1342 - Die Totmacher
zuhören!«
Der Anwalt gab eine Antwort. Nur passte sie mir nicht. »Hören Sie auf. Ich muss gehen.«
»Nein, das müssen Sie nicht! Es gibt eine andere Möglichkeit. Aber Sie müssen mir endlich zuhören.«
Keiner mischte sich ein. Die Anwesenden spürten, dass eine Entscheidung dicht bevorstand. Da war es besser, wenn sie sich zurückhielten. Auch Suko stellte keine Fragen.
»Haben Sie verstanden?«
»Ja.«
Er war endlich aus seiner Starre erwacht und holte schnaufend Luft. Er wollte sich entschuldigen, aber ich winkte ab.
»Es ist alles verständlich, Mr. Blaine. Das weiß ich. Ich würde vielleicht nicht anders handeln, wenn es meine Tochter wäre, die sich in dem Haus befindet und von diesem Paar festgehalten wird. Das ist ein Fakt, den wir bedenken müssen. Aber, und das sage ich Ihnen auch, wir sind nicht chancenlos.«
»Ach ja?«
Ich wollte nicht länger um den heißen Brei herumreden und kam zum Thema. »Sie haben also den Bruder verteidigt.«
»Ja. Killer Gannon.«
»Und Lou Gannon hat sich bei diesem Prozess nicht im Gerichtssaal befunden – oder?«
»So ist es. Er war nicht dabei. Ich habe keine Ahnung, wo er sich herumgetrieben hat, aber während des Prozesses habe ich ihn nicht zu Gesicht bekommen.«
»Er kennt Sie also nicht?«
»Genau.«
»Und das ist unsere Chance!«
Ethan Blaine begriff noch nicht. Er hätte mir meine Erleichterung ansehen können und ich sprach auch das sehr bald aus, was ich dachte und was bei mir zu einem Plan gereift war.
»Wenn er Sie nicht kennt, dann weiß er nicht, wie Sie aussehen, Mr. Blaine. Dann kann ich also in das Haus hineingehen und mich als Sie ausgeben. Können Sie das nachvollziehen?«
Er überlegte und staunte dabei. Dann zuckten seine Lippen und er holte tief Luft. Allmählich wurde er wieder normal. Seine Frau trat an ihn heran und hielt ihn am Arm fest.
»Also, das wollen Sie, Mr. Sinclair.«
»Ja. Und da ich nicht allein bin, kann mein Partner mir den Rücken decken.«
Blaine atmete aus. Er sah zum Haus hin, vor dessen Fassade der Nebel wogte. Er wusste noch nicht, wie er sich entscheiden sollte.
Ich erhielt Hilfe von seiner Frau.
»Das ist doch die Chance, Ethan. Mr. Sinclair ist dem Killer wirklich unbekannt. Ich denke mal, dass er die Rolle perfekt spielen kann. Wir müssen es versuchen.«
»Ja«, murmelte der Anwalt, ohne überzeugt zu wirken. »Das versteh ich schon. Nur ist mir nicht ganz klar, wie Wendy reagieren wird, wenn sie einen Fremden sieht.«
»Das ist der wunde Punkt«, gab ich zu. »Trotzdem sollte ich es versuchen. Und dann sollten wir ihrer Tochter auch etwas zutrauen. Sonst hat alles keinen Sinn.«
Er war noch nicht überzeugt. »Und was wird passieren, wenn ich trotzdem gehe?«
»Dann wird man Sie töten. Und Wendy vielleicht auch. Sie sollten sich entscheiden, denn viel Zeit haben wir nicht.« Ich blickte zum Haus hinüber. Auch wenn dort jemand am Fenster stand, wir waren für ihn nicht zu sehen, weil die Nebelschwaden alles verschlangen.
»Dann muss ich wohl darauf eingehen«, flüsterte der Anwalt nach einer Weile.
»Gut«, sagte ich und gab mich erleichtert, obwohl jetzt alles an mir lag und der Druck nicht eben klein war. Ich erklärte den Blaines noch, dass sie sich auf jeden Fall zurückhalten sollten und drehte mich zu Suko um, der sich nicht eingemischt hatte, jedoch in meiner Nähe stand und mich skeptisch anschaute.
Ich hob die Augenbrauen. »Was ist?«
»Da hast du dir ja einiges vorgenommen.«
»Stimmt.«
»Wie willst du es angehen?«
»Ganz normal. Ich werde klingeln und hineingehen. Und dann wird es sich ergeben. Aber ich wäre froh, wenn du mir den Rücken decken würdest.«
»Wie hast du dir das denn vorgestellt?«
»Wir werden bestimmt in einem Raum sein, der nicht dunkel ist. Wenn es dir gelingt, durch ein Fenster zu schauen, könntest du einiges sehen. Im Innern gibt es ja keinen Nebel.«
»Riskant.«
»Weiß ich.«
»Außerdem sind sie zu zweit. Die Frau darfst du auf keinen Fall unterschätzen.«
»Stimmt, Suko. Aber hast du eine bessere Idee? Ich gehe noch immer davon aus, dass ich mich besser verteidigen kann als Ethan Blaine. Ich stehe den Vorgängen nicht so emotional gegenüber.«
Er schaute mich an. Dann nickte er. »Okay, wir werden sehen, was sich machen lässt. Wichtig wäre, dass die Haustür nicht ins Schloss fällt, wenn du drin bist. Manche lassen sich so öffnen und schließen wie normale Türen. Da kann man so tun, als wäre sie geschlossen. Da kein Wind
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