1325 - In der Höhle des Löwen
nicht an. Langsam wanderte der Lichtkegel über das hinweg, was vor meinen Füßen lag.
Ein Kopf sah aus, als wäre er abgerissen worden. Aber er hing noch an den Sehnen. Nur Staub gab es. Kein Blut. Ich leuchtete weiter nach vorn und musste sehen, dass der Friedhof seinem Namen alle Ehre machte. Er war es. Auf ihm lagen sie. Diejenigen, die mich früher attackiert hätten, es jetzt aber nicht mehr schafften, denn die Vampirmonster hatten sie tatsächlich zerrissen.
Brutal. Gnadenlos. Ich musste Bilder sehen, über die ich nur den Kopf schütteln konnte. Was da passiert war, das hatten Bestien getan, die einfach nur töten wollten.
Sinnlos…
Ich schritt über den Friedhof hinweg und kam mir vor wie ein Feldherr, der eine Schlacht gewonnen hat und nun die Zahl seiner toten Feinde addierte.
Da kam schon etwas zusammen. Vampire waren ja nicht so leicht zu töten. Hier allerdings hatten die Angreifer genau gewusst, was sie zu tun hatten. Deshalb möchte ich auf weitere Beschreibungen verzichten und nur sagen, dass es keinen Körper gab, der noch normal aussah. Auch während ihrer Existenz waren sie für mich nicht normal gewesen, aber hier hätte sich keiner mehr bewegen können.
Da gab es keine Zusammenhänge mehr zwischen den einzelnen Gliedern.
Sie waren vernichtet worden, ohne gepfählt zu werden. Und trotzdem existierten sie noch auf eine bestimmte Art und Weise.
Richtig töten konnte man sie nur durch den Pflock ins Herz, durch eine Silberkugel, durch Verbrennen und wie auch immer.
Das war hier nicht passiert. Mir kam ein anderer Vergleich in den Sinn, der besser passte. Die Angreifer hatten die Blutsauger nach ihren Methoden kampfunfähig gemacht. Das »Leben« hatten sie ihnen nicht nehmen können, denn das bekam ich demonstriert, als ich weiterging und auch leuchtete.
Jetzt hatten sie bemerkt, dass jemand über ihren Friedhof schritt.
Sie sahen die helle Lanze, die keinen von ihnen ausließ, und sie waren sogar in der Lage, das Licht zu verfolgen, denn ich bekam mit, wie sie ihre Augen rollten und bewegten, weil sie mich verfolgten und trotz allem noch die Gier in ihnen steckte.
Keiner von ihnen kam vom Boden hoch. Wenn sie sich bewegten, dann zuckten sie zumeist. Einige andere versuchten, wie Würmer durch den Staub zu kriechen, aber auch damit kamen sie nicht weiter. Keiner schaffte es, auch nur einen Arm zu heben.
Der kalte Lichtkegel traf Gesichter, in denen sich die Augen drehten, und ich musste erkennen, dass dort die Gier noch nicht verschwunden war. Sie glotzten mich an. Sie waren da, sie waren so kalt und zugleich auch gierig.
Ich hatte die Rückseite des Friedhofs fast erreicht, da zupfte jemand an meinem Schuh.
Ich blieb stehen.
Ein Blutsauger versuchte es tatsächlich. Er war nicht so zerstört worden. Beide Hände hielt er im Stoff meiner Hosenbeine verkrallt und versuchte so, sich in die Höhe zu ziehen.
Seinen Kopf mit den strohigen Haaren hatte er in den Nacken gelegt, das Gesicht war mir zugerichtet, und ich sah, dass es kein Gesicht war, sondern nur eine widerliche Fratze. Verzerrt und mit Augen, die fast aus den Höhlen traten.
Ich schüttelte mich und holte das Kreuz aus der Tasche, das ich vor meinem Gang dorthin gesteckt hatte.
Das Schwert setzte ich nicht ein. Dafür sorgte das Kreuz mit einem hellen Blitz für die Vernichtung. Es strahlte tatsächlich kurz ein Licht auf, dann sank die Gestalt zusammen und löste sich auf.
Als Staub blieb sie liegen.
Der Weg war frei…
Um einen großen Grabstein ging ich herum, der eine Gruft markierte. Ich sah auf der weichen Erde zwei Gestalten liegen, die keine Köpfe mehr besaßen. Die Mörder hatten sie abgerissen und in den Boden hineingepresst.
Allmählich wurde mir bewusst, dass Mallmann und Justine Cavallo Recht hatten. Diese Wesen hatten die Welt überfallen und mit ihren Bewohnern aufgeräumt. Sie hatten praktisch einen Großteil der Arbeit für den Schwarzen Tod geleistet, der seinen Plan wirklich umfassend angesetzt hatte.
Auf der einen Seite hatte er mich und meine Freunde attackiert, auf der anderen führte er seinen Angriff gegen die Bewohner der Vampirwelt durch. Er wollte somit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und stand dicht vor einem Sieg.
Genau das ärgerte mich. Ich hasste es. Ich hasste sie. Sie waren meine Feinde. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie gewannen. Der Schwarze Tod sollte nicht wieder die Macht bekommen, die er schon mal besessen hatte, aber die ersten Anzeichen deuteten darauf hin, dass
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