1304 - Die Voodoo-Gräfin
scharf angesetzten Bewegung schwang sie sich in die Höhe.
Jetzt saß sie auf der Couch!
Sie starrte ins Leere und dabei über ihren Körper hinweg. Ein Ziel war nicht zu sehen. Es sei denn, sie hätte sich auf Carlotta konzentriert, die noch immer an der Tür stand.
Der nächste Ruck. Die Bewegung nach rechts. Das Herumschwingen der Beine. Das alles deutete darauf hin, dass sie aufstehen wollte und es auch tat.
Sie drückte sich in die Höhe und stand plötzlich vor dem Bett.
Carlotta hatte uns von ihrer Verletzung berichtet, die auch jetzt noch vorhanden war. Um ihren rechten Fußknöchel war ein heller Verband gewickelt. Als normaler Mensch hätte sie sich nicht auf dem Fuß aufstützen können. Das hätte in Schmerzensschreien geendet. Das passierte hier nicht, denn ein Zombie kennt keinen Schmerz.
»Jetzt bin ich mal gespannt, wo sie hin will«, flüsterte Suko mir zu.
»Vielleicht zur Gräfin.«
»Wäre ein verdammt weiter Weg.«
»Stimmt auch wieder.«
Wir hatten leise gesprochen. Allerdings nicht leise genug, denn wir waren trotzdem von der Gestalt gehört worden, die jetzt langsam den Kopf drehte und uns anschaute.
Da waren sie wieder. Diese starren Augen ohne einen Funken Leben. Sie erinnerten mich an Platten, die man hineingeschoben hatte. Ob Luft nach oben in die Kehle gestiegen war und sich deshalb so ein würgender Laut löste, war uns unbekannt. Jedenfalls hörten wir ihn, und er schien zugleich so etwas wie ein Startsignal zu sein.
Die Untote wollte uns.
Sie roch das Fleisch. Sie würde ihrem Trieb nachkommen und uns töten.
Ich stand ihr näher als Suko. Sie griff nach mir, und von der Tür her hörte ich den leisen Schrei. Bevor sie mich zu fassen bekam, wich ich zurück.
Die Klauen sackten vor mir weg, und ich hätte jetzt meine Beretta ziehen können.
Das wollte Suko nicht. »Lass es mal die Peitsche machen, John.«
»Okay.«
Der Kreis war schnell geschlagen. Die Bewegung lenkte Helen auch ab. Sie drehte den Kopf und schaute zu, wie die drei Riemen aus der Öffnung rutschten.
Dass diese Waffe für dieses Wesen absolut tödlich war, wusste es nicht. Suko hob die Peitsche an.
Ich hatte ihn schon oft in Aktion gesehen. Diesmal schlug er nahezu weich zu. Die aus Dämonenhaut bestehenden Riemen fächerten auseinander und erwischten den Körper.
Es war ein leises Klatschen zu hören, denn auch die nackten Beine wurden getroffen.
Kein Schrei drang uns entgegen, obwohl die Untote ihren Mund so weit wie möglich aufgerissen hatte. Sie schien an etwas erstickt zu sein, blieb zudem nicht mehr normal stehen, sondern geriet ins Schwanken und sackte mit einer schon sanften Bewegung nach links, bevor der Körper wieder auf der Couch landete.
Suko nickte. »Da sieht man wieder, wie kurz auch die Existenz einer Untoten sein kann.« Er steckte die Peitsche wieder weg.
Ich schaute auf die Gestalt. Die Riemen hatten ihre Spuren hinterlassen und die Haut wie welkes Papier von den Beinen gerissen.
Nicht nur dort verging die Gestalt, auch der Oberkörper wurde grau, doch die Haut brach nicht. Sie blieb dort und sah aus wie altes Papier, das jemand um die Gestalt gewickelt hatte.
Jetzt traute sich auch unsere junge Freundin näher. Sie blieb neben Suko stehen. »Ich bin nur froh, dass ich die Holznadel nicht aus dem Körper gezogen habe. Ich hätte wirklich…«
Mein Freund strich Carlotta über das Haar. »Mach dir keine Gedanken, die Gefahr ist vorbei. Und wir werden die Leiche auch nicht hier im Wohnzimmer lassen. Kennst du einen Ort, an dem wir sie aufbewahren können?«
»Ja, es gibt hier im Anbau noch leere Ställe.«
»Das ist doch wunderbar.«
»Und was passiert danach?«
»Es bleibt wie beschlossen«, erklärte ich, »denn ich habe noch nie eine Voodoo-Gräfin gesehen…«
***
Bald – bald würde sie zu ihr gehen und ihr erklären, was sie mit ihr vorhatte. Alexandra di Baggio amüsierte sich schon jetzt, wenn sie sich vorstellte, wie der Zauber bei dieser Tierärztin wirken würde.
Sie würde zwar noch aussehen wie ein Mensch, aber sie würde keiner mehr sein, das stand für sie fest.
Bei Helen war es nur eine Bestrafung gewesen. Noch nicht mit allen Konsequenzen verbunden.
Doch bei Maxine Wells…
Sie würde sterben. Auf eine magische Art und Weise würde sie dem Tod die Hand reichen, und der würde sie wieder loslassen, um sie dann in ein anderes Leben zu entlassen.
Die Freude der Gräfin war so gewaltig, dass sie einfach lachen musste, denn die Zukunft sah für sie
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