschein.
    Ein Lagerfeuer?
    Vivian Mail wollte aufschreien und jauchzen. Doch nur ein klägliches dumpfes Stöhnen entrann ihrer Kehle.
    Die Frau lief los, mobilisierte noch mal ihre Kräfte, torkelte wie eine Betrunkene auf den Erdhügel zu, stolperte und kam nicht mehr hoch. Auf allen vieren, Mund und Augen voller Sand, kroch sie weiter.
    »Hilfe !« rief sie. »H-i-l-f-e!«
    Das Gitarrenspiel war ganz nahe und brach nicht ab.
    Der andere hörte sie nicht, ihre Stimme war viel zu leise.
    Vivian Mail war verzweifelt und forderte das letzte von sich, um den Erdhügel, der keine fünf Meter hoch war, zu erklimmen. Ihr Körper spannte sich, ihre Muskeln zitterten, aber nur zentimeterweise kam sie vorwärts.
    Sie krallte ihre Hände in Grasbüschel, erreichte den Kamm und konnte über den

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