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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Würdet Ihr die Frau und das Kind bringen?» Er öffnete die nächstbeste Tür und hatte einen kleinen Raum vor sich, in dem Weinfässer lagerten und ein Tisch mit Krügen, Trichtern und Bechern stand. Er wischte alles vom Tisch. «Das wird gehen», rief er, «und bringt Kerzen mit!»
    Er streichelte den Falken. «Bist du hungrig?», fragte er den Vogel. «Ist mein Liebling hungrig? Bald bekommst du etwas zu fressen.» Er stand an der Seite des Raumes, als Robbie Genevieve hereinbrachte. Sie hielt ihr Kleid vor der Brust zusammen. «Es macht den Anschein, als würdet Ihr die Ketzerin von früher kennen», sagte Vater Marchant zu Robbie.
    «So ist es, Vater», sagte Robbie.
    «Verräter», sagte Genevieve und spuckte Robbie ins Gesicht.
    «Er hat sich einer göttlichen Aufgabe verschworen», sagte Vater Marchant, «du aber bist von Gott verflucht.»
    Sculley zog Hugh durch die Tür und schubste ihn neben dem Tisch auf den Boden.
    «Kerzen», sagte Vater Marchant zu Sculley. «Hol welche aus dem Saal.»
    «Ich will aber sehen, was Ihr macht, ja?», sagte Sculley mit einem Grinsen.
    «Geh», befahl Vater Marchant schroff, dann drehte er sich wieder zu Robbie um. «Ich will sie auf dem Tisch haben. Wenn sie sich wehrt, schlagt sie.»
    Genevieve wehrte sich nicht. Sie wusste, dass sie nicht gegen Robbie kämpfen konnte, und schon gar nicht gegen Robbie und den grässlichen Mann mit den Knochen im Haar, der nun zwei enorme Kerzen hereinbrachte, die auf Weinfässer gestellt wurden.
    «Leg dich hin», befahl ihr Vater Marchant, «als wärst du tot.» Er sah sie zittern. Sie hatte die Hände über die Brust gelegt, um das zerrissene Kleid zusammenzuhalten, und der Priester wickelte nun den Fesselriemen von seinem Handgelenk ab und setzte den Falken auf Genevieves Handrücken. Die Krallen bohrten sich in ihr Fleisch, und sie stieß ein kurzes Wimmern aus.
«In nomine Patris»
, sagte Vater Marchant leise, «
et Filii et Spiritus Sancti
, Amen. Sir Robert?»
    «Vater?»
    «Wir haben keinen Schreiber, um die Beichte dieser Sünderin zu beurkunden, also werdet Ihr aufmerksam zuhören und bezeugen, was gesagt wird. Ihr habt die heilige Pflicht, Euch an die Wahrheit zu erinnern.»
    «Ja, Vater.»
    Der Priester sah Genevieve an, die mit geschlossenen Augen und verkrampften Händen auf dem Tisch lag. «Sünderin», sagte er sanft, «gestehe mir, warum ihr nach Montpellier gegangen seid.»
    «Wir haben einen englischen Mönch dorthin gebracht», sagte Genevieve.
    «Und warum?»
    «Er wollte an der Universität Medizin studieren.»
    «Ich soll dir glauben, dass
le Bâtard
den ganzen Weg nach Montpellier gegangen ist, nur um einen Mönch zu begleiten?», fragte Vater Marchant.
    «Es war eine Gefälligkeit für seinen Lehnsherrn», sagte Genevieve.
    «Öffne die Augen», befahl der Priester. Seine Stimme war immer noch sanft. Er wartete, bis sie gehorcht hatte. «Und nun erzähle mir», sagte er, «hast du schon einmal von Sankt Junien gehört?»
    «Nein», sagte Genevieve. Der Falke mit der Haube rührte sich nicht.
    «Du bist exkommuniziert, das stimmt doch?»
    Sie zögerte, dann nickte sie kurz.
    «Und ihr seid nach Montpellier gegangen, um einem Mönch einen Gefallen zu tun?»
    «Ja», sagte sie leise.
    «Es wäre in deinem Interesse», sagte Vater Marchant, «die Wahrheit zu sagen.» Er beugte sich vor, zog die Bänder der Falkenhaube auf und hob dem Vogel die Haube vom Kopf. «Das ist eine
Calade
», erklärte er Genevieve, «ein Vogel, der erkennen kann, ob du die Wahrheit sprichst oder lügst.» Genevieve sah dem Falken in die Augen und erschauerte. Vater Marchant trat einen Schritt zurück. «Nun berichte mir, Sünderin», sagte er, «warum seid ihr nach Montpellier gegangen?»
    «Ich habe es schon gesagt, um einen englischen Mönch zu begleiten.»
    Ihr Schrei hallte durch die ganze Burg.

Neun
    D er Schrei riss Roland aus dem Schlaf.
    Der Comte hatte nicht für Betten gesorgt. Die Burg war voller Männer, die darauf warteten, nach Bourges abzumarschieren, und sie schliefen, wo es eben ging. Viele tranken noch im großen Saal, während sich andere im Burghof hinlegten, wo auch die Pferde untergebracht waren, die keinen Platz in den Stallungen gefunden hatten, doch Rolands Knappe Michel hatte eine Truhe voller Banner entdeckt, die er auf einer Steinbank im Vorraum der Kapelle auslegte. Roland war gerade auf dieser notdürftigen Bettstatt eingeschlafen, als der Schrei durch die Gänge hallte. Verwirrt fuhr er auf, dachte, er wäre

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