1324 - Der Angriff
Janes Verhältnis zu Lady Sarah war ein anderes als meines zu ihr. Das musste man immer wieder betonen. Sie war für sie so etwas wie eine Ersatzmutter gewesen, wobei ich über ihre Eltern kaum etwas wusste, wie mir erst jetzt auffiel. Irgendwann würde ich sie danach fragen.
Aber auch mir war ein lieber Mensch entrissen worden. Ich begann wieder damit, den Schwarzen Tod wahnsinnig zu hassen, auch wenn er nicht direkt die Horror-Oma getötet hatte.
Ich musste lächeln, als mir der Spitzname in den Sinn kam. Ja, so hatten wir sie genannt, und sie war immer stolz auf ihren Kampfnamen gewesen. Aber jetzt war alles vorbei. Dahin. Nur noch Erinnerung an einen wunderbaren Menschen.
Mit diesem Gedanken öffnete ich die Haustür und trat hinaus in die Dunkelheit der Nacht. Ich holte tief Atem, um meine Nervosität wieder in den Griff zu bekommen, was leider nicht möglich war.
Ich stand auch weiterhin unter Strom und rechnete mit plötzlichen Angreifern aus der Höhe.
Es war und blieb ruhig. Ich ging zu meinem Rover, der nicht abgeschleppt worden war oder eine Kralle bekommen hatte und stieg ein. Der Innenraum kam mir vor wie eine angeheizte Sauna.
Wahrscheinlich lag es auch an mir, dass ich die Wärme so spürte.
Ich wusste, dass sich meine Freunde Gedanken um mich machten. So wollte ich zumindest ein Lebenszeichen geben, aber ich würde mich mit meinem Bericht zurückhalten.
Suko hob ab.
»Ich bin es.«
»John, he! Du hast uns auf die Folter gespannt. Wir haben früher mit einer Nachricht gerechnet. Ist alles in Ordnung bei dir? Bringst du Lady Sarah mit?«
Beinahe hätte ich bitter aufgelacht. Das verbiss ich mir und sagte nur. »Ich mache mich jetzt auf den Weg…«
***
Suko legte auf und schaute nachdenklich auf den Hörer. Shao fiel es auf.
»Was hast du denn?«
»Eigentlich nichts.«
»Und warum bist du so nachdenklich?«
Suko deutete auf das Telefon. »Es lag an dem Anruf. Oder vielmehr an Johns Stimme.«
»Wieso?«
Suko kniff die Augen zusammen und dachte kurz nach. »Sie klang verändert. Nicht normal. Zu leise. Auch zu deprimiert. Als hätte er etwas Schweres hinter sich.«
»O nein«, flüsterte Shao. »Da wird doch nicht etwas mit Sarah Goldwyn passiert sein?«
Suko hob die Schultern.
Seine Partnerin ließ nicht locker. »Hat er denn nichts weiter gesagt?«
»Nein, das ist es ja eben. Er hat mich nicht zu Wort kommen lassen. Es wird Gründe gegeben haben. Ich denke mir, dass er uns alles berichten wird, wenn er hier ist.«
»John hat Lady Sarah nicht mal erwähnt?«, flüsterte Shao, »das lässt mich nichts Gutes hoffen.«
»Ja, mich auch nicht.«
»Sollen wir etwas unternehmen?«
»Nein, warten.«
Sie lachte. »Warten. Wie so oft in den letzten Stunden.«
»Ich kann es leider nicht ändern, Shao.«
***
Sheila war auch voll dafür, dass Bill losfuhr, um Johnny von den Quentins abzuholen. So hatte er sich in seinen Porsche geklemmt und war um ein paar Ecken in südöstliche Richtung gefahren. Er wusste, wo die Quentins wohnten. Es war dort sehr ländlich. Man ging in dieser Gegend gern spazieren, und die Quentins boten den Leuten in ihrem kleinen Restaurant einen Rast- und Ruhepunkt an.
Nebenbei betrieben sie noch einen Antikshop, der zusätzlich etwas Geld abwarf.
Bill musste von der normalen Straße abbiegen und auf ein Gelände fahren, das eine Lücke zwischen Wäldern und Wiesen schloss. Das Haus der Quentins war von innen und außen beleuchtet. Auf dem Parkplatz standen einige Autos, doch ein Wohnmobil fiel dem Reporter nicht auf. Die Jungen waren noch nicht da.
Bill stieg aus. Der Shop war schon geschlossen, aber das kleine Restaurant hatte noch geöffnet. Es befand sich unten im Haus.
Oberhalb davon lebten die Quentins.
Wegen der Wärme hatte man die Tür aufgelassen. An zwei rustikalen Tischen saßen Gäste und tranken Bier. Wie Touristen sahen sie nicht aus. Es schienen entfernte Nachbarn zu sein. Außerdem unterhielten sie sich mit dem Besitzer, der dabei war, Flaschen in ein Kühlfach zu stellen. Er blickte auf, als Bill das Lokal betrat.
»Ha, Mr. Conolly, ich wusste, dass Sie Ihren Sohn abholen würden. Die Jungs werden gleich kommen. Möchten Sie in der Zwischenzeit etwas trinken?«
»Ein Wasser wäre nicht schlecht.«
»Gut bekommen Sie.«
Bill wunderte sich darüber, dass der Mann sogar italienisches Wasser führte. Bill schenkte sich selbst ein und hörte Quentin zu, der davon sprach, dass die Jungs auf dem Rockkonzert verdammt viel Spaß gehabt
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