1330 - Die Kopfgeldjägerin
stand ich wieder an der gleichen Stelle und wartete darauf, dass die Kugel in meinen Kopf geschossen wurde und mir von einem Augenblick zum anderen das Leben nahm.
Das Luftholen fiel mir schwer. Ein dumpfes Gefühl hatte sich in meinem Kopf ausgebreitet. Hinter mir bewegte sich die Amerikanerin. Unter den Sohlen entstand ein leises Knirschen.
Sie kannte sich aus, und sie wollte absolut sicher gehen. »Ich weiß, dass Sie bewaffnet sind, Sinclair, und deshalb möchte ich, dass Sie ihre Waffe jetzt vorsichtig herausholen und wegwerfen. Allerdings mit der linken Hand.«
Sie traute mir wohl alles zu. Dabei hätte ich unter keinen Umständen eine Gegenwehr versucht, weil ich trotz allem nicht lebensmüde war und noch immer Hoffnung besaß.
Es war nicht einfach, die Beretta mit der linken Hand hervorzuziehen. Meine rechte blieb nach wie vor in Kontakt mit dem Hinterkopf. Mir kam auch nicht in den Sinn, es mit einem Schuss zu versuchen. Ich bin Rechtshänder, und mit der anderen Hand war ich recht hilflos.
Es gelang mir trotzdem, die Pistole hervorzuzupfen, was Elsa freute. »Jetzt brauchst du sie nur noch wegzuwerfen. Allerdings schwungvoll.«
»Wird erledigt.«
Die Beretta landete etwa einen Meter neben dem Grab und blieb dort liegen. Für mich unerreichbar. Der Besitz des Kreuzes brachte mir nichts, weil ich es mit einem normalen Menschen zu tun hatte und nicht mit einem verdammten Dämon.
»Das ist gut, Sinclair, sehr gut. Leg auch die andere Hand wieder gegen deinen Hinterkopf.«
Mir blieb nichts anderes übrig, als ihrem Befehl Folge zu leisten.
Nichts hatte sich mehr an meiner Situation verändert. Ich war nicht überrascht, als mich der nächste Befehl erreichte.
»Knie dich hin!«
Für einen Moment schloss ich die Augen. Was sie da verlangte, das war eine Demütigung, aber es passte zu ihrem Auftreten. Sie wollte den sogenannten Supermann klein bekommen.
Ich ließ mich fallen.
Meine Knie landeten auf der noch weichen Graberde und drückten sich hinein. Ich befand mich nicht in einem Film, obwohl ich es mir gewünscht hätte. Nein, das hier war die Realität. Man wollte mich an diesem Platz regelrecht hinrichten. Jemand hatte einer amerikanischen Killerin den Auftrag gegeben, den sie eiskalt und gnadenlos ausführte. Vor mir sah ich das platt geklopfte Grab.
Nicht weit entfernt ragte das Kreuz mit Sarahs Namen aus der Graberde hervor. Wenn alles so lief, wie diese Elsa es sich vorgestellt hatte, dann war das Letzte, was ich in meinem Leben sah, das schlichte Holzkreuz.
Es war wirklich verrückt. Es war zum Heulen. Es gab nicht die Spur einer Chance, und ich zuckte leicht zusammen, als mich der kalte Stahl der Mündung am Ende des Hinterkopfs, dicht unter meinen zusammengelegten Händen berührte.
»Du wirst nicht viel spüren«, flüsterte Elsa in einem vertrauten Tonfall. »Du brauchst dir auch keine Sorgen mehr zu machen. Es wird alles glatt gehen. Der Übergang vom Leben in den Tod wird fließend sein. Du wirst ohne Schmerzen sterben. Dieses Glück haben nicht alle Menschen. Deshalb kannst du dir gratulieren.«
Darauf konnte ich gut und gern verzichten. Ich fühlte mich von dieser eiskalten Person an der Nase herumgeführt. Sie spielte mit meinem Leben, und sie hatte Spaß daran.
Auch wusste ich jetzt, dass es keinen Ausweg mehr für mich gab.
Der Tod hielt bereits seine kalten Klauen nach mir ausgestreckt. Ich kniete hier wie ein Denkmal, konnte mich nicht wehren und wartete darauf, dass mir die Kugel den Kopf zerriss.
Es war auch nicht möglich, an etwas zu denken. Mein Kopf war einfach nur leer. Selbst die Signale der Angst drangen nicht mehr hinein. Ich wartete nur darauf, dass diese Elsa ihren Zeigefinger krümmte und der Kugel freie Bahn gab.
Sie tat es nicht.
Noch nicht…
Warum nicht? Wollte sie mich quälen, wollte sie sehen, wie ich zerfiel und die Angst aus mir ein hilfloses Bündel machte? Das wäre normal gewesen, denn diesem Strom der Panik konnte ich nichts mehr entgegensetzen. Mein Herzschlag wurde zu einem rasenden und lauten Wirbel. Die Echos schalteten mein Denken aus und…
Da war doch eine Stimme!
Auch die einer Frau!
Aber sie gehörte nicht dieser Elsa. Eine andere Person war auf diesem Friedhof erschienen und hatte Elsa angesprochen.
In einer Lage wie dieser, in der ich direkt an der Schwelle zum Tod stand, fiel es mir wahnsinnig schwer, mich zu konzentrieren.
Dennoch brachte ich es fertig, und so schaffte ich es auch, die Stimme zu hören.
»Wenn du schießt,
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