130 - Der Wahnsinnige
Schächte, und die Räume und Säle waren miteinander verschachtelt.
Das Innere des Hermes-Trismegistos-Tempels war ein Labyrinth, in dem sich auch ein Dämon verirren konnte. Luguri paßte jeden Moment scharf auf und war bereit, einem Angriff oder einer Gefahr mit der geballten Kraft seiner Schwarzen Magie zu begegnen. Noch war nichts geschehen. Das von Luguri erzeugte Licht erhellte geisterhaft die Tempelgänge. Glatt wie Glas waren die Wände. Sie strahlten ein helles Licht aus, das mit den Dämonen wanderte; und allmählich stieg auch die Temperatur im Innern des riesigen Steinstandbildes.
Luguri bemerkte es. Der geheimnisvolle Metabolismus des Tempels reagierte auf die Ausstrahlungen der Dämonen. Würde er die Eindringlinge vernichten, oder sich selbst?
Luguri blieb stehen. Der Gedanke, daß er so kurz vor dem Ziel eine Pleite erleben könnte, war ihm unerträglich.
„Hermes Trismegistos!" rief er, daß es von den Wänden widerhallte. „Hier ist dein alter Widersacher Luguri! Komm endlich und verkriech dich nicht länger! Stell dich dem Kampf!"
Ein Brausen und Dröhnen war die Antwort. Es schwoll an und wurde immer lauter. Luguris Stimme war es, die wie von einem ungeheuer leistungsfähigen Verstärker zurückgeworfen wurde. Sie ließ den Tempel vibrieren, bis Luguri seine Krallenhände vorreckte und magische Zeichen in die Luft setzte. Glühende Fanale entstanden in der Luft, wuchsen rasend schnell und drangen ins Gestein ein. Plötzlich war es völlig still. Trigemus, der Rattenmann, hatte sich geduckt, und seine Blicke huschten umher.
„Mir gefällt es hier nicht", sagte er.
Luguri hörte seine Worte nicht, verstand sie nur in seinem Geist. Der infernalische Lärm hatte ihn für die nächste Zeit taub gemacht. Einem normalen Menschen wären die Trommelfelle geplatzt, aber ein Dämon hielt wesentlich mehr aus.
Ein Wink Luguris brachte Trigemus zum Schweigen. Der Erzdämon spürte den mentalen Anprall der Angst und Verzweiflung wie einen Schock. Es waren seine Dämonen, die ihn auf geistigem Wege zu Hilfe riefen. Luguri begriff nicht gleich, worum es ging. Dann sah er, wie er selbst und seine Begleiter in den Boden einsanken, wie ihre Füße und Beine zerflossen, zu schwarzen Schatten wurden. Jetzt verstand der Erzdämon den Sinn der Hilferufe seiner Dämonen.
Sie wurden zweidimensional, zu Schatten. Wenn er nicht eingriff, und zwar sofort, würden sie für immer durch den Tempel irren, in der zweiten Dimension gefangen. Schon hatte einige dieses Schicksal ereilt. Trigemus war bis zur Hüfte im Boden eingesunken, ein Vampir bereits völlig zu einem Schatten geworden. Auch der Januskopf wurde von dem völlig glatten Boden aufgesogen.
Dorian Hunter und seine Begleiter hatten, als sie zum erstenmal in den Hermes-Trismegistos- Tempel eindrangen, eine ähnliche Prüfung bestehen müssen.
Luguri stieß einen irren Schrei aus, den keiner von seinen Dämonen hören konnte, weil sie wie er vorübergehend taub geworden waren. Der Erzdämon bot seine ganze magische Kraft auf, um den Effekt zu bekämpfen, der ihn, die anderen Dämonen und die Breydur-Sklaven vernichten wollte. Luguri besaß eine ungeheure magische Energie, die sich in den Jahrtausenden seiner Existenz entwickelt hatte. Auch in jener Zeit, die er in einem Dolmengrab verbracht hatte, war sie weiter gewachsen. Luguri wußte, daß es ums Ganze ging. Die gewaltige Anstrengung, die er machte, mußte entweder ihn vernichten oder die ihm feindlichen Kräfte.
Luguris böser Geist erfüllte den Tempel. Die Kräfte der Schwarzen Magie durchfluteten ihn. Ein Ruck ging durch das steinerne, von Lavagestein und Eis bedeckte Standbild, dann stand Luguri, der schon bis zu den Knien eingesunken war, wieder in seiner ganzen Größe da. Ebenfalls Trigemus, der Chakra und drei weitere Dämonen. Zwei von den Begleitern des Erzdämons aber fehlten; die zweite Dimension hatte sie behalten.
Luguri lehnte sich an die Wand, denn die gewaltige Anstrengung hatte ihn erschöpft. Die Dämonen umringten ihn. Weitere kamen hinzu. Sie bestürmten den Erzdämon mit Fragen, die er nicht beantwortete.
Als er sich wieder ein wenig erholt hatte, spürte er, daß etwas in dem Tempel sich verändert hatte. Die Atmosphäre war anders geworden. Luguri bemerkte Anzeichen der Auflösung. Die Ausstrahlungen und die bösen Kräfte des Erzdämons und seiner Schar hatten dem Hermes-Trismegistos- Tempel Schäden zugefügt, die nicht mehr zu reparieren waren.
Luguri mußte sich beeilen,
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