1340 - Lady Sarahs teuflische Tochter
Licht einer Lampe, deren Fuß golden glänzte, verteilte sich auf der Fläche und bestreute eine lederne Unterschriftenmappe, die Telefonanlage und einige Schreibutensilien.
Nichts wies darauf hin, dass hier vor kurzem noch jemand gesessen und gearbeitet hatte.
Das Kribbeln auf ihrem Rücken nahm an Stärke zu. Jane spürte auch den leichten Schweißfilm, der auf ihren Handflächen lag.
Was war hier geschehen?
Sie schaute auf den leeren Ledersessel. Auch dieses Material schimmerte in einem dunklen Grün. Nur Teile des Lichts flossen über den Sessel hinweg. Doch genau in diesem Gebiet entdeckte Jane Collins einen dunklen Fleck. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Notar ihn nicht entdeckt und entfernt hatte. So etwas passte einfach nicht zu William Hobson. Auch sah der Fleck recht neu aus. Er war zudem verlaufen, und Jane brauchte nicht mehr lange nachzudenken, um zu wissen, woraus dieser Fleck bestand.
Blut!
Ja, das musste Blut sein und…
In den nächsten Sekunden reagierte sie automatisch. Sie sackte in die Knie, schaute unter dem Schreibtisch hinweg – und stand plötzlich starr vor Schreck.
Vor dem Schreibtisch lag ein Mensch. Es war William Hobson. Er trug einen dunkelbraunen Anzug und dazu ein weißes Hemd, dessen Kragen allerdings eine rote Farbe zeigte. Er hatte einiges von dem Blut aufgesaugt, das aus der offenen Kehle geflossen war…
***
Sekundenlang wähnte sich Jane in einem falschen Film. Sie konnte weder sprechen noch atmen. Hinter ihrer Stirn hämmerte es. Stechende Schmerzen zogen durch ihren Kopf. Sie war auch nicht in der Lage, sich aus ihrer gebückten Haltung zu erheben, der Schock über den Tod des Mannes hatte sie erstarren lassen.
Nur langsam löste sich die Starre. Sie schob sich wieder in die Höhe und schaute sich dabei um. Es hatte sich nichts verändert.
Nach wie vor lag die Stille über dem Raum, und nur sie war es, die sich bewegte. Das Zittern konnte sie nicht vermeiden, denn mit diesem Schock hatte sie nicht gerechnet.
Dann fiel ihr der Anruf ein.
Die Frauenstimme, in der Hass geklungen hatte. Die unbekannte Anruferin, dieses verdammte Weib, das Jane als Schlampe beschimpft hatte. Okay, sie hatte sich schon einiges anhören müssen, das machte ihr auch nicht viel aus, aber dieser schreckliche Mord hatte sie doch schwer getroffen. Als sie auf den Toten zuging und dabei den Schreibtisch umrunden musste, stützte sie sich an der Platte ab, um nicht in den Knien einzusacken. Das Blut war ihr in den Kopf gestiegen, hinter den Augen spürte sie den Druck. Sie erkannte vor dem Schreibtisch besser, was passiert war. Der Anwalt war nach seinem Tod auf dem glatten Leder vom Stuhl gerutscht und auf dem Boden gelandet. Auf dem Weg dorthin hatte er einen Blutfleck auf dem Leder hinterlassen.
Wer war der Täter? Oder war es eine Täterin?
Jane wollte sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Es war erst mal wichtiger, die Polizei zu informieren, und sie wusste auch, wessen Nummer sie wählen wollte. Die von Chief Inspector Tanner, denn ihn kannte sie am besten.
Jane stand noch immer unter Schock, als sie sich dem Telefon näherte. Den Hörer nahm sie nicht mehr ab, denn plötzlich hörte sie die Stimme einer Frau.
»Lass es sein, du Schlampe, sonst bist du schneller in der Hölle als du denken kannst…«
***
Auf einen gewissen Stimmenklang musste man achten, das hatte Jane die Erfahrung gelehrt. Die Worte waren kein Spaß, hinter ihnen hatte ein verdammt starker Ernst gesteckt.
Jane, die den Kopf gesenkt hatte, hütete sich davor, den Hörer aufzunehmen. Dafür veränderte sie nur ihren Blickwinkel und schaute jetzt mit gedrehtem Kopf dorthin, von wo sie die Stimme erreicht hatte.
Sie lachte nicht, obwohl es fast lächerlich wirkte. Es war wie in einem schlechten Film. Sie konnte nur den Kopf schütteln, denn in der mit Schränken bestückten Wand war eine Tür eingelassen worden, die sich voll und ganz dort integriert hatte und sich nun öffnete.
Eine Frau trat hervor. Nein, sie war schon hervorgetreten. Jane war es nur so vorgekommen. Die Frau hielt eine Pistole in der Hand und zielte auf Jane Collins.
Die Detektivin übersah zunächst die Waffe. Sie kümmerte sich mehr um das Aussehen der Person und musste zugeben, dass sie die Frau noch nie zuvor gesehen hatte.
Sie war dunkelhaarig. Der Schnitt zeigte verschiedene Längen. Er bestand aus Fransen, die in die Höhe gekämmt worden waren und regelrechte Stehbüschel bildeten. Das Gesicht gehörte zu einer etwa
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