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1322 - Das Grauen von St. Severin

1322 - Das Grauen von St. Severin

Titel: 1322 - Das Grauen von St. Severin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sehr spät dunkel werden, und das Wetter spielte zum Glück auch mit. In London hatte ich in den letzten Tagen Hitze und Schwüle erlebt, hier war die Frische präsent und erfüllte bei jedem Atemzug die Lungen der Menschen.
    Wer bei diesem Wetter über die Insel fuhr, der konnte eigentlich nur an Urlaub denken, aber wieder war ich dienstlich hier und folgte zudem noch einer recht ungewöhnlichen Einladung. Ob ich mich richtig verhalten hatte, würden die nächsten Stunden zeigen.
    Da waren noch zwei Zimmer auf den Namen Becker gemietet worden. Ich war gespannt, wer der andere Gast war, den der mir unbekannte Hajo Becker eingeladen hatte.
    Am Flughafen hatte ich mir einen Golf geliehen und rollte über die mir bekannte Strecke meinem Ziel entgegen, dem herrlich gelegenen Deich-Hotel.
    Ich fuhr den Weg zwischen den beiden Wiesen entlang und lauschte dem Knirschen der Kieselsteine unter den Reifen. Der Parkplatz war gut gefüllt, trotzdem fand ich noch eine Lücke, in die ich den Golf hineinlenkte.
    Ich war nicht der Einzige, der neu ankam. Zwei Parktaschen weiter stieg zur gleichen Zeit ein Mann aus einem dunklen Audi.
    Ich schaute hin, er schaute zu mir hin, und beide bekamen wir die Münder kaum zu.
    Wir kannten uns.
    »John Sinclair?«
    »Andreas Brass?«
    »Klar doch.«
    Sein Lachen flog mir entgegen. Ich kannte es noch. Das war so typisch, das konnte man einfach nicht vergessen. Wie ein Gladiator nach siegreichem Kampf rammte er die Faust in die Luft. Hinter unseren Autos trafen wir zusammen, stellten die Reisetaschen ab und es kam zu einer Begrüßung mit viel Schulterklopfen.
    »Nein, nein, nein!« Andreas Brass schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben. Welch ein Zufall! Das Leben hat manchmal seine verrücktesten Einfälle.«
    Ich antwortete nichts darauf, und das wurde ihm auch bewusst.
    Er schaute mich an. Die Augen verengten sich. »He, was ist los, John Sinclair, glauben Sie nicht daran?«
    »Zufälle sind für mich selten.«
    »Klar, manche glauben überhaupt nicht an sie.« Er schüttelte den Kopf. »Trotzdem finde ich es toll, dass wir uns getroffen haben. Da werden wir auch die alten Pflaumen genießen können.« Wieder lachte er und fuhr dabei durch das kurz geschnittene blonde Haar.
    Dann nahm er die Brille ab, wischte über seine Augen und konnte es noch immer nicht fassen.
    Ich schaute zum Hotel hin, zu dieser herrlichen Front, die so geblieben war, wie ich sie kannte. Die hellen Häuser, auf den Dächern das Riedgras, der schmale Weg am Haus entlang, den blühende Sommerblumen flankierten. Dazu das satte Grün des Rasens, das in einem Kontrast zu den weiß gestrichenen Zäunen stand.
    Darüber schwebte der helle Sylter Himmel in einer Weite, wie man sie nur im Norden und an der Küste sieht. Helle Wolken sahen aus wie große Kissen, die still über dem Land lagen und vom Wind kaum bewegt wurden, der nur sehr schwach wehte.
    Andreas Brass hatte den positiven Schock des Wiedersehens mittlerweile verdaut und nickte mir zu.
    »Kein Zufall also?«
    »Es wird sich herausstellen.«
    »Auch kein Urlaub?«
    »Nein.«
    »Aha«, sagte er, »da kommen wir der Sache schon näher. Bei mir können Sie auch nicht von einem Urlaub sprechen. Ich bin allein. Normalerweise hätte ich meine Familie mitgenommen, aber dem ist nicht so. Außerdem haben wir Nachwuchs bekommen.«
    »Gratuliere.«
    »Danke.« Er lachte wieder. Seine Augen blitzten dabei. Dieser Mann freute sich wirklich, noch mal Vater geworden zu sein. Dann wurde er schnell wieder ernst. »Ich bin aus einem anderen Grund gekommen«, erklärte er mir. »Ich habe eine Einladung erhalten, die mir sehr wichtig erschienen ist. Für mich ist ein Zimmer im Deich-Hotel reserviert worden und in der Einladung stand auch, dass die Vergangenheit nicht tot ist. Dass sie auch weiterhin lebt. Zwar auf einer anderen Ebene, aber sie existiert. Und dass sie noch bewältigt werden muss.«
    »Wer hat Ihnen die Einladung geschickt?«, erkundigte ich mich, obwohl ich die Antwort bereits zu kennen glaubte.
    »Ein gewisser Becker. Hajo Becker.«
    »Gratuliere.«
    »Wieso?«
    »Da sind wir beide von dem gleichen Menschen eingeladen worden. Das muss man so sehen.«
    »Ach!«
    Es geschah nicht oft, Andreas Brass erstaunt und zugleich sprachlos zu erleben. In diesem Fall traf das zu. Er fuhr mit einer unsicher wirkenden Handbewegung über sein Haar hinweg und nickte dabei.
    »Sie kennen diesen Becker nicht?«
    »Ich?« Brass bekam große Augen. »Nein, woher denn? Ich habe

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