1325 - In der Höhle des Löwen
Es bildete eine dichte Wand direkt hinter der Scheibe, die auch einen Teil der draußen entstehenden Geräusche schluckte.
Bill und Johnny konnten zufrieden sein. Der erste Angriff war abgewehrt worden.
Nur war diese Zufriedenheit verdammt trügerisch. Für sie stand fest, dass es weiterging, und dann sprach Sheila aus, woran auch sie dachten.
»Himmel, es gibt doch noch so viele Fenster im Haus!«
Johnny und Bill schauten sich an. Das kurze Nicken. Dann jagten sie plötzlich los, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her.
Durch die Bauweise des Bungalows gab es keine erste Etage, dafür hatten sich die Conollys damals einen Keller anlegen lassen. Der besaß nur Lichtschächte, die zudem an ihrem oberen Ende vergittert waren. So brauchten sie sich kaum Sorgen zu machen, dass die fliegenden Killer durch den Keller in das Haus eindringen würden.
Die anderen Zimmer waren wichtiger.
Johnny rannte in seinen Raum. Den benutzte er seit seiner Kindheit. Dort hatte sich auch zumeist Nadine, die Wölfin mit der menschlichen Seele, aufgehalten. Johnny vermisste sie des Öfteren, und er wünschte sich, Kontakt mit ihr zu haben. Das war nicht zu schaffen. Bei ihm beschränkte sich der Kontakt zunächst auf die Vampirmonster.
Er stolperte auf das Fenster zu und hatte es noch nicht erreicht, als er die Schatten sah, die außen vorbeihuschten. Ob nah oder etwas vom Fenster entfernt, das konnte er nicht erkennen, aber sie waren da und folgten ihren Plänen.
Johnny drückte auf die Taste.
Das Rollo setzte sich schwerfällig in Bewegung. Es lief nicht ohne Geräusche ab, und genau das hörten auch die Angreifer.
Sie griffen an.
Einer flog gegen das Rollo. Der zweite und dritte versuchte es weiter unten. Johnny sah ihre weit geöffneten Mäuler, in denen die messerscharfen Zähne schimmerten.
Die Scheibe hielt. Sie wackelte, wurde erschüttert, aber sie brach nicht zusammen.
Zu einem weiteren Angriff gegen das Fenster kamen die Flugmonster nicht mehr. Jetzt war das Rollo unten, und Johnny atmete auf.
Da seine Zimmertür offen stand, hörte er die Stimmen seiner Eltern. Sheila und Bill hatten sich in den verschiedenen Räumen verteilt und ließen dort ebenfalls die Rollos nach unten fahren.
Johnny wollte helfen.
Im Flur traf er seine Mutter, die völlig aufgelöst war.
»Sind alle zu, Mum?«
»Nein, noch in der Toilette, glaube ich.«
»Okay.«
Johnny rannte hin. Es war ein kleineres Fenster, versehen mit einer Milchglasscheibe. Auch hier ließ er das Rollo herab. Die Angreifer kümmerten sich nicht um diesen Einstieg. Er schien ihnen wohl zu klein zu sein. Endlich kam Johnny wieder zur Besinnung. Er dachte klar, und ihm fiel ein, dass der Horror der letzten Minuten nicht hätte zu sein brauchen, weil es einen Generalschalter im Keller gab. Wenn er betätigt wurde, rollten alle Rollos zugleich nach unten.
In der Eile hatten sie nicht daran gedacht, aber es hatte auch so geklappt. Mit den herabgelassenen Rollos sah das Haus wie eine Festung aus, die den ersten Angriffen sicherlich standhalten würde.
Mit ziemlich weichen Knien ging Johnny zurück in den Flur.
Nicht weit von der Eingangstür entfernt fand er seine Eltern. Sheila lächelte ihm zu, auch wenn es ihr schwer fiel. Sein Vater wandte ihm den Rücken zu. Bill interessierte sich für den Bildschirm, der das widergab, was die Kamera draußen beobachtete.
»Sind sie dort auch?«, flüsterte Johnny seiner Mutter zu.
»Ich denke schon.«
Bill drehte sich um. »Wollt ihr schauen?«
Sheila schüttelte den Kopf. Johnny ging hin. Schon beim ersten Hinschauen verzogen sich seine Lippen zu einem harten Grinsen.
Er spürte einen Adrenalinstoß in seinem Innern, der ihm das Blut ins Gesicht trieb. Sie waren da. Sie flogen über den Garten hinweg.
Sie drehten ihre Runden, und sie lösten sich hin und wieder aus den Reihen, um gegen das Haus anzufliegen. Wenn sie nicht rechtzeitig genug stoppten, prallten sie gegen die Wand oder kratzten über die Rollos vor den Scheiben.
Sheila stand zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn und hielt die Hände wie zum Gebet gefaltet.
»Was machen wir denn jetzt?«, flüsterte sie.
»Frag anders«, sagte ihr Mann. »Frag lieber, was können wir überhaupt machen?«
»Bestimmt keinen Ausbruch.«
»Eben.«
Johnny mischte sich ein. »Wir brauchen Hilfe von außen. Ich glaube, das ist unsere einzige Chance.«
»Einverstanden. Und wer sollte uns helfen?«
Johnny schaute in das Gesicht seines Vaters. »Ich habe schon an den
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