135 - Die Söldnerin des Todes
Gang. Tavernier hatte keine Kontrolle mehr über die Dinge. Der Truck walzte die Zufahrt hoch, verließ das Asphaltband und wühlte mit seinen grobprofiligen Reifen den gepflegten Rasen auf. Er durchbrach Rhododendron- und Hibiskussträucher und hielt auf die Terrasse zu.
»Ist der wahnsinnig?« brüllte Philippe Tavernier wütend. »Wer lenkt den Truck? Verdammt, wer sitzt am Steuer dieses Trucks?«
Die Frontscheibe spiegelte so sehr, daß es ihm niemand sagen konnte. Schon längst hatte der Franzose erkannt, daß es sich bei dem Fahrzeug um einen gestohlenen und umgespritzten Truck aus dem Hangar von Greenwich handelte.
Wer war so verrückt, ihn hierherzubringen? Die Antwort bekam Philippe Tavernier zwei Sekunden später. Der Truck änderte geringfügig den Kurs, und plötzlich spiegelte die Scheibe nicht mehr.
Tavernier sah drei Männer. Den in der Mitte kannte er nicht, aber die beiden anderen waren ihm bekannt: Stanley Keel und Paul Holloway.
Keel lenkte das mächtige Gefährt. Er mußte den Verstand verloren haben. Der Schaden, den er bis jetzt angerichtet hatte, war enorm, und ein Ende war noch nicht abzusehen.
Der Truck mähte mehrere Birken nieder, zertrümmerte eine Steinbank und legte einen mit Zedernschindeln gedeckten Gartenpavillon um.
»Keel und Holloway leben!« stieß der Franzose aufgewühlt hervor. »Wir hielten sie für tot, doch sie leben. Aber sie sind übergeschnappt. Wie können sie es wagen, hier alles kaputtzufahren? Stoppt sie! Haltet diese Wahnsinnigen auf, ehe sie auch noch das Haus niederreißen!«
Die Bodyguards fühlten sich angesprochen und rannten los. Der Truck donnerte gegen die Steinbrüstung der Terrasse und warf sie um. Die Leibwächter sprangen zurück, und als der schwere Brummer zum Stehen kam, starteten sie, um die Männer, die in dem Fahrzeug saßen, herauszuholen.
***
Die Hölleneule erreichte mit Shaccaranda auf dem Rücken das Ende des Waldes. Es kostete sie sehr viel Kraft, das Mädchen zu tragen, aber sie hatte keine andere Wahl.
Wenn sie nicht gehorcht hätte, hätte die Söldnerin mit dem Schwert zugestoßen. Jetzt sank der Vogel langsam tiefer, doch Shaccaranda rief energisch: »Weiter! Zum Spinnenhügel!«
Die Eule zuckte zusammen.
»Zum Spinnenhügel!« wiederholte Shaccaranda. »Wehe, du landest früher. Du weißt, daß du dein Leben nur mit bedingungslosem Gehorsam retten kannst!«
Mit nervösen Flügelschlägen gewann die Hölleneule wieder an Höhe. Der Flugwind strich Shaccaranda ins Gesicht. Sie schaute hinunter auf einen breiten Sandstreifen, den sie hätte zu Fuß durchqueren müssen, wenn sie die Eule nicht in ihre Gewalt gebracht hätte.
Eigentlich war es ein Glück gewesen, daß der Vogel sie angegriffen hatte. Dadurch erreichte sie ihr Ziel nun früher, als sie gerechnet hatte.
Sie sah gigantische Wüstentiere, denen sie auf dem Weg zum Spinnenhügel begegnet wäre. Vielleicht wäre sie einem dieser monströsen Ungeheuer zum Opfer gefallen.
Hier oben war sie vor ihnen sicher.
In der Ferne tauchte der Spinnenhügel auf. Er war leicht zu erkennen - an seiner Flanke mit den glühenden Steinen und an den vier schwarzen Säulen, die auf seinem höchsten Punkt standen.
Shaccaranda befahl der Hölleneule, über dem Hügel mehrmals zu kreisen. Sie suchte sich die beste Landemöglichkeit aus und forderte den Vogel auf, dort hinunterzugehen.
Sie merkte, daß die Eule nur mit großem Widerwillen gehorchte. Sie schien Raedyps Ruf zu kennen und wollte sich nicht mit ihm verfeinden.
Das tat sie aber, wenn sie auf seinem Hügel landete, denn es geschah ohne sein Einverständnis. Die Krallen des Vogels kratzten über den harten Boden, als er aufsetzte.
Der weite Flug mit der schweren, ungewohnten Last hatte dem Vogel so viel Kraft abverlangt, daß er ziemlich erschöpft wirkte. Sehr viel weiter wäre die Hölleneule mit Shaccaranda auf dem Rücken nicht gekommen.
Zur Erschöpfung der Eule trug selbstverständlich auch die Verletzung bei, die immer noch blutete. Shaccaranda stieg ab. Kaum berührten ihre Füße den Boden, tauchten ringsherum die schwarzen Wächterspinnen auf!
***
Es war völlig irrational, was die Zombies getan hatten. Niemand hier hatte an dem Truck oder mir Interesse.
Dennoch hatten sie das Grundstück gestürmt, das Philippe Tavernier gehörte, wie ich inzwischen wußte.
Der Franzose war in London kein Unbekannter, Sein Foto geisterte immer wieder durch die Gazetten, in denen niemals etwas Schmeichelhaftes über ihn
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