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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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stellen.
    «Zugbrücke!», rief Roland. Er hatte zwei Männer vor sich, beide mit gezogenem Schwert, aber mit einem Mal war er ganz ruhig. Das war sein Geschäft. Bisher hatte er nur bei Turnieren gekämpft, aber seine Siege in den Turnieraufstellungen waren das Ergebnis stundenlanger besessener Schwertübungen, er schlug einem Gegner das Schwert weg, wich zurück, trat wieder vor, und sein Schwert glitt zwischen die Rippen des Mannes links vor ihm, dann sprang er auf den anderen Mann zu, der gerade zu einem wilden Hieb ausholte, riss seinen Schwertarm zurück und rammte dem Mann seinen Ellbogen in den Bauch.
    «Ich habe ihn», rief Robbie, als wären sie im Massengefecht bei einem Turnier.
    Roland trat nach links und hieb sein Schwert abwärts, und der erste Mann war ausgeschaltet, kaum dass er mit dem Kampf begonnen hatte. Zwei Torwächter kamen nun auf ihn zu, und er griff sie sofort an. Einer trug einen Speer und stieß damit vor, doch Roland sah die Angst in seiner Miene, wehrte den Stoß, ohne nachzudenken, ab und ließ dann sein Schwert aufwärtsschnellen, sodass seine Spitze eine grässliche Wunde in das Gesicht des Mannes riss. Die Klinge schnitt durch Lippen, Nase und eine Augenbraue, und der Mann, dessen eines Auge sich mit Blut füllte, taumelte rücklings gegen den zweiten Wächter, der sich panisch in das Torhaus zurückzog. «Bring Madame Genevieve», rief Roland seinem Knappen zu, «unter den Torbogen!»
    Roland verschwand im Wächterhaus, während Robbie und Sculley den Zugang zu dem tiefen Bogendurchgang versperrten, der an seinem andern Ende von der geschlossenen Zugbrücke blockiert war. «Die Brücke ist mit verfluchten Bolzen gesperrt», sagte Sculley.
    Michel verstand kein Englisch, aber er hatte die Bolzen gesehen und zerrte den linken aus seinem Steinsockel. Genevieve griff nach oben und versuchte, den zweiten aufzuziehen, aber er rührte sich nicht, und der Umhang glitt von ihren Schultern. Männer im Hof sahen ihren nackten Rücken und brüllten lüstern. Michel kam ihr zu Hilfe, und der enorme Eisenbolzen fuhr kreischend zurück.
    «Halt sie auf, Sculley!», schrie Robbie.
    «Douglas!», brüllte Sculley seinen Kriegsruf den Männern im Burghof entgegen.
    Ein Wächter war noch im Torhaus, aber er schrak vor Roland zurück, der ihn jedoch nicht beachtete, sondern die Wendeltreppe zu dem großen Raum über dem Torbogen erstieg. Es war niemand dort, aber es war dunkel, das einzige Licht war der fahle Mondschein, der durch die Schießscharten hereinfiel, doch Roland sah die riesige Winde, mit der die Ketten der Zugbrücke aufgerollt wurden. Die Trommel der Winde war so breit wie der Torbogen und vier Fuß hoch. An jeder Seite befanden sich enorme Kurbelgriffe, aber es gelang Roland nicht, die Kurbel zu bewegen, an der er es zuerst versuchte. Unter sich hörte er Rufe und Waffenklirren. Schreie. Das Wiehern von Pferden. Ein paar Sekunden stand er hilflos da, überlegte, wie er den Mechanismus in Gang setzen konnte, und dann, als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah er einen großen hölzernen Sperrhebel in der anderen Kurbel stecken. Er hastete hin, packte den Hebel und zog. Einen Augenblick lang widerstand er seiner Kraft, dann aber löste er sich unvermittelt, und nach einem beängstigend lauten Klacken drehte sich die riesige Windentrommel mit ungebremster Schnelligkeit, die Ketten glitten ruckend und bebend von der Spule, bis eine der Ketten plötzlich riss, ihr Ende peitschte rückwärts durch den Raum und traf Rolands Gesicht in demselben Moment, in dem ein gewaltiges Krachen verkündete, dass die Zugbrücke unten war.
    Roland taumelte, war halb bewusstlos, dann hob er sein Schwert auf, das er hatte fallen lassen, um den Sperrhebel herauszuziehen, und rannte die Treppe hinunter.
    Das Tor war offen.
     
    «Sir?», Sam berührte Thomas an der Schulter.
    «Mein Gott», keuchte Thomas. Er war halb eingeschlafen, jedenfalls waren die Gedanken verschwommen durch seinen Kopf gezogen wie der zarte Nebel, der über dem mondbeschienenen Burggraben von Labrouillade hing. Er hatte an den Gral gedacht, an die gewöhnliche Tonschale, die er ins Meer geschleudert hatte, und sich wie schon häufig gefragt, ob es wirklich der Heilige Gral gewesen war. Manchmal glaubte er nicht daran, und manchmal zitterte er vor der Verwegenheit, die ihn dazu geführt hatte, den Gral unter dem ewigen Wiegen und Donnern der Wellen zu verstecken. Und davor, dachte er, hatte er die Lanze Sankt Georgs

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