1342 - Die Totmacher
weht, würde sie auch nicht bewegt.« Suko lachte. »Ich weiß, dass es verrückt klingt, aber das ist mein Vorschlag, den ich dir machen kann, John.«
»Der nicht mal schlecht ist.«
»Du willst es versuchen?«
»Ja, wenn es geht.«
»Gut. Dann geh los.«
Es passte uns beiden nicht. Von einem großen Optimismus konnte nicht die Rede sein, aber wir sahen beide keine andere Möglichkeit, und so mussten wir alles auf eine Karte setzen.
Von den Blaines verabschiedete ich mich nicht. Mit einem drückenden Gefühl in der Magengegend bewegte ich mich über die Straße hinweg und nahm Kurs auf das Haus der beiden Schwestern. Je näher ich kam, umso deutlicher schälte es sich aus der Dunkelheit hervor und wirkte wie ein dunkler Klotz hinter den grauen Wolken.
Die Tür war nicht zu verfehlen. Sie lag ebenerdig. Vieles nahm ich wie nebenbei wahr. Das feuchte Glänzen der Fassade, den schwachen Schimmer hinter den Fenstern und die plötzliche Ruhe, die hier herrschte. Sämtliche Geräusche dieser Halloween-Nacht lagen plötzlich weit zurück.
Die Tür stand nicht offen.
Ich suchte eine Klingel.
Auch die gab es im Mauerwerk. Als ich auf den Knopf drückte, hörte ich im Haus das leicht schrille Geräusch.
Ein Zurück gab es nicht mehr. Ich wartete darauf, dass die Tür geöffnet wurde.
Es passierte wenig später. Nicht heftig, sondern ganz normal, und mir klang die Stimme einer Frau entgegen.
»Kommen Sie rein, Mr. Blaine…«
***
Ich hörte den kleinen Stein poltern, der mir vom Herzen gefallen war. Die erste Hürde war genommen. Das mörderische Paar war nicht auf die Idee gekommen, dass sich ein anderer Mann für Ethan Blaine ausgeben könnte und das machte mir Hoffnung.
Ich ging sehr langsam. Ich wollte mich in die Rolle des besorgten Vaters hineinversetzen und hoffte, dass man sie mir abnahm. Die Tür schob ich weiter auf und so gelang mir ein erster Blick in einen recht langen Flur, an dessen Ende eine Treppe begann, die ich nur schwach erkannte, denn das Licht zwischen den Wänden war trübe.
Die Frau mit den silberblonden Haaren war zurückgetreten und befand sich außer meiner Reichweite. Sie interessierte mich im Moment nicht, den etwas anderes war viel wichtiger.
Am Ende des Flurs, genau dort, wo die Treppe begann, hielt sich Lou Gannon auf. Er war nicht allein. Er hatte das blondhaarige Mädchen als Geisel genommen und hielt es mit seinem linken Arm umklammert.
Es war nicht die erste Geiselnahme, die ich erlebte. Aber dieses Bild schnitt mir doch ins Herz. Nicht nur, weil ich trotz der Entfernung die Angst im Gesicht der Kleinen erkannte, sondern auch aus einem anderen Grund, denn Lou Gannon bedrohte das Mädchen mit einem Beil. Er hielt es so, dass die Schneide beinahe ihre Kehle berührte. Ich musste kein großer Rater sein, um zu wissen, dass die blanke Schneide verdammt spitz war und mit einem Messer verglichen werden konnte.
Dieser Anblick schnitt mir in die Seele. Ich merkte, dass ich feuchte Hände bekommen hatte, doch ich wusste auch, dass ich mich zusammenreißen und zugleich die Besorgnis des Vaters zeigen musste. Hoffentlich gelang es mir.
Gannon lachte mir entgegen. Ich fand dieses Lachen widerlich.
»Das hast du gut gemacht, Mira«, lobte er seine Komplizin.
»Perfekt, jetzt haben wir auch den lieben Daddy, dieses verdammte Schwein, das es nicht geschafft hat, meinen Bruder zu verteidigen und ihn schließlich in den Tod trieb.«
Ich hatte den Hass aus diesen Worten hervorgehört und wusste, worauf ich mich einstellen musste. Aber ich antwortete nicht auf die Frage und blieb sehr ruhig, denn für mich kam es darauf an, wie Wendy reagierte. Wenn sie jetzt rief, dass ich nicht ihr Vater war, dann wurde die Lage für mich gefährlich. Weniger für Wendy, denn sie wurde auch weiterhin als Geisel gebraucht.
Das Mädchen reagierte perfekt. Kein falsches Wort drang über seine Lippen. Ohne sich zu bewegen, blieb es auf der Stelle stehen und schaute mich an, wobei ihr Gesicht ausdruckslos war. Sie wusste, dass sie sich in einer lebensgefährlichen Lage befand und dass es ein Fehler sein würde, wenn sie sich jetzt bewegte.
»Schließ die Tür, Blaine!«
»Gut.«
Ich drehte mich langsam herum. Es war wichtig, ob ich es schaffte, die beiden reinzulegen. Dass sie mich beobachten würden, lag auf der Hand. Ich bewegte mich nicht zu langsam und auch nicht zu schnell, sondern einfach nur normal.
Es gab auch ein bestimmtes Geräusch, das keinen misstrauisch machen konnte, aber ich schloss
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