130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen
erschreckte die Frau.
Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb Vivian Mail gellend aufschrie.
Der Hauptgrund war, daß der Eingeborene nur ein einziges Auge hatte. Und zwar wie ein Zyklop - mitten auf der Stirn!
*
Vivian Mail schrie, wirbelte herum und stürzte dem Haus entgegen.
»Edi! Um Himmels willen! Edi! Schnell !« Sie stolperte, fing sich und kam glücklicherweise nicht zu Fall.
Sie jagte über die Terrasse, riß die Schiebetür hinter sich zu und ließ sie ins Schloß einrasten.
Sie wagte nicht, noch einen Blick in den Garten zu werfen, wo der unheimlich aussehende Einäugige aufgetaucht war.
Wer war es? Was wollte er hier? Und weshalb hatte er nur ein Auge mitten auf der Stirn?
Das war etwas, was sie am meisten verwirrte und ängstigte. Es war etwas in ihr Leben getreten, das sie sich nicht erklären konnte.
Ihr Schrei hallte durch das Haus und vermählte sich mit einem anderen, der von oben kam.
»Vivian! Was hast du getan ?«
Das war Eds Stimme. Seine merkwürdige Fragestellung fiel ihr weniger auf als seine schrille, sich überschlagende Stimme, als hätte er etwas Grauenhaftes entdeckt.
Vivian Mail stürzte durch den Korridor und die Treppe hoch.
Licht flammte auf.
Auf dem Treppenabsatz stand hoch- aufgerichtet und leichenblaß Edgar Mail.
»Im Garten ist ein Mann, Ed! Er sieht unheimlich aus !« Vivian Mail beschrieb sein Aussehen, während sie aufgeregt und außer Atem im Tempo die Stufen nahm. »Du mußt etwas tun. Ruf die Polizei an ... Das ist das beste. Ich möchte nicht, daß du nach draußen gehst. Vielleicht ist er bewaffnet. Er sah bedrohlich und furchtbar aus und ...«
»Vivian!« Er schrie so laut, daß sie zusammenfuhr, zwei Stufen vor ihm stehen blieb und ihn erschreckt musterte. »Laß dein Gerede, zügele deine Phantasie ... Ich begreife, du hast alles wunderbar eingefädelt. Was für ein Theater! Alles ... alles war immer Theater! All die Jahre . .. Komm mit !«
»Aber der Einäugige, Ed, er ...«
»Was willst du jetzt damit, Elende! Willst du mich hier weglocken? Hast du es dir anders überlegt? Es ist zu spät. Ich habe bereits entdeckt, was du getan hast...«
Mit weit aufgerissenen Augen stand sie vor ihm, hatte ihn nie so erregt und wütend gesehen. Wirr hingen die Haare in sein Gesicht, und auf seiner Stirn perlte der Schweiß.
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Ed, was ist nur ... los mit dir ?«
»Mit mir - ist nichts los. Aber mit dir, Vivian!«
»Au, du tust mir weh !« stieß sie hervor, als seine Rechte blitzschnell nach vorn zuckte und mit eisernem Griff ihr schmales Armgelenk umspannte.
Er riß sie hart nach oben, so daß sie auf den beiden letzten Stufen stolperte und beinahe hinfiel.
Wortlos zerrte Edgar Mail seine völlig irritierte Frau zur weit offenen Tür von Bettes Schlafzimmer.
Er stieß sie förmlich in den Raum. Das Deckenlicht war eingeschaltet, und im hellen Schein bot sich der am ganzen Leib zitternden Frau ein grausiger Anblick.
Zwischen den weißbezogenen Kissen lag, die Arme seitlich abgespreizt, eine junge Frau mit schulterlangem, schwarzem Haar und weißer Haut.
Bette Mail schlief nicht. Um ihre Kehle zog sich ein dünner, blutroter Ring. Man hatte der Achtzehnjährigen die Kehle durchgeschnitten ...
*
In der festlich geschmückten Kellerbar der Linleys ging’s hoch her.
Da wurde gescherzt, gelacht, getanzt und gesungen, daß es durch’s ganze Haus hallte.
Aber da sowieso niemand schlief und das Nachbarhaus mehr als eine Steinwurfweite entfernt lag, konnten sich die Feiernden austoben.
Andrew feierte seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag und hatte dazu seine Freunde und Bekannten eingeladen.
Rund vierzig Gäste waren in der Bar versammelt, die damit auch völlig ausgelastet war.
Unter ihnen befand sich auch Vanessa Merlin alias X-GIRL-P, die australische PSA-Agentin.
Vanessa tanzte in dieser Nacht ausgiebig. Es waren viele junge Männer anwesend, die auf die gutaussehende, sportliche Dunkelhaarige aufmerksam wurden. Vanessa ließ keine Gelegenheit zum Tanz aus.
Ständig war sie besetzt, und wenn für eine halbe Minute mal die Musik schwieg, weil die Tonbandkassette gewechselt werden mußte, wurde die Agentin zur Bar geschleppt, an der es Sekt und Bier, Wein und Whisky gab. Wer genug hatte vom Alkohol, bekam auf Wunsch auch ’ne Cola oder einen Fruchtsaft.
Andrew Linley war diesmal der Glückliche, der den letzten Rock ’n’ Roll vor dem Band Wechsel mit Vanessa getanzt hatte. Andrews
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