135 - Die Söldnerin des Todes
und panische Angst hatten sie befallen, als er sich ihr in seiner wahren Gestalt zeigte. Verzweifelt hatte sie zu fliehen versucht.
Es hatte ihm gefallen, sie so lange zu jagen, bis sie entkräftet zusammenbrach. Schluchzend hatte sie ihn angefleht, ihr Leben zu verschonen, doch je mehr ein Opfer um sein Leben bettelte, desto größer war Raedyps Wunsch, es ihm zu nehmen.
Er tötete Abolla und nahm ihre Energie und ihre Jugend in sich auf. Sterbend rief sie nach ihrer Schwester Shaccaranda.
Raedyp wußte, wer Shaccaranda war, doch er fürchtete die Söldnerin des Todes nicht. Wenn sie versucht hätte, Abolla beizustehen, hätte auch sie ihr Leben verloren. Er rechnete nicht damit, daß sich Abollas kriegerische Schwester mit Rachegedanken tragen würde.
Sie würde nicht so unklug sein, ihn im Spinnentempel anzugreifen. Sie würde in ohnmächtiger Wut die Fäuste schütteln, wüste Flüche ausstoßen, ihre tote Schwester betrauern und sich schließlich damit abfinden, daß Abolla nicht mehr lebte.
Die Luft vor dem Spinnendämon schien plötzlich Wellen zu schlagen. Sein schwarzer Spinnenkopf begann dahinter zu verschwimmen, und als die Luft wieder stillstand, trug die Riesenspinne einen Männerkopf mit scharfgeschnittenen Zügen, und diabolisch geschwungenen Augenbrauen.
Er setzte die Spinnenbeine ›stechend‹ auf den glatten Boden. Als ihn Rillo näherkommen sah, schloß er die Augen. Der vierbeinige Teufel wünschte sich weit fort, zurück in sein Jagdrevier, das Metal niemals hätte betreten sollen. Vieles wäre ihm erspart geblieben, wenn er Metal nie kennengelernt hätte.
»Ihr seid gute Bekannte, wie ich höre«, sagte Raedyp mit hohntriefender Stimme zu Metal, »Roxane war lange Zeit die Freundin meines Vaters Mr. Silver«, sagte Metal. »Sie verließ ihn, als meine Mutter, die Hexe Cuca, zu ihm zurückkehrte. Niemand wußte, wohin sie ging.«
»Nun hast du sie gefunden«, sagte der Spinnendämon, »Ohne sie gesucht zu haben.«
»Du warst nicht auf der Suche nach ihr?«
»Nein, ich wollte Cuca finden«, antwortete Metal wahrheitsgetreu. »Auch sie verließ Mr. Silver mit unbekanntem Ziel.«
Raedyp lachte. »Dein Vater scheint auf Frauen keine besondere Anziehungskraft auszuüben. Sie laufen ihm alle weg,«
Metal schwieg. Er wollte mit dem Spinnendämon nicht über seinen Vater reden. »Als ich von Rillo hörte, du würdest eine Hexe gefangenhalten, dachte ich, es wäre meine Mutter, deshalb kam ich auf den Hügel. Wenn ich gewußt hätte, daß es Roxane ist, wäre ich dem Spinnentempel ferngeblieben.«
»Was hättest du getan, wenn sich Cuca in meiner Gewalt befunden hätte?« fragte Raedyp.
»Ich hätte sie befreit und mitgenommen.«
»In Roxanes Fall hältst du so etwas für Kraftverschwendung?« fragte Raedyp- »Ich bin nur an Cuca interessiert.«
»Vielleicht befindet sie sich auch hier«, sagte der Spinnendämon.
»Das glaube ich nicht«, sagte Metal. »Laß mich meine Suche fortsetzen. Ich verspreche, dich nie wieder zu behelligen.«
Raedyp grinste böse. »Ich werde dir helfen, dieses Versprechen zu halten. Wenn du tot bist, kannst du mich garantiert nicht mehr behelligen.«
»Dann laß mich wenigstens um mein Leben kämpfen«, verlangte der Silberdämon.
»Du hattest deinen Kampf bereits.«
»Ich möchte gegen dich kämpfen«, sagte Metal. »Befreie mich von diesem Kokon, und ich beweise dir, daß ein Silberdämon niemanden zu fürchten braucht!«
»Ich habe nicht die Absicht, deinem Wunsch stattzugeben«, erwiderte Raedyp frostig.
»Dann muß ich annehmen, daß du Angst vor mir hast.«
Der Spinnendämon ließ sich nicht herausfordern. Raedyp hatte nicht die Absicht, Metal zu beweisen, daß er ihm überlegen war. Es genügte ihm, selbst davon überzeugt zu sein.
Roxane stand reglos da und hörte mit unbewegter Miene zu. Ihr Gesicht wies eine ungesunde Blässe auf. Früher hatte sie anders ausgesehen, frischer, vitaler. Da war nichts mehr von der Lebendigkeit von einst in ihrem Blick.
Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, dachte Metal.
Eigentlich hätte ihm ihr Schicksal nahegehen müssen, schließlich liebte sein Vater dieses schöne schwarzhaarige Mädchen. Außerdem war Roxane eine weiße Hexe, und er gehörte nicht mehr der schwarzen Macht an.
Die Lage war etwas verzwickt, denn Metal hatte sich noch nicht hundertprozentig auf die gute Seite gestellt. Es gab noch Vorbehalte.
Ein absoluter Wechsel hatte noch nicht stattgefunden. Das würde noch einige Zeit dauern
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