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1356 - Am Abgrund des Lebens

1356 - Am Abgrund des Lebens

Titel: 1356 - Am Abgrund des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wusste, ob der Grusel-Star uns hier etwas vorspielte und uns an der Nase herumführen würde. Jedenfalls begegneten wir ihm mit einer gewissen Vorsicht und Distanz.
    »Ist er das wirklich?«, fragte Suko. Er hatte van Akkeren in diesem Zustand noch nicht so intensiv erlebt.
    »Ja, wer sonst.«
    »Ich kann es nicht fassen. Das ist kein Mensch. Das ist ein Wrack. Eine völlig veränderte Person.«
    »Er wurde in diesem Zustand eingeliefert«, erklärte der Arzt. »Er hat sich hier nicht verändert.«
    »Das weiß ich«, sagte Suko. »Aber sie haben ihn früher nicht gekannt. Deshalb bin ich so überrascht.«
    Der Grusel-Star war nicht gefesselt. Es schien sich in seinem Schneidersitz auf dem Bett ganz wohl zu fühlen. Für uns allerdings sah er weniger wie ein Mensch aus. Er glich irgendwie einer Kunstfigur, die sich in diese schlichte Zelle verlaufen hatte. Die zu große Kleidung ließ ihn auch nicht besser aussehen. Das eingefallene Gesicht, diese lappige Haut, das längst nicht mehr volle Haar. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, seit ihn der Geist des Baphomets hatte verlassen müssen, weil ich es so gewollt hatte.
    »Lassen Sie sich von seinem Zustand nicht täuschen«, erklärte der Arzt. »Van Akkeren kann es noch immer nicht lassen, finstere Drohungen auszustoßen. Ich denke, ich kann behaupten, dass er sich mit seinem Schicksal wohl noch nicht abgefunden hat.«
    »Dann glaubt er an eine Befreiung?«
    »Ja, es kann sein, Inspektor. Wie schon erwähnt, hat er oft von der Gestalt mit der Sense gesprochen.«
    Man hatte darauf verzichtet, van Akkeren zu fesseln. Weder an den Händen noch an den Beinen trug er Ketten oder Handschellen.
    Er konnte sich bewegen. Er konnte in der Zelle auf und ab gehen, nur konnte er nicht raus. Er war ein Mensch und kein Geist, der es schaffte, durch Wände oder Mauern zu gehen.
    Suko und Dr. Turgis blieben zurück, während ich mich dem Grusel-Star näherte. Auch für mich war es neu, ihm so gegenüber zu stehen. Ich senkte den Kopf und nickte ihm zu.
    »Hallo, van Akkeren. So sieht man sich wieder. Du auf der Seite, ich auf meiner. Es hat sich für dich nicht gelohnt, nach dem Templer-Schatz zu suchen. Er befindet sich jetzt im Besitz der wahren Templer, und du wirst ihn nie mehr zu Gesicht bekommen.«
    Ich hatte mich bei meinen Worten auf seine Augen konzentriert, um zu sehen, ob er ihren Sinn überhaupt begriff. Er sagte zunächst nichts. Sein Grinsen blieb, und ich sah auch die Unruhe seiner Hände, die er nicht still halten konnte. Er schabte mit den Handflächen über den Stoff seiner Hose hinweg und wippte leicht in seiner sitzenden Haltung. Auch die Haut auf seinen Händen hatte sich verändert. Sie war irgendwie heller geworden.
    »Du sagst nichts?«
    »Sinclair!«
    »Ja. Schön, dass du mich erkennst.«
    »Du hast gewonnen, nicht?«
    »Nun ja, das sieht so aus.«
    Van Akkeren schüttelte den Kopf. »Nein, nein, Sinclair, man kann nicht gegen uns gewinnen. Nur mal gegen einen von uns, aber nicht gegen uns als Gesamtheit. Es ist nichts verloren. Ich lebe, ich werde weiter leben, das weiß ich.«
    »Klar, du hast Recht. Du sitzt auch nicht hier, weil du irgendwann getötet werden wirst. Nein, du bist für die normale Welt nicht mehr existent. Es ist vorbei mit dir. Der große Grusel-Star ist in Vergessenheit geraten. Du hast es immer wieder versucht. Du hast mehrmals Anlauf genommen, und dein Weg war mit Blut begleitet, aber letztendlich bist du immer der Verlierer gewesen, und jetzt ist es für dich endgültig aus. Aus dieser Klinik kommst du normal nicht mehr weg. Als Toten wird man dich irgendwann wegschaffen, das hast du dir selbst zuzuschreiben.«
    Ich hatte diese Form der Ansprache bewusst gewählt, weil ich van Akkeren aus der Reserve locken wollte. Er sollte sich aufregen und er sollte versuchen, mir das Gegenteil zu beweisen. Auch wenn er möglicherweise angab, ein wenig Wahrheit würde ich in seinen Worten noch immer finden.
    Irgendwie passte sein Kopf nicht zu der ungewöhnlich mageren Gestalt. Er kam mir viel größer vor als normal, das Menschliche war hier grotesk verzerrt worden.
    Zum Lachen war es nicht, und er zeigte auch keine Angst vor der Zukunft. Von irgendwoher schien er Hoffnung zu schöpfen, denn das widerliche und faunische Grinsen verschwand nicht.
    »Du irrst dich, Sinclair. Ich bin nicht so allein, wie es aussieht. Nein, ich bin überhaupt nicht allein. Sie sind alle bei mir und halten den Kontakt mit mir aufrecht. Es ist wunderbar, kann ich

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