1335 - Die Verlorenen Geschenke der Hesperiden
es dir ansehen!"
Mißmutig machte Vornay sich auf den Weg zur Luke. Er stieg in das Innere der Plattform hinunter und zwängte sich in den engen Kontrollraum. Der Bildschirm zeigte den Meeresspiegel und das grüne Wasserreich darunter.
Der Gataser entdeckte, wovon der Autopilot die ganze Zeit gesprochen hatte.
Ein riesiger Felsklotz schwamm im Wasser. Er ragte tief hinab in die Unergründlichkeit, stellte ein gefährliches Hindernis für die Schifffahrt dar und besaß eine hellgrüne Farbe, die sich kaum von der des Wassers unterschied. Hätte das Ding weiß oder grau geleuchtet, hätte er es für einen verirrten Eisberg aus der Polarzone gehalten. So aber gab ihm das Ding Rätsel auf.
Eine Ahnung bemächtigte sich des Krisenrats. Hatte er sich bisher eingeredet, daß er sich nicht mehr nach einem Geschenk sehnte, so entsprach es doch den Tatsachen, daß kein Blue von der Sehnsucht verschont geblieben war. Sie hatte sogar die Angehörigen anderer Rassen erfaßt, die auf Gatas und den anderen Planeten lebten.
Vornay richtete sich auf. Was er an Gefühlen bisher in seiner Arbeit erstickt hatte, drängte jetzt vehement an die Oberfläche. Er taumelte und hielt sich mühsam an einer Leiste fest.
„Volle Kraft voraus!" zirpte er mit bebender Stimme. „Geh bis dicht an das Gebilde heran!"
Er kehrte auf die Oberseite der Plattform zurück. Diesmal setzte er sich an die Mulde und ließ die Wasseroberfläche nicht mehr aus den Augen. Die Plattform setzte sich in Bewegung und durchpflügte das Wasser, bis sie plötzlich mit aufheulenden Triebwerken Gegenschub gab und stillag.
„Was ist?" pfiff der Blue. „Warum geht es nicht weiter?"
Die Antwort des Autopiloten war einleuchtend. Der Felsklotz kam ihnen entgegen. In Sichtweite begann sich die Wasseroberfläche zu kräuseln, spitzte der Gipfel des Berges in die Luft, als müßte er prüfen, ob sie rein sei. Grün schimmernd hob er sich aus dem Wasser, und Vornay erhielt in diesem Augenblick völlige Sicherheit.
„Es ist ein Geschenk", jubelte er. „Sieh nur, ein Geschenk wartet auf mich!"
Das Geschenk der Hesperiden war vergleichsweise groß. Aber es gab größere, und sie standen irgendwo auf den Planeten herum, eifersüchtig bewacht von ihren Besitzern. Der Felsklotz schwankte leicht im Wasser und stieg immer weiter empor. Nach kurzer Zeit ragte er hoch über die Plattform hinaus.
Vornay spürte jetzt deutlich die Faszination, die das Ding auf ihn ausübte. Er fühlte sich zu ihm hingezogen und getraute sich doch nicht so recht. Einerseits sehnte er sich nach dem Geschenk, andererseits zerfloß er aus Achtung vor dem riesigen Gebilde. Wenn er es besaß, wie sollte er es vor Zudringlichen schützen?
Etwas zupfte in seinem Bewußtsein. Er zuckte zusammen und lauschte, wie sich in seinen Gedanken erste Begriffe bildeten und zu seinem Satz formten.
„Ich schütze mich selbst, Vornay", sagte das Geschenk lautlos in ihm. „Es gibt nichts und niemand, der in der Lage wäre, mir Schaden zuzufügen. Aber ich würde es bedauern, wenn mir etwas zustieße!"
„Ich auch", beteuerte der Blue hastig. „Ich werde dich mit aller Sorgfalt behandeln, die dir zusteht!"
Das Geschenk der Hesperiden schwieg eine Weile. Es bewegte sich ein weiteres Stück auf die Plattform zu.
„Du klingst nicht gerade begeistert, Krisenrat", teilte es mit. „Und dabei habe ich dich ausgesucht, weil ich dich für ein bedeutendes Wesen halte."
„Verzeih. Was muß ich tun? Wie kann ich dir helfen?"
Vornay überschlug sich vor Entgegenkommen. Er vergaß die Plattform, und die stupide Meldung des Autopiloten, daß die Plattform den Berg berührt hatte, nahm er nicht einmal wahr.
„Ich begleite dich auf allen deinen Wegen", ließ das Geschenk verlauten. „Du wirst bald erfahren, was du für mich tun kannst. Ich fordere und verlange nichts."
Raynit-Sit-Vornay dachte an das, was er bereits über die Geschenke wußte. Jedes Geschenk besaß einen Namen und ein Stück Wissen.
„Wie heißt du?" fragte er.
„Du bist voreilig", kam die Antwort. „Es fehlt dir ein gutes Stück Faszination, Vornay. Wir werden eine Weile intensiv miteinander arbeiten müssen, ehe ich dir meinen Namen sage!"
Der Gataser erschrak. Die Worte klangen unpersönlich, und er empfand es so, als enthielten sie eine unterschwellige Drohung. Jetzt, wo er endlich ein Geschenk hatte, wollte er es nicht gleich wieder verlieren.
„Ich werde mir Mühe geben", zirpte er. „Aber geh bitte nicht weg, ja?"
Und das versprach
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