1306 - Hexenbalg
anders. Kühler und manchmal auch dichter. Hier war das nicht der Fall. Sie blieb völlig normal, und da streifte auch nichts über meine Haut hinweg.
Ich gab trotzdem nicht auf. Jane würde bestimmt nicht erwachen, wenn ich sie berührte. Das tat ich jetzt. Ich legte meine flache Hand auf ihre Stirn. Vielleicht konnte der Kontakt bis zu mir hergestellt werden, das passierte leider auch nicht.
Ziemlich frustriert zog ich mich wieder zurück und bekam Janes Flüstern zu hören. Diesmal sprach sie so schnell, dass ich kaum ein Wort davon verstand. Aber ich hörte einige Namen.
Edita… Rischen oder Fischen. Wälder und Teufel, doch es waren nur Fragmente.
Jane beruhigte sich wieder. Ihr Atem ging regelmäßig, doch sie zeigte keine Anzeichen für ein Erwachen. Sie blieb still liegen, und ich hatte den Eindruck, dass sie wieder lauschte.
Einiges hatte ich gehört. Es war zu wenig. Und ich wusste auch nicht, ob Jane mir nach ihrem Erwachen alles erzählen konnte.
Wenn sie mit einem Geist in Verbindung stand, dann musste es auch möglich sein, den Geist irgendwie zu bannen.
Mit der Hand hatte ich es nicht geschafft, und deshalb wollte ich das Kreuz einsetzen. Es war natürlich viel sensibler und würde mir Bescheid geben, ob sich in der Nähe der Detektivin überhaupt etwas tat. Das zumindest hoffte ich. Das Kreuz konnte ein Indikator sein. Sowohl positiv als auch negativ.
Ich warf noch einen letzten Blick auf Jane, die sich wieder beruhigt hatte. Kein Zittern mehr, kein Verziehen des Gesichts. Sie lag wieder ruhig auf der Couch.
Eilig hatte ich es nicht. Ich befürchtete auch nicht, dass der Kontakt schnell vorbei sein würde. Was sich einmal so intensiv aufgebaut hatte, würde auch bleiben.
Schon bedächtig holte ich den Talisman hervor. Ich überlegte, ob ich das Kreuz direkt auf Janes Körper legen oder erst mal damit über ihre Gestalt hinwegfahren sollte.
Die dünne Kette wickelte ich um mein rechtes Handgelenk. Dann ging ich zum Fußende der Couch.
Hier fing ich an.
Wie ein Kunstmaler mit seinem Pinsel vorsichtig über die Leinwand streicht, so führte ich das Kreuz behutsam auf Janes Gesicht zu.
Dabei war ich voll konzentriert. Ich ließ mich auch von anderen Gedanken nicht ablenken und achtete sehr auf das Metall, ob es sich erwärmte oder nicht.
Mit Jane passierte nichts. Sie blieb weiterhin ruhig auf dem Rücken liegen, die Hände allerdings waren zu leichten Fäusten geballt. Es bestand also schon ein gewisse Anspannung.
Ebenso bei mir. Nur gab ich mich äußerlich sehr ruhig und kontrolliert. Ich atmete durch den offenen Mund und verfolgte dabei sehr genau den Weg des Kreuzes.
Es gab mir noch keinen Hinweis, obwohl ich bereits die Hüfte der Detektivin erreicht hatte. Das störte mich nicht, weil ich mir sicher war, dass die andere Kraft das Zimmer und damit Janes unmittelbare Nähe nicht verlassen hatte.
Um sie drehten sich meine Gedanken. Woher kam sie? Was wollte sie? Die Antwort auf die zweite Frage erschien mir wichtiger. Ich glaubte, eine Antwort zu wissen.
Möglicherweise war da etwas auf dem Weg, um Jane Collins um Hilfe zu bitten. Da war der Name Edita gefallen. Ich hoffte stark, durch die andere Seite herauszufinden, um wen es sich dabei wirklich handelte. Dass es die Person gab, stand für mich außer Zweifel. Es kam nur darauf an, ob in einer positiven oder negativen Reihe.
Das Kreuz näherte sich Janes Oberkörper. Ich hatte den Körper noch nicht berührt und beobachtete nicht meinen Talisman, sondern Janes Gesicht.
Sie blieb ruhig. Nur zwei Sekunden. Dann riss sie plötzlich die Augen auf. Sie geriet dabei in einen schlafenden Wachzustand. So paradox dies auch klingt, aber mir kam es so vor. Ein Mensch im Normalzustand hätte mich gesehen. Auch Jane Collins schaute mich an, aber ihr Blick ging durch mich hindurch.
Das Kreuz erwärmte sich!
Ich hatte den zentralen Punkt erreicht. Jetzt musste etwas passieren mit der Kraft, unter der Jane litt.
Es passierte auch etwas. Nur anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich vernahm ein im ersten Moment nicht zu identifizierendes Geräusch. Vielleicht so etwas wie einen kurzen Schlag, der aber kein Ziel hatte. Ich sah nichts und wusste nur, dass das Geräusch hinter mir aufgeklungen war.
Ich hörte Schüsse!
Blitzschnell fuhr ich herum. Dabei sackte ich in die Knie. Dann lachte ein Mann donnernd auf. Im nächsten Moment erklang Geigenmusik. Sie wurde abgewechselt vom Quietschen von Autoreifen und dem Kreischen von Blech, das
Weitere Kostenlose Bücher