1305 - Im Schloss der Zombie-Frauen
über dem Dach und suchten nach einem idealen Landeplatz.
Das Glas der Fenster auf dem Dach schimmerte matt. Es gab keine Gauben, auch keine Erker. Hier hatte man schmucklos und praktisch gebaut.
Aber auch in die Erde hinein, denn Carlotta hatte von einem Keller gesprochen. Wofür er benötigt wurde, wusste sie allerdings nicht. Keiner Frau war es erlaubt, ihn zu betreten.
Die Hälfte des Dachs war okay, die andere zeigte Lücken. Da hatte der Wind die losen Pfannen weggeweht und so große Löcher hinterlassen, dass wir durch das Gebälk in den darunter liegenden Raum schauen konnte. Ich wäre dort gelandet.
Als ich Carlotta den Vorschlag machte, war sie dagegen. »Es gibt von dort keinen Zugang in den normalen Teil. Wir müssen es schon auf dem vorderen Dach versuchen.«
Ich hatte erkannt, dass die Fenster groß genug waren, um auch einen Menschen durchzulassen. Natürlich nur, wenn die Scheibe eingeschlagen worden war.
Sanft glitten wir dem Ziel entgegen. Carlotta hielt mich noch immer in den Achselhöhlen gepackt. Da musste sie schon eine ziemliche Kraft aufwänden, was ihr nichts ausmachte. Wieder mal erlebte ich, wie kräftig das junge Mädchen war.
Wir sanken noch tiefer. Carlotta ging wirklich sehr behutsam zu Werk. Sie ließ mich auch nicht los, als meine Füße über die Dachpfannen schrammten.
»Okay?«
»Ja, es geht.«
Ich ging in die Hocke, stützte mich auch mit den Händen ab, und erst jetzt ließ mich Carlotta los. Sie blieb allerdings in der Nähe, um im Notfall wieder eingreifen zu können.
Die Pfannen waren feucht, aber nicht glatt. Das merkte ich an meinen Schuhsohlen. Ich drehte mich und setzte mich jetzt auf das Dach, die Beine nach vorn gestreckt und leicht angewinkelt.
Carlotta schwebte noch über mir.
Sie flog einen letzten Kreis und legte noch in der Bewegung die Flügel an, bevor sie sich nach unten sinken ließ und neben mir landete.
Auch ihr Gesicht war durch die Kälte gerötet worden, aber sie strahlte mich an.
»Geschafft, John!«
»Sicher. Danke übrigens, dass du nach mir gegriffen hast. Sonst läge ich jetzt dort unten als Toter.«
»Es war meine Schuld, John.«
»Hör auf damit. Ich weiß schon, wie der Hase gelaufen ist. Ich habe vergessen, wo ich mich befand.«
»Aber jetzt weißt du es – oder?«
»Und wie.«
»Dann kann es ja losgehen.«
Carlotta kniete schräg neben und auch vor mir. Ich ahnte schon etwas, aber ich fragte sicherheitshalber nach. »Du meinst doch, dass es für mich losgeht?«
»Auch.«
Ich schluckte erst mal. Mit wesentlich leiserer Stimme frage ich weiter: »Soll das heißen, dass du nicht mehr zurückfliegst und im Haus wartest?«
»Genau das soll es heißen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Carlotta, nein. Das war so nicht abgemacht.«
»Haben wir denn etwas abgemacht?«
»Darauf kannst du dich verlassen. Du solltest mich nur hinbringen. Um alles andere kümmere ich mich dann.«
»Tut mir Leid, John, daran kann ich mich nicht erinnern.« Sie lächelte mich dabei entwaffnend an.
Verdammt noch mal, Carlotta war wirklich ein Biest. Sie brachte mich in eine Zwickmühle. Auf der einen Seite war ich ihr dankbar, dass sie mich letztendlich so sicher hergebracht hatte, auf der anderen wollte ich nicht, dass sie sich in Gefahr begab. Es gab ja nicht nur die Voodoo-Gräfin. Hier in der Festung lebten noch mehr Frauen. Wenn alle so waren wie Helen Pride, konnte es gefährlich werden.
Sie schaute mich noch immer an. Ich schüttelte den Kopf.
»Was bedeutet das?«
»Kann ich dir sagen, Carlotta. Ich bin nicht damit einverstanden, dass du hier bei mir bleibst.«
»Sag nicht, dass es zu gefährlich ist.«
»Doch, das ist es.«
»Aber es macht mir nichts aus. Du darfst nicht vergessen, dass es um eine Frau geht, die ich sehr mag. Sollte ihr Gefahr drohen, dann muss ich etwas unternehmen. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich nicht versucht hätte, sie zu retten. Außerdem sind meine Kräfte nicht so schwach wie es den Anschein hat. Das solltest du auch wissen, John.«
»Das ist allerdings wahr.«
»Dann schlag ein.«
Sie hielt mir die Hand hin. Ich zögerte noch, aber letztendlich blieb mir keine Alternative. Ich schlug ein und spürte den festen Händedruck. »Gut, dann werden wir es gemeinsam versuchen, John. Wir schlagen uns durch und holen uns die Voodoo-Gräfin.«
Nichts anderes hatte auch ich vor. Aber ich war skeptisch.
Außerdem wusste ich zu wenig über die Verhältnisse hier in der Festung und fragte Carlotta
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