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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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einschließlich Sams, folgten den Waffenknechten zum Burgtor. Sie rückten schweigend vor, und auch das war furchterregend. Diese Männer in ihren schwarz-weißen Wappenröcken, dachte Bruder Michael, hatten gelernt, im finsteren Tal des Todes zufrieden zu leben und erbarmungslos zu kämpfen. Keiner von ihnen schien betrunken zu sein. Sie waren diszipliniert, leistungsfähig und schreckenerregend.
    Le Bâtard
verschwand in dem Rauch. Von der Burg her waren Rufe zu hören, aber der Mönch konnte nicht erkennen, was dort vor sich ging, allerdings waren die Angreifer offenkundig in der Burg, denn nun strömten die Bogenschützen durch den rauchverhangenen Torbogen. Weitere Männer folgten ihnen, Männer mit den Wappen des Bischofs und des Comtes, um in der todgeweihten Festung nach noch mehr Beute zu suchen.
    «Es könnte gefährlich werden», warnte Sam den jungen Mönch.
    «Gott ist mit uns», sagte Bruder Michael und wunderte sich über seine leidenschaftliche Erregung, die so heftig war, dass er seinen Pilgerstab umklammerte, als wäre er eine Waffe.
    Von der Gasse aus hatte die Burg groß gewirkt, doch als er sich zwischen den verkohlten Flügeln des Tores hindurchgeschoben hatte, sah Bruder Michael, dass sie viel kleiner war, als es den Anschein gehabt hatte. Sie hatte keinen Außenhof und keinen großen Bergfried, sondern nur das Torhaus und einen hohen Turm, zwischen denen sich ein enger Hof erstreckte, in dem ein Dutzend sterbender Armbrustschützen in rot-goldenen Wappenröcken lagen. Ein Mann war von der Explosion am Tor ausgeweidet worden, und obwohl seine Eingeweide über den gepflasterten Hof verteilt waren, lebte er noch und stöhnte. Der Mönch blieb stehen, um ihm Beistand zu leisten, sprang jedoch zurück, als Sam dem Mann mit einer Leichtigkeit, die ebenso beiläufig wie herzlos wirkte, die Kehle durchschnitt. «Du hast ihn umgebracht!», sagte Bruder Michael entsetzt.
    «Natürlich habe ich ihn umgebracht, verdammt», sagte Sam fröhlich. «Was hast du denn von mir erwartet? Dass ich ihn abküsse? Ich hoffe, dass mir jemand den gleichen Dienst erweist, wenn ich einmal in so einer Lage bin.» Er wischte das Blut von seinem kurzen Messer. Ein Verteidiger schrie auf, als er von der Torhausbrüstung stürzte, während ein anderer Mann die Turmtreppe heruntertaumelte und an ihrem Fuß zusammenbrach.
    Oben an der Treppe befand sich eine Tür, doch sie war nicht verteidigt worden, oder vielleicht hatte die Verteidiger der Mut verlassen, als das Burgtor aufgesprengt worden war, und so strömten
le Bâtards
Männer in den Turm. Bruder Michael folgte ihnen, dann drehte er sich um, als eine Trompete geblasen wurde. Ein Zug Reiter, alle in Grün und Weiß, strömte durch den Torbogen, und die Berittenen drängten mit ihren Schwertern ihre eigenen Männer aus dem Weg. Inmitten der Reiter, beschützt von ihren Waffen, saß ein grässlich fetter Mann in Rüstung auf einem mächtigen Pferd. Der Reiterzug hielt am Fuße der Treppe, und es waren vier Mann notwendig, um dem fetten Mann aus dem Sattel zu helfen und ihn auf die Füße zu stellen. «Seine Schweinelordschaft», sagte Sam hämisch.
    «Der Comte de Labrouillade?»
    «Einer unserer Auftraggeber», sagte Sam, «und dort ist der andere.» Der Bischof und seine Männer waren dem Comte durch das Tor gefolgt, und Sam und Michael knieten nieder, als die beiden Männer die Treppen hinaufgingen und in dem Turm verschwanden.
    Sam und Bruder Michael folgten den Männern des Bischofs in den Eingangssaal und dann eine enge Treppe hinauf in eine große, hohe Säulenhalle, die von einem Dutzend qualmender Fackeln erleuchtet wurde und deren Wandteppiche den goldenen Falken auf seinem roten Hintergrund zeigten. Es waren schon mindestens sechzig Männer in der Halle, die sich nun etwas an die Wände zurückzogen, damit der Comte de Labrouillade und der Bischof von Lavence auf das Podest zugehen konnten, wo zwei Männer
le Bâtards
den besiegten Comte de Villon auf die Knie hinabgedrückt hatten. Hinter ihnen, groß und schwarz in seiner Rüstung, stand
le Bâtard
selbst mit ausdrucksloser Miene und neben ihm, ungefesselt, eine junge Frau in einem roten Kleid. «Ist das Bertille?», fragte Bruder Michael.
    «Muss sie wohl sein», sagte Sam anerkennend. «Eine hübsche kleine Stute ist sie, das muss man sagen.»
    Bruder Michael hielt den Atem an und bedauerte für einen gotteslästerlichen Augenblick, dass er je in den heiligen Priesterstand eingetreten war. Bertille, die

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