1312 - Letzte Ausfahrt Hölle
hüfthohes Wasser.
In den folgenden Sekunden bekam ich das drastisch zu spüren.
Ich musste mich regelrecht vorkämpfen. Ich bewegte schwerfällig die Beine und ruderte mit den Armen. Es war der verdammte Kampf gegen die Tücke des Objekts, und ich musste leider zugestehen, dass sich Rico Genari auf der Siegerstraße befand.
Ein junger Mann lag auf dem Boden. Er war als Zweiter aus dem Daimler gezogen worden. Der Erste hatte sich noch wehren wollen, aber Rico ließ ihm keine Chance.
Er schlug zu.
Seine Faust traf den Kopf seines Kumpans. Der junge Mann sackte zusammen.
Rico ließ es nicht zu, dass er in das Kiesbett fiel. Er fing ihn vorher ab und schleifte ihn wie einen alten Sack hinter sich her auf das große Höllenfeuer zu.
Genau darin sollte er verbrennen!
Nicht so Rico selbst. Jetzt sah ich, dass ich mich beim ersten Blick in den Wagen nicht getäuscht hatte. Der junge Mann brannte nicht, er glühte tatsächlich.
Man kennt eine heiß gewordene Herdplatte, und genau so sah er auch aus. Die starke Röte reichte von seinen Füßen bis zum Kopf. Er glühte, aber er verbrannte nicht. Genau das war der Unterschied. Er bewegte sich wie ein normaler Mensch. Selbst seine dunklen Haare waren vom Schein der Höllenglut erfüllt. Auf seinem Gesicht entdeckte ich ein bösartiges und zugleich triumphierendes Grinsen. Er stand dicht vor einem Sieg, den ihm niemand mehr nehmen konnte.
So schleifte er seine Beute weiter.
Ich musste schneller sein. Ich wollte die beiden noch vor dem Feuer erwischen. Wenn es Genari gelang, seinen Freund in die Flammen zu treiben, gab es keine Chance mehr. Dann hatte der Teufel tatsächlich eine Seele mehr.
Es ging wirklich um Sekunden, die ich aufholen musste. Und es war verdammt nicht einfach, sich durch das Kiesbett zu bewegen.
Immer wieder erlebte ich die Widerstände, aber ich kam näher.
Zum ersten Mal schrie ich Rico an. »Lass den Mann los!«
Er hörte mich, aber er stoppte nicht. Nur kurz drehte er den Kopf.
Genau da, als ich meine Beretta zog.
Er stutzte nicht mal, als er die Waffe sah. Er lachte nur darüber und schaffte seine Beute näher an die Höllenflammen heran. Genari erlebte auch keinen Widerstand. Der andere Mensch war einfach zu stark geschockt.
Reichte eine Silberkugel aus?
Ich überlegte nicht lange und feuerte einen Warnschuss ab. Die Kugel fegte dicht über den Kopf der Gestalt hinweg. Vielleicht hatte sie etwas von dieser Macht gespürt, denn Rico zuckte zusammen und ließ seine Beute los.
Jetzt fing der Mann an zu schreien. Mit einem Seitenblick bemerkte ich, dass seine linke Hand völlig verkohlt und verbrannt war. Wenn er überlebte, würde er sie nie mehr richtig einsetzen können.
In mir stieg eine wahnsinnige Wut hoch.
Rico Genari war kein Mensch mehr. Er war zu einem Machwerk der Hölle geworden, die sich durch das Feuer zeigte. Ich wollte schießen, denn er durfte nicht länger existieren.
Wahrscheinlich hatte er meine Gedanken erraten. Und ich war noch zu sehr damit befasst, als dass ich rechtzeitig genug hätte reagieren können.
Plötzlich rannte er los.
Hier lagen der Kies und die anderen Steine nicht mehr so hoch.
Und deshalb bewegte er sich schneller auf seine Fluchtburg, das Feuer, zu. Bevor ich die Waffe gedreht und genau gezielt hatte, stieß er sich ab und warf sich in die Flammen hinein.
Er fiel zu Boden und rollte sich herum. Aus der Rückenlage hervor fegte er mit einem gewaltigen Sprung auf die Füße und stieß mir ein gellendes Lachen entgegen. Er wurde umtanzt und umwirbelt von den Höllenflammen, die nicht wie normales Feuer aussahen. In ihnen malten sich schreckliche Fratzen ab, als schienen all die Seelen, die im Feuer schmerzvoll dahinvegetierten, noch mal ein menschliches Aussehen bekommen zu haben. Es konnte auch sein, dass über allem die Fratze des Teufels schwebte.
Rico hatte seinen Triumph. Er stand in den Flammen. Er hatte die letzte Ausfahrt Hölle geschafft und fühlte sich jetzt wie der große Sieger, dem keiner mehr etwas konnte.
Nicht bei mir!
Vor mir tanzte das Feuer. In meiner Tasche steckte das Kreuz. Ich holte es hervor und streckte die rechte Hand nach vorn.
Eine Sekunde später ging ich auf die Flammen zu…
***
Es sah so aus, als wäre ich ein wahnsinniges Risiko eingegangen, nur traf das so nicht zu. Denn nicht zum ersten Mal stellte ich mich dem Feuer der Hölle entgegen. Mein Kreuz war nicht immer der große Trumpf, doch in bestimmten Situationen konnte ich mich auf es verlassen. Es hatte
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