1312 - Letzte Ausfahrt Hölle
nagte an ihrer Unterlippe. Sie schien noch unsicher zu sein, ob sie überhaupt eine Frage beantworten sollte. »Sie ist nicht allein gegangen.«
»Nicht?«, staunte Glenda. »Wer war denn bei ihr?«
»Den kennt ihr nicht.«
»Vielleicht doch.«
»Wer denn? Wer denn?«
»Rico.«
Das Mädchen schwieg. Die Antwort hatte es zu stark überrascht.
»Kennst du den auch?«
»Klar. Wir sind eigentlich alte Freunde von ihr und ihrer Mutter. Sina und Rico gehen doch zusammen.«
»Stimmt. Ich finde ihn ja nicht so toll. Ist nicht mein Typ«, erklärte sie altklug. »Der ist bestimmt nicht gut zu Sina.«
»Warum sollte er das nicht sein?«
»Ich weiß genau, dass sie geweint hat, als sie vorhin aus der Wohnung gingen. Sie zog immer so komisch ihre Nase hoch. Da war mir klar, dass sie weinte. Rico hat sie auch an der Hand festgehalten. Der war bestimmt nicht lieb zu ihr.«
»Aber du hast nicht mit den beiden gesprochen?«
»Quatsch. Die haben mich gar nicht gesehen.« Corinna lächelte.
»Ich habe so durch die Tür geguckt, fast wie jetzt.«
»Hast du denn sonst noch was gehört?«, erkundigte sich Glenda.
Sie blieb auch weiterhin sehr freundlich.
»Was sollte ich denn gehört haben?«
»Kann ja sein, dass sie sich unterhalten haben.«
»Nee, haben sie nicht. Sina hat nur geweint, glaube ich.«
»Das ist natürlich Pech.«
»Aber vielleicht weiß ihre Mutter, wo sie ist. Ich kann dir auch sagen, wo sie arbeitet.«
»Das ist ja super.«
»In einem großen Haus. Da kannst du alles kaufen. Meistens Klamotten. Ich bin schon ein paar Mal mit meiner Mutter dort gewesen. Da habe ich immer was gekriegt.«
»Und wie heißt das Haus?«
Corinna fiel der Name nicht sofort ein. Sie überlegte, und ich überlegte auch.
Es brachte uns nichts ein, wenn wir noch mal mit Sinas Mutter sprachen. Die würde uns kaum weiterhelfen können. Außerdem wollten wir sie nicht beunruhigen. Es stand jetzt fest, dass Rico Genari zurückgekehrt war und seine Freundin abgeholt hatte. Dass er zwei Tage verschwunden gewesen war, das konnte man als nicht tragisch ansehen. So etwas passierte immer wieder. Aber wir waren trotzdem misstrauisch, denn in diesen zwei Tagen konnte verdammt viel passiert sein.
Uglys Anblick war mir eine Lehre gewesen.
Rico war wieder da und rechnete ab. Aus diesem Grunde mussten wir auch Angst um Sina haben, denn ich ging davon aus, dass einer wie er unberechnenbar war.
»Ich finde, wir sollten gehen«, schlug ich vor. »Corinna wird auch nicht mehr wissen.«
Glenda drehte den Kopf. »Einen Moment noch.« Sie wandte sich wieder an das Mädchen. »Weißt du eigentlich, ob Rico ein Auto hat?«
»Manchmal.«
»Wie?«
»Ja«, sagte sie ärgerlich. »Versteh das doch. Manchmal kommt er mit einem Auto. Aber nicht immer.«
»Und heute?«
»Weiß ich nicht.«
Glenda strich der Kleinen über das braune Haar. »Ich danke dir jedenfalls dafür, dass du dich so angestrengt hast. Du bist wirklich toll gewesen, Corinna.«
»Wollt ihr sie jetzt suchen?«
»Kann sein.«
»Hoffentlich weint sie nicht mehr.«
»Ganz bestimmt nicht«, erklärte Glenda, bevor sie wieder aufstand und uns zunickte.
Viel hatten wir nicht erfahren, aber das wenige war wichtig genug gewesen. Wir wussten jetzt, dass Rico Genari zurückgekehrt war und sich Sina geholt hatte. Als etwas anderes sah ich das nicht an und sprach vor dem Haus darüber.
»Keine Widerrede«, erklärte Suko. »Ich sehe das genau so. Er hat sie geholt.«
»Und wo sind sie?«, fragte Glenda.
»Auf der Piste.«
Suko hatte die Antwort gegeben, und er hatte damit direkt ins Schwarze getroffen. Es war die Rennpiste, die ihm zum Schicksal geworden war. Wahrscheinlich würde er jetzt dafür sorgen, dass sie auch anderen Menschen zum Schicksal wurde.
»Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo sie ist«, sagte Glenda. Sie stand da und hob die Schultern. »Habt ihr eine Idee?«
Suko schüttelte den Kopf.
Ich wollte es ihm nachmachen, als mir etwas einfiel. »Moment mal. Ich denke, dass wir uns an Alina Genari halten sollten. Sie hatte ein gutes Verhältnis zu ihrem Sohn. Auch wenn sie nicht genau weiß, wo wir den Ort finden, könnte sie uns unter Umständen einen Tipp geben. Der kleinste Hinweis kann wichtig sein.«
»Willst du zu ihr fahren?«, fragte Glenda.
»Telefonieren ginge auch.«
Glenda bekam wieder diesen Superblick. »Wenn ihr mich nicht hättet«, sagte sie und kramte bereits in ihrer kleinen flachen Handtasche herum. Es dauerte nicht lange, da hatte sie
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