1310 - Unternehmen Götterschrein
unumwunden zu. „Wir wissen zwar viel über die Einrichtungen und Besonderheiten des Upanishad-Territoriums, aber längst nicht alles. Was Nia und ich damals sahen, können wir vergessen, denn da beschränkte sich die Upanishad auf den Gipfel des Everest, während sie sich bis heute gleich einer Krebsgeschwulst über das faktisch gesamte Himalajamassiv ausgebreitet hat. Unsere Informationen stammen vielmehr hauptsächlich von ehemaligen jüngeren Kodextreuen, die durch Anti-KM-Serum von ihrer Indoktrination befreit wurden.
Von ihnen hat aber keiner den SOTHOM betreten, und keiner wußte mit hundertprozentiger Sicherheit, ob Stygians Hauptquartier tatsächlich an der Südflanke, und zwar etwa auf halber Höhe, des Makalu steht. Es spricht jedoch vieles dafür. Aber wir werden es selbst herausfinden müssen. Genauso, wie wir selbst herausfinden müssen, wie der SOTHOM gegen Unbefugte abgesichert ist und ob wir den Syntron, in dem Stygians Pläne für eine Großaktion gegen die galaktische Eastside gespeichert sind, zur Freigabe dieser Informationen zwingen können."
„Wozu haben wir eigentlich Tinta vorgeschickt?" wandte Elsande ein. „Sie dürfte sich inzwischen in der Upanishad befinden. Ich kann jedenfalls ihr Gehirnwellenmuster nicht finden, was nur bedeuten dürfte, daß sie sich hinter einem Schirmfeld mit psionischer Komponente aufhält."
Ich blickte zu ihr hin und sah, daß die Antifrau einen Sicherheitsbehälter geöffnet und zur Abgabe eines Paratautropfens geschaltet hatte, den sie in der Hand hielt, wo er in der Art einer Sublimation deutlich sichtbar „dahinschmolz". Mit der auf sie übergehenden psionischen Energie des Parataus wurde ihre latente Fähigkeit der Telepathie akut und damit anwendbar. Mit einer Überdosis würde sie sogar zusätzlich zur Suggestorin werden. Aber das durfte sie nur im äußersten Notfall riskieren, denn es bestand bei Überschreitung einer kritischen Grenze immer die Gefahr der psychischen Auszehrung.
„Tinta wird uns unterstützen, sobald und so gut sie kann", sagte ich. „Mit ihrer latenten Begabung der Extra-Temporären-Perzeption soll sie uns aber in erster Linie dabei unterstützen, nach der geglückten Operation wieder aus dem Upanishad-Territorium hinauszukommen. Wir müssen damit rechnen, daß wir im SOTHOM einen Alarm auslösen und daß wir angegriffen werden, während wir uns zurückziehen."
„Richtig", bekräftigte Tiff meine Aussage. „Deshalb darf Tinta nicht zu früh aktiv werden und sich womöglich verraten. Wir werden übrigens das Upanishad-Territorium so wieder verlassen, wie wir es betreten, nämlich mit Hilfe unserer TIPIS."
Er warf einen Blick auf seine Zeitanzeige, dann stand er auf.
„Es geht los!" verkündete er. „Fühlt sich jemand nicht imstande, am Einsatz teilzunehmen?" Er musterte dabei vor allem Elsande und Sid.
Als niemand sich meldete, aktivierte er seinen Kodegeber für die TIPIS, dann ging er uns allen voran in Richtung Ausgang. Wir schlossen uns ihm an - und die vier Transmi-Roboter folgten uns.
8. BERICHT TINTA RAEGH
„Das also ist Schloß Neuschwanstein!" rief ich impulsiv, als der Space-Jet von unten durch die dichte Wolkendecke stieß und das fragil wirkende erste Bauwerk der Tschomolungma im hellen Sonnenlicht vor uns auf dem planierten Gipfel des Mount Everest stand.
Im nächsten Moment bereute ich meinen unüberlegten Ausruf. „Schloß Neuschwanstein" nannten wir Gois dieses Bauwerk spöttisch unter uns. Ein Panish mußte diese Bezeichnung womöglich als beleidigend empfinden.
Aber Nessa Cludo lachte nur.
Allerdings wurde er schnell wieder ernst und ermahnte mich, diese Bezeichnung anderen Lehrern der Heldenschule gegenüber nicht zu gebrauchen.
„Vor allem die Panish Panisha Somodrag Yag Veda und Otharvar Ris Bhran würden allergisch, darauf reagieren", ergänzte er. „Für sie ist das erste Gebäude der Tschomolungma eine Art Heiligtum. Aber sie sind ja auch keine Terraner. Ich dagegen bin dort geboren."
„Im Schloß Neuschwanstein?" erkundigte ich mich. „Im Original?"
„Nicht ganz", erwiderte der Panish. .Aber fast, nämlich nur rund siebenhundert Kilometer nordwestlich davon - und was sind schon siebenhundert Kilometer!"
Ich nickte.
Siebenhundert Kilometer waren natürlich nichts für jemanden, für den siebenhundert Lichtjahre ein Klacks waren. Dennoch hatte Nessa das originale Schloß Neuschwanstein nicht von seinem Geburtsort aus sehen können. Doch das war nebensächlich.
Ich
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