1330 - Die Kopfgeldjägerin
Schlag erwischte mich voll.
Ich hatte das Gefühl, als würde mein Kopf auseinander fliegen.
Ob ich zur Seite oder nach hinten fiel, davon merkte ich nichts. Für mich ging die Welt erst mal unter…
***
Genau das hatte die blonde Bestie gewollt. Sinclair war in das Haus hineingefallen. Mit dem Fuß schob sie den reglosen Körper noch ein Stück weiter, damit sie den nötigen Platz bekam, um die Tür zu schließen. Zeugen konnte sie jetzt nicht gebrauchen.
Der schnelle Blick in das Haus zeigte ihr die beiden Kinder, die reglos auf ihren Plätzen saßen. Die interessierten sie nicht. Da hätte sie schon sehr hungrig sein müssen. Es gab allerdings Nahrung genug für sie, und diese lag bäuchlings auf dem Boden und fluchte leise vor sich hin. Das Fluchen verstummte erst, als Elsa Gunn bemerkte, wer da auf sie zukam. Sie hatte den Kopf zur Seite gedrehte und ihn auch ein wenig angehoben, sodass sie einen günstigen Blickwinkel hatte.
Die Cavallo bückte sich und lächelte sie an. Gleichzeitig drehte sie Elsa auf den Rücken, die versuchte, sich zu wehren. Sie trat mit den Füßen um sich, sie rutschte hin und her, denn ihr war klar, was die Blonde von ihr wollte.
Justine lächelte. Beide Vampirzähne waren zu sehen.
»Nein, verdammt, nicht. Hör auf. Ich gebe dir viel Geld. Mach nur nicht so einen Scheiß!«
Das Betteln nutzte nichts. Die blonde Bestie hatte Durst, und den würde sie stillen.
Sie schlug der Frau gegen den Kopf, sodass sie benommen liegen blieb.
»So ist es gut«, flüsterte die Cavallo. Dann beugte sie sich nach unten, es machte ihr nichts aus, dass die beiden Kinder von ihren Plätzen aufgestanden waren. Sie standen jetzt am Tisch und schauten hinüber. Aber sie kamen nicht näher und sahen auch nicht genau, was hier ablief.
Die Zähne der blonden Bestie klammerten sich praktisch am Hals der Elsa Gunn fest.
Dann biss Justine zu!
Und das Blut sprudelte. Es war wie ein Brunnen, der seine rote Ladung in ihren Mund schickte.
Justine genoss es. Sie trank, sie schluckte, sie schmatzte und stöhnte auch dabei vor Wonne.
Der Widerstand des Opfers war längst erlahmt. Nicht mal ein Zucken durchrann ihren Körper. Sie lag da wie eine Tote, aber sie würde nicht normal sterben, sondern wieder erwachen und als Vampirin durch die Gegend geistern. Das war Justine egal. Für sie zählte nur das Blut, und das trank sie bis zum letzten Tropfen.
Danach stand sie auf.
Ihre Lippen und deren Umgebung waren beschmiert. Es sah aus, als wären sie eingeschlagen worden, was ihr nichts ausmachte.
Wichtig war allein der Grad ihrer Sättigung, und der lag sehr hoch.
Noch bevor sie den am Boden liegenden John Sinclair erreichte, hörte sie dessen Stöhnen. Er war dabei, aus seinem Zustand zu erwachen, und danach wartete Arbeit auf ihn.
Sie stieg über ihn hinweg. »Bis zum nächsten Mal, Partner«, sagte sie und lachte.
Sekunden später hatte sie das Haus verlassen und lief mit schnellen, langen Schritten auf einen dunklen Van zu, den sie hinter einem Steinhaufen abgestellt hatte.
Mit einem Wohnmobil war sie nicht mehr unterwegs. Es war ihr zu hinderlich. Sie passte sich den Verhältnissen immer an und verschwand auch hier, ohne dass es aufgefallen wäre…
***
Ich erwachte mit einem verdammten Brummschädel, blieb zunächst knien und stützte mich mit den Händen ab. Mein Erinnerungsvermögen war mir durch den Schlag nicht geraubt worden. Die letzten Szenen rollten wie ein Film vor meinem geistigen Auge ab.
Sie hatte es geschafft.
Verdammt noch mal, an Justine Cavallo hatte ich nicht mehr gedacht. Aber man durfte sie eben nicht vergessen.
Ich schaute nach vorn und musste zunächst mal irgendeinen Nebel durchdringen, erst dann konnte ich besser sehen. Der Flur zum offenen Wohn- und Essraum hin war nicht leer. Dort lag jemand.
Ich musste erst mal über meine Augen wischen, bis ich erkannte, wer dort auf dem Boden lag.
Es war Elsa Gunn!
Mir fiel ein, dass ich sie niedergeschlagen und auch mit einer Handschelle gefesselt hatte. Sie rührte sich noch immer nicht, und das machte mich schon misstrauisch. Ich hatte noch Probleme mit meinem Denkapparat und war auch nicht in der Lage, mich zu erheben. Normal hätte ich nicht gehen können.
Deshalb kroch ich auf allen Vieren näher. Ich hörte die helle Kinderstimme des Jungen, doch darum kümmerte ich mich nicht.
Mit zusammengebissenen Zähnen setzte ich meinen Weg fort, der gar nicht mehr so lang war. Ich hatte die Kopfgeldjägerin bald erreicht, holte
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