1343 - Manons Feuerhölle
Manon, der jungen Frau, die für andere Menschen eine Hexe war und nun bestraft werden sollte.
Man hatte es ihr angedroht. Man hatte ihr erklärt, welches Schicksal sie erleiden würde. Sie konnte sich auf alles einstellen, und sie wusste, dass sie keine Hilfe haben würde.
Auch nicht von den Menschen, bei denen sie angestellt war. Als Bedienung in der Schenke. Wo sie den Gästen Wein servieren musste und manchmal auch den selbst gebrannten Schnaps.
Das alles hatte sie getan, und sie war auch manchmal besonders guten Gästen zu Willen gewesen, wenn es der Wirt verlangt hatte.
Ihm musste sie sowieso jeden Wunsch erfüllen, was sie stets mit wirklichem Ekel hinter sich gebracht hatte.
Er hatte sie nicht angeschwärzt. Es war seine hässliche Schwester gewesen, die den Hexenjägern Bescheid gegeben hatte, und die waren jetzt auf dem Weg zu ihr.
Es gab keinen Scheiterhaufen, auf dem sie sterben sollte. Aber das Feuer würde sie vertilgen. Man würde sie in die Hütte am Dorfende einsperren und dort verbrennen.
Fliehen konnte sie nicht. Die Häscher der Hexenjäger hatten um das Gasthaus einen Kreis gebildet. Dahinter sammelten sich die Bewohner, denn sie alle wollten zuschauen, wenn das Haus und auch die darin steckende Person in Flammen aufging.
Niemand befand sich mehr in der Gastwirtschaft. Manon war die schmale Stiege nach oben gelaufen und hatte sich in ihrem Zimmer verkriechen wollen.
Sinnlos. Sie wäre überall erwischt worden. Und so hockte sie auf einem Schemel und schaute zur Tür hin, hinter der sie die Stimmen der Versammelten hörte.
Sie würden sich nicht mehr viel Zeit lassen und das Haus sehr bald stürmen. Eine Lawine aus Leibern. Keiner kannte Rücksicht, niemand hatte Erbarmen.
Draußen war der Schneeregen jetzt endgültig in Schnee übergegangen. Die Flocken fielen sehr dicht vom Himmel. Sie nahmen einem Menschen schon einen Großteil der Sicht, und auf dem Boden hatte sich der Schnee wie ein dünnes Leichentuch ausgebreitet.
Manon dachte an das Feuer!
Sie hatte eine schreckliche Angst davor. Für die meisten Menschen war es das wärmende Element, nicht aber für sie. Feuer konnte zerstören. Feuer nahm keine Rücksicht auf Menschen. Feuer war gierig und unersättlich. Genau das sollte sie spüren.
Es gab keine großen Fenster in der Gaststube. Sie konnte durch die Öffnungen nach draußen schauen. Dort tanzten die Schneeflocken. Die meisten von ihnen hatten eine gelbrote Farbe angenommen, denn außerhalb der Häuser brannten ebenfalls Feuer.
Manon zitterte am ganzen Leib. Die zuckenden Bewegungen ihres Kopfes wurden von den unsteten Blicken begleitet. Sie waren eine Folge der starken, in ihr steckenden Angst, die sie nicht unterdrücken konnte. Hin und wieder verließ ein leiser Schrei ihre Kehle. Zudem wurde ihr übel, wenn sie an die nahe Zukunft dachte.
Eine spätere gab es für sie nicht mehr. Sie hatte ein junges Leben gehabt. Zudem war sie eine Frau und sehr hübsch. Die Kerle hatten sich um sie gerissen, die Frauen waren neidisch und eifersüchtig auf dieses junge Blut gewesen, und sie würden jubeln, wenn die Flammen den jungen Körper zusammenschmolzen.
Die Tür flog auf.
Jemand hatte dagegen getreten. Die Wucht hatte sie aus der Halterung gerissen. So kippte sie in die Gaststube hinein und blieb auf dem Boden liegen.
Den Boden hatte sie kaum berührt, als die Häscher ebenfalls hereinstürmten. Sie waren gnadenlos. Es gab nichts, was sie aufgehalten hätte. Ihre Gesichter waren nach vorn gerichtet. Sie fixierten Manon mit ihren kalten Blicken, und sie las darin ihren Tod.
Die nächsten Minuten wurden für sie zu einem Albtraum. Gnadenlos griffen die Häscher zu. Sie zerrten sie hoch. Sie schleuderten sie von sich weg.
Manon spürte den harten Aufprall gegen den schmutzigen Boden. Tritte erwischten sie, bevor sie wieder auf die Beine gezerrt wurde. Kräftige Hände hielten sie fest und schleiften sie auf die Tür zu. Oder auf das Loch in der Wand, denn die Tür lag am Boden.
Zwei Schläge erwischten ihr Gesicht. Der Kopf wurde von einer Seite zur anderen geschleudert. Der harte Druck beeinträchtigte ihr Sehvermögen. Trotzdem sah sie die offene Türöffnung und dahinter die Bewegungen wie auf einem Bühnenausschnitt.
Der Schnee rieselte nicht, er fiel jetzt in nassen dicken Flocken, die pappig auf dem Boden liegen blieben. Füße zertrampelten die weißen Flecken zu Matsch. Stimmen grölten ihr entgegen. Die der Frauen kreischten zum Steinerweichen. Die Weiber waren
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