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1330 - Die Kopfgeldjägerin

1330 - Die Kopfgeldjägerin

Titel: 1330 - Die Kopfgeldjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich um Dinge kümmerte, die sie nichts angingen. Doch sie hatte einfach nicht davon lassen können, als wäre sie einzig und allein einer Bestimmung gefolgt.
    Obwohl es objektiv nicht stimmte, machte ich mir Vorwürfe. Und die drückten jetzt wieder hoch. Da spielte es auch keine Rolle, dass Lady Sarah ihr Alter gehabt hatte. So durfte man bei ihr einfach nicht denken. Sie hatte mitten im Leben gestanden und war zudem von viel jüngeren Menschen akzeptiert worden.
    Jetzt war es vorbei. Daran gewöhnen würde ich mich wohl nie.
    Ich musste mich nur mit den Tatsachen abfinden. Um mich herum wurde die Stille von den dünnen Dunstschwaden gehalten. Kein fremder Laut drang an meine Ohren. Es gab keine Schrittgeräusche, ich hörte auch keine Stimmen in der Nähe, und die Geräusche von außerhalb des Friedhofs erreichten mich wie von einem fernen Planeten.
    »Wir werden dich niemals vergessen, Sarah«, flüsterte ich dem Grab entgegen, »das schwöre ich.« Es war nicht einfach so dahingesagt, das meinte ich ehrlich.
    Etwas störte mich in meiner Konzentration. Zuerst spürte ich das kühle Kribbeln auf dem Rücken, dann zog ich die Schultern hoch und drehte mich schließlich herum.
    Ich war nicht mehr allein.
    Etwa vier Schritte vor mir stand eine mir fremde Frau und starrte mich aus großen Augen an…
    ***
    Ich kannte die Person nicht. Sah allerdings, dass sie schwarze und recht lange Haare hatte, die unter einem dunkelroten Kopftuch hervorschauten, das sie wegen der Feuchtigkeit umgebunden hatte. Bekleidet war sie mit einem dünnen wadenlangen Ledermantel, der in der Mitte durch einen Gürtel zusammengehalten wurde. Die Hände hatte sie in die Taschen des Mantels gesteckt, und ihre Augen waren hinter den dunklen Gläsern einer Brille verborgen, obwohl die Sonne nicht schien.
    Was wollte die Frau hier? War sie gekommen, um zu trauern?
    Hatte sie deshalb die Brille aufgesetzt, damit kein Fremder ihre Tränen sah? Oder war sie etwa eine Bekannte der Horror-Oma, die gekommen war, um das Grab zu besuchen?
    Ich wusste es nicht. Ich ging nur davon aus, dass ich von ihr angeschaut wurde, und das gefiel mir irgendwie nicht. Auch bewegte sie sich nicht vom Fleck. Hätte sie Lady Sarahs Grab besuchen wollen, dann hätte sie näher treten müssen.
    So aber blieb sie stehen und bewegte sich nicht mal.
    Ich hatte meine Überraschung verdaut und wollte auch das Schweigen zwischen uns beenden.
    »Suchen Sie etwas?«
    »Kann schon sein.«
    Ich lauschte dem Klang ihrer Aussprache und stellte fest, dass es sich um eine Amerikanerin handelte, die aus den Südstaaten kommen musste, denn sie hatte sehr gedehnt gesprochen.
    »Eine Angehörige?«
    »Nicht unbedingt.«
    Verdammt, die Antwort gefiel mir nicht. »Wenn Sie keine Angehörigen besuchen wollen, was machen Sie dann hier auf dem Friedhof?«
    Zum ersten Mal umspielte ein Lächeln ihre vollen Lippen. »Kann es nicht sein, dass mir ein Friedhof gefällt? Dass er eine so wunderbare Ruhe ausstrahlt und ich mich gern auf ihm bewege? Denn hier kann ich meinen Gedanken nachgehen.«
    »Das kann schon sein.«
    »Eben.«
    »Aber das Pech ist nur, dass ich Ihnen das nicht so recht glaube, Madame. Sorry, aber…«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil ich einfach den Eindruck habe, dass Sie etwas Bestimmtes gesucht haben.«
    Sie hob die Augenbrauen an. »Wer oder was sollte das denn gewesen sein?«
    »Ich!«
    Sie lachte mich an. »Ho, wie kommen Sie denn darauf, Mister? Sorry, ich möchte nicht unhöflich sein, aber glauben Sie, dass ich Ihnen nachgegangen bin?«
    »Nein, dann hätte ich Sie gesehen.«
    »Also sind wir uns einig.«
    »Nicht ganz«, sagte ich. »Es wundert mich, dass Sie sich hinter mich gestellt und mich beobachtet haben. Das ist etwas, das ich nicht nachvollziehen kann.«
    »Wieso habe ich Sie beobachtet?«
    »Ich weiß es eben.« Es war ein kleiner Bluff, aber ich wollte, dass sie ihn schluckte. Trotz der dunklen Brille sah die Frau alles andere als mickrig aus. Sie war sogar auf eine bestimmte Art und Weise hübsch, aber mein Leben hatte mich gelehrt, vorsichtig zu sein. Gerade in der letzten Zeit waren meine Sinne geschärft.
    Ich deutete auf Lady Sarahs Grab. »Oder kennen Sie die Person, die da begraben liegt?«
    »Eher nicht. Ich sagte Ihnen schon, dass ich gern über Friedhöfe gehe. Ich finde hier meine Ruhe. Und die Toten sind nicht in der Lage, einen Menschen zu stören.«
    »Da stimme ich Ihnen zu. Und trotzdem haben Sie mich beobachtet. Deshalb möchte ich gern wissen, wer

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