1347 - Der Schwarze Tod, Assunga und ich
verändert. Er herrschte nicht mehr über seine düstere Vampirwelt. Das war vorbei. Der Schwarze Tod hatte sie ihm abgenommen, und so war Will Mallmann praktisch heimatlos geworden.
Einer wie er konnte das nicht hinnehmen. Er musste sich anders orientieren. Wahrscheinlich war es für ihn am schlimmsten, zu wissen, dass er auf die Hilfe anderer Personen angewiesen war. Das konnte er nicht verkraften.
Er war in letzter Sekunde vor der Sense des Schwarzen Tods gerettet worden. Ausgerechnet von Assunga, der Schattenhexe, die nicht eben zu seinen Freunden zählte, weil beide Personen waren, denen es allein um die Macht ging.
Ich kannte mich aus. Und jetzt sah ich Mallmann in einer für ihn fremden Welt auf mich zukommen. Er ging mit langsamen Schritten. Nur einmal schaute er kurz zu den fünf Galgen hin, in denen nur noch vier Gestalten in den Schlingen hingen und langsam vor sich hinschaukelten.
Mallmann blieb stehen, als er nahe genug an mich herangekommen war. Ohne etwas zu sagen, schauten wir uns an.
Er sah aus wie immer. Ich hatte ihn schon auf der Sense des Schwarzen Todes liegen sehen, doch von dieser Verletzung oder Wunde war nichts zu sehen. Der Stahl hatte ihn eben nicht hundertprozentig getroffen.
Hatte er sich verändert?
Nein.
Vampire bleiben alterslos. Auch wenn ich ihn in 100 Jahren sah, würde er noch immer so aussehen. Es gab bei ihm eben keine Alterungserscheinungen, und das war auch bei einer gewissen Justine Cavallo der Fall, die allerdings nicht mehr mit ihrem Freund Mallmann zusammen war.
»Hallo, Will«, sagte ich und begrüßte ihn damit wie in alten Zeiten, als er noch normal gewesen war und beim BKA gearbeitet hatte.
»John Sinclair.« Die schmalen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Der Überlebenskünstler.«
»Richtig. Wie du!«
»Was soll ich darauf sagen?«
»Ich weiß es nicht. Ich bin nur der Überzeugung, dass die Rückkehr des Schwarzen Tods alles verändert hat. Plötzlich sind die Karten neu gemischt worden. Du hast deine Vampirwelt verloren und wirst jetzt als Heimatloser umherirren.«
»Ach, bist du sicher?«
»Ja. Oder willst du wieder zurück in deine Welt?«, fragte ich spöttisch. »Dort ist nicht immer eine Person in der Nähe, die dich retten kann. Und gegen den Schwarzen Tod selbst bist du nur ein kleines Licht. Das weißt du selbst.«
Meine Wahrheiten hatten ihn getroffen. Ich sah, dass es in ihm arbeitete. Er bewegte seinen Mund und auch die Wangen, ohne dass er nur ein Wort sagte. In den dunklen Augen brannte ein Feuer ohne Flamme. Ich wusste, wie es in ihm aussah. Es war ja nicht nur die eigene Gier, die ihn quälte, er brauchte nur an mir vorbei zu schauen, um die vier Blutsauger zu sehen, die in den Schlingen hingen. Da wurde ihm sein ganzes Elend vor Augen gehalten.
Seine Gesichtsbewegungen hörten auf. Er wollte mir nicht zustimmen und flüsterte: »Auch ein kleines Licht kann brennen und zu einer großen Flamme werden.«
Ich winkte ab. »Hör auf, so zu reden. Du bist nicht mehr der große Held. Ohne Assunga hätte es dich nicht gegeben. Sie hat sich an alte Zeiten erinnert und dich vor der Sense des Schwarzen Tods gerettet. Ab jetzt stehst du in ihrer Schuld.«
Das wusste er, und es wurmte ihn. Sein Blick wurde noch böser.
Er zerrte seine Lippen zurück, zeigte die beiden Bluthauer und hielt nur mühsam seine Gier in Schach.
»He, du kannst es versuchen, Will…«
»Noch nicht, John, noch nicht. Alles was du mir gesagt hast, das gebe ich zurück. Willst du denn im Ernst behaupten, dass es dir besser geht? Willst du das?«
»Doch, das kann ich, denn ich habe keine Welt verloren. Im Gegensatz zu dir.«
»Aber du bist auch nicht mehr da, wo du dich wohl fühlst.«
»Das stimmt.«
»Du bist jetzt bei mir, und ich weiß, dass du in dieser Welt keine Freunde hast.«
»Mag sein. Wobei mir mittlerweile klar geworden ist, wem sie gehört und wer hier herrscht. Es kann nur Assunga, die Schattenhexe, sein. Ich frage mich nur, welch ein Interesse sie an mir hat. Sie hätte mich doch lieber tot als lebendig gesehen.«
Mallmann lachte scharf auf und legte dabei den Kopf zurück.
»Hast du nicht selbst von den Veränderungen gesprochen? Damit musst auch du leben. Es ist nichts mehr so wie früher. Auch sie hasste es, dass der Schwarze Tod das Kommando übernommen hat. Sie weiß, wie gefährlich er ist, und sie will die entsprechenden Gegenmaßnahmen treffen. Das solltest du einsehen, John.«
»Klar. Aber wie sehen die aus?«
»Ich weiß es
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