1337 - Krieg der Esper
Nische zwischen zwei tragenden Wänden mit einem Informationsknotenpunkt und Verteiler. Hier lief en alle Fäden zusammen. Von hier wurden die Befehlsimpulse aus der Kommandozentrale zu den Endstellen weitergeleitet, und über den Verteiler liefen auch alle Gespräche, die über das Interkomnetz geführt wurden.
Ich konnte mühelos und ohne große Gefahr vor Entdeckung am Bordleben in Bild und Ton teilhaben.
Es war mir ebenso möglich, die Vorgänge in der Kommandozentrale zu beobachten wie alles, was in dem unter mir liegenden Laderaum ablief. Ich konnte selbst Einblick in Dao-Lin-H'ays Gefängnis nehmen. Doch tat ich das nur, wenn sie Besuch hatte.
Die Intimsphäre der Hohen Frau war mir raknor.
Meine Ehrfurcht vor ihr war groß -und entsprechend die daraus resultierende Scheu. Ich hatte es bisher noch nicht gewagt, Kontakt mit Dao-Lin-H'ay aufzunehmen, wiewohl sie längst über meine Anwesenheit Bescheid wissen mußte. Zumindest war mir per Tonträger - in den Portabel-Computer integriert - versichert worden, daß Dao-Lin-H'ay rechtzeitig telepathisch über mich informiert werden würde. Also konnte ich voraussetzen, daß sie meine Nähe ahnte.
Es war demnach gar nicht wichtig, daß ich mich ihr auch zeigte, sie meiner Treue und bedingungslosen Ergebenheit versicherte.
Ich wußte, wann ich eingreifen und aktiv werden mußte. Der entsprechende Befehl war klar, wenn auch etwas allgemein gehalten. „Deine Stunde ist gekommen, wenn die letzte, entscheidende Großoffensive gegen die WAGEIO stattfindet. Dann wirst du dich schützend vor Dao-Lin-H'ay stellen, sie notfalls auch unter Einsatz deines Lebens verteidigen." Wie eine solche Großoffensive aussehen würde, das wurde mir nicht im Detail beschrieben. Aber sie sollte erst stattfinden, wenn die Mannschaft der WAGEIO zermürbt und das Schiff selbst nicht mehr voll manövrierfähig und nur noch beschränkt verteidigungsfähig war.
Dieser Zustand war längst schon eingetreten.
Und dann kam der Alarm, und ich wußte sofort, daß das das Zeichen für die angekündigte Großoffensive war. Ich schaltete mich unbemerkt in das Kommunikationsnetz ein und war sozusagen „live" am Geschehen beteiligt. Mein erster Eindruck war, daß die WAGEIO diesmal gegen die Übermacht unserer Flotte chancenlos war und die Entscheidung fallen mußte.
Die Ortung registrierte sage und schreibe 200 „feindliche" Einheiten, die über das Blauer-Montag-System verteilt waren. Die Hälfte davon hatte St. Monday II eingekesselt. Und die WAGEIO? Sie setzte gerade zur Landung auf diesem Planeten an, drang bereits in die obersten Atmosphäreschichten ein und war entsprechend langsam und schutzlos. Um Energie zu sparen, verzichtete man auf den Einsatz der Antigravs, der Andruckabsorber und sogar der Feldschirme. Entsprechend gedrosselt verlief demnach das Landemanöver.
Als jedoch der Alarm kam, leistete sich die Protektorin Nikki Frickel den Luxus, die Hohe Frau Dao-Lin-H'ay durch ein Paratronfeld abzuschirmen. Und natürlich spannte sich auch gleich darauf ein Schutzschirm um das gesamte Schiff.
So war den vermutlich in Lauerstellung befindlichen Espern der Zugriff zum Feindschiff vorerst verwehrt.
Und Pao-Lin-H'ay war auch für mich unerreichbar.
Leider war es mir versagt, das Paratronfeld um die Hohe Frau zu desaktivieren, denn mir fehlte die nötige Ausbildung, um mich an die Manipulation der High-Tech-Geräte der Sayaaroner zu wagen.
Aber meine Chance würde kommen, da war ich sicher. „Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen!" entfuhr es mir, als ich in die Kommandozentrale kam und mir einen ersten Überblick über die Situation verschafft hatte. „Wem speziell gilt dein Vorwurf?" fragte Narktor zornig zurück. „Die Luft. war rein, als wir das Landemanöver begannen. Die Kartanin sind eben schlauer als du. Sie warteten so lange, bis wir völlig schutzlos waren."
Narktor hatte recht, aber ich dachte nicht daran, mich wegen meines Gefühlsausbruchs zu entschuldigen.
Ich werde meine Zunge erst im Zaum halten, wenn ich tot bin.
Unsere Situation war fatal.
Als die kartanische Flotte geortet wurde, war die WAGEIO schon längst in die oberen Staubschichten von St. Monday II eingedrungen. Bevor das Bremsmanöver wirksam wurde, waren die ersten Feindschiffe dem zweiten Planeten bereits bis auf 400.000 Kilometer nahe gekommen. Und als wir endlich Gegenschub machen konnten und an Höhe gewannen, lauerten fünfzig Diskusraumer bereits im Orbit und flogen verwirrende Manöver,
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