1304 - Die Voodoo-Gräfin
auch nicht geduckt. Was sie da sah, kannte sie.
Es waren die beiden Bulldoggen…
***
Die Voodoo-Gräfin sagte auch weiterhin kein Wort und hielt nur den Blickkontakt mit Helen.
Auch sie sagte kein Wort. Sie hätte diese Person angeschrien, wenn es ihr möglich gewesen wäre, doch sie brachte keinen Ton heraus. Nicht mal ein Stöhnen oder Seufzen. Sie war einfach durch den Anblick dieser Person blockiert. Zu viel hatte sie einstecken müssen, und das waren Schläge gewesen, die ihre Seele getroffen hatten.
Ein flüchtiger Gedanke nur galt der Tierärztin. Ihr war klar, dass auch sie es nicht geschafft hatte, die Voodoo-Gräfin aufzuhalten. Sie gewann eben immer. Das hatte sie auch in ihrer Festung bewiesen.
»Hier bist du also«, unterbrach Alexandra das Schweigen.
Beinahe hätte Helen gelacht. Diese Person tat so, als hätte sie nichts gewusst. Das war einfach lächerlich. Aber sie ging auf das Spiel ein. »Ja, ich bin hier. Und ich fühle mich wohl, das kannst du mir glauben. Auch wenn ich…«
Die Gräfin ließ sie nicht aussprechen. »Hör auf und rede nicht so viel herum. Du bist geflohen, und dir geht es auch nicht besonders. Habe ich Recht?«
»Mir geht es besser als in der Festung.«
»Das kann ich nicht beurteilen. Aber ich möchte dich trotz allem an unsere Regeln erinnern. Wer einmal bei uns ist, der verlässt uns nicht. Nur dann, wenn ich es auch will und die Erlaubnis gegeben habe. Ich kann mich nicht erinnern, dass das bei dir der Fall gewesen ist. Ich habe dir keine Erlaubnis gegeben, das weißt du genau. Du hast die Regeln missachtet und bist geflohen.«
Helen Pride wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ja, es stimmte alles, was die Gräfin gesagt hatte. Die Regeln waren von ihr missachtet worden, aber sie lebten nicht mehr im Mittelalter, sondern im 21. Jahrhundert. Sie waren freie Menschen und keine Sklaven.
Genau das wollte sie der Gräfin auch sagen, aber die kam ihr zuvor. »Lass es lieber, meine Teure, es ist besser für dich, das kannst du mir glauben.«
»Wieso? Ich…«
»Es ist besser!«
Da war er wieder. Dieser scharf gesprochene Befehl, den sie verdammt hasste. Oft genug hatte sie ihn sich anhören müssen, und jedes Mal war der Hass in ihr höher gestiegen. Auch jetzt hasste sie diese Frau, die ihr neben dem Bett so groß vorkam. Sie wäre ihr am liebsten an die Kehle gesprungen, nur war sie dazu nicht in der Lage.
Außerdem hätte sie sich das auch nicht getraut.
»Und jetzt komm mit!«
»Wie bitte?« Helen tat, als hätte sie die Aufforderung nicht verstanden.
»Du sollst mitkommen.«
»Das geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil ich, weil ich…«, sie suchte nach einer Ausrede, die sie gar nicht brauchte, denn ihr rechter Fuß redete eine deutliche Sprache.
Sie würde nicht laufen können, nur hüpfen.
»Nun…?«
»Ich bin verletzt.«
»Wo?«
»Am Fuß.«
»Dafür dass du verletzt bist, hast du eine verdammt große Strecke laufen können, das will ich dir sagen.«
»Es ist erst hier passiert. Kurz vor dem Haus. Ich bin auf einem Bordstein umgeknickt.«
»Ah ja. Ansonsten hast du die Strecke ganz locker geschafft. Es ist auch nur ein Katzensprung. Du bist sogar schneller gewesen als meine beiden Lieblinge. Da muss ich dir ein großes Kompliment machen. Das ist einmalig.«
»Ich will nicht weg!«
»Du musst.« Mehr sagte die Gräfin nicht. Sie schlug stattdessen die Decke ein Stück zurück, damit sie den bandagierten Fuß sehen konnte und nun wusste, dass sie nicht angelogen worden war. Zum Glück hatte sie die Decke nicht zu weit nach hinten geschlagen, dann hätte sie nämlich die Figur gesehen, die Helen mit der linken Hand festhielt und eng an ihren Körper gepresst hatte.
»Ich werde dich tragen. Mein Wagen steht ganz in der Nähe. Das ist kein Problem.«
»Nein, ich bleibe.«
Die Voodoo-Gräfin schaute auf Helen nieder. Ihre Augen hatten sich verändert. Sie waren noch roter geworden. Der Blick zeigte eine Intensität, wie Helen sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie bezweifelte, dass ein zweiter Mensch auf der Welt so schauen konnte. Es war der Blick eines Tiers, eines Reptils.
»Du kommst jetzt mit! Es gibt keine Diskussion mehr!« Die Gräfin war es leid. Sie wollte endlich Nägel mit Köpfen machen und packte hart zu. Das rechte Handgelenk bekam sie zu fassen und zog Helen hoch, die noch gar nicht richtig begriffen hatte, dass ihr Besuch hier auf eine so dramatische Art und Weise beendet werden sollte.
Sie musste es sich einfach gefallen
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